Brexit: WKÖ schnürt Service-Programm
 für österreichische Betriebe

 

erstellt am
14. 02. 18
13:00 MEZ

Leitl: EU-Austritt Großbritanniens für Österreich ein bitterer Verlust, aber kein Desaster - Kesberg: Firmen müssen sich rechtzeitig vorbereiten
London/Wien (pwk/awo) - „Das Vereinigte Königreich ist unter den Top 10-Wirtschaftspartnern Österreichs. Das bilaterale Handels- und Dienstleistungsvolumen liegt bei rund 11 Milliarden Euro, heimische Betriebe sind dort mit 7 Milliarden Euro investiert und beschäftigen rund 40.000 Menschen. Daher berührt es uns, wenn die Briten aus der EU austreten“, betonte Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und der Europäischen Wirtschaftskammer EUROCHAMBRES, am 13. Feber in Wien bei einem Pressegespräch mit dem österreichischen Wirtschaftsdelegierten in London, Christian Kesberg.

„Für die österreichische wie die europäische Wirtschaft ist es wichtig, dass der wirtschaftliche Schaden des Brexit so gering wie möglich ausfällt und es auch in Zukunft einen möglichst weitreichenden Zugang zum britischen Markt ohne Bürokratie und ungerechtfertigte Handelshürden gibt“, sagte Leitl. Dies sei auch im Interesse Großbritanniens, das in etwa die Hälfte seines Außenhandels mit der EU abgewickelt. Umgekehrt entfallen nur etwa fünf Prozent des EU-Außenhandels auf das Vereinigte Königreich.

Für welches Ausstiegsszenario sich die Briten letztlich entscheiden - einen unwahrscheinlich erscheinenden Gemeinsamen Wirtschaftsraum mit der EU, eine Zollunion, ein Handelsabkommen à la CETA oder gar einen „Hard Brexit“ mit Rückfall auf den Status eines WTO-Mitglieds - sei nach wie vor nicht klar, meinte Leitl, der vor wenigen Tagen in London zu Arbeitsgesprächen mit den Ministern für Internationalen Handel sowie für Wirtschaft und Industriestrategie zusammentraf. „Für die WKÖ heißt das: Wir können nur Begleiter für die österreichischen Betriebe sein und ihnen auf Basis der diversen Brexit-Varianten Handlungsempfehlungen geben.“

„Wie immer der Brexit umgesetzt wird, die österreichischen Unternehmen müssen mit gravierenden Folgen rechnen“, warnte Wirtschaftsdelegierter Christian Kesberg. Auch wenn es im besten Fall ein Handelsabkommen gibt und Zölle damit weitgehend auf null gestellt bleiben, verteuern sich Warenlieferungen - etwa durch die Verlängerung der Transferzeiten und weil mit einem Drittstaat ein Zollverfahren abgewickelt werden muss. Hinzu kommen mögliche Einschränkungen bei der Entsendung von Fachkräften nach Großbritannien, die etwa für Anbieter von Montage und Baudienstleistungen ein Problem sind. Schwierigkeiten bereiten können auch Änderungen bei Ursprungsregeln, im Steuerrecht, bei Schutzrechten und bei der Anerkennung von Standards, Normen oder beruflicher Qualifikation etc. Kesberg: „Die Unternehmen müssen sich auf alle Eventualitäten vorbereiten und schon jetzt überlegen, was zu tun sein könnte. Vieles kann, muss aber nicht eintreten.“

Zugleich wies Kesberg aber auch darauf hin, dass die Chancen für österreichische Betriebe intakt blieben, wenn Betriebe sich rechtzeitig auf den Brexit einstellen: „Das Vereinigte Königreich bleibt die zweitwichtigste Wirtschaft in Europa. Österreichische Unternehmen sind dort als Nischenplayer relativ gut abgesichert. Und auch nach WTO-Regeln lassen sich Spiele gewinne.“ Im Unterschied etwa zu japanischen Unternehmen, die von Großbritannien aus den europäischen Markt bearbeiten und teilweise schon den Rückzug antreten, seien die dortigen Aktivitäten der heimischen Firmen auf den britischen Markt ausgerichtet. Deren Stimmungslage lasse sich grosso modo mit „unbehaglich, aber - noch - gelassen zusammenfassen“, so Kesberg.

Präsident Leitl betonte abschließend, dass durch den langfristigen Aufbau einer transeuropäischen Wirtschaftszone auch Ländern wie Großbritannien, Russland oder der Türkei ein Platz angeboten werden könnte, die an einer wirtschaftlichen, aber nicht aber an einer politischen Integration in Europa interessiert sind.

 

 

 

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