Projekt in Tirol soll Frauen fit für Aufsichtsräte und Beiräte machen
Innsbruck (lk) - Mit Anfang dieses Jahres ist das Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern in Aufsichtsräten
in Kraft getreten. Darin wird geregelt, dass in börsennotierten Gesellschaften und Großunternehmen mit
mehr als 1.000 MitarbeiterInnen mindestens 30 Prozent der AufsichtsrätInnen Frauen bzw. Männer sein müssen.
Diese Quote gilt allerdings erst dann, wenn in den Aufsichtsräten mindestens sechs KapitalvertreterInnen sitzen,
wenn der Frauen- bzw. Männeranteil in der Belegschaft über 20 Prozent beträgt und wenn mindestens
drei ArbeitnehmervertreterInnen in den Aufsichtsrat zu entsenden sind. Diese Bestimmungen gelten gleichermaßen
auf Arbeitgeber- als auch auf ArbeitnehmerInnenseite. Wird ein vakanter Sitz nicht nachbesetzt, bleibt der Aufsichtsrat
trotz Nichterfüllung der Quote gesetzeskonform. Als Sanktion für die Nichterfüllung der Quote bleibt
das Aufsichtsratsmandat unbesetzt – analog des sogenannten „freien Stuhls“ in Deutschland.
„Dieses Gesetz legt keine ‚Frauenquote‘ fest, sondert verankert im Sinne des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebots
die Geschlechterdiversität“, betont Frauenlandesrätin Christine Baur und weist darauf hin, dass in Österreich
immer noch Aufholbedarf an Aufsichtsrätinnen besteht: „Zwar hat sich der Anteil der Frauen, die ein Unternehmen
gründen, bereits stark erhöht. Nichtsdestotrotz ist nicht einmal jede sechste Person im Aufsichtsrat
weiblich.“
Das Land Tirol übernimmt hier eine Vorreiterrolle: „Bei den vom Land Tirol nominierten Aufsichtsrätinnen
und -räten ist der Anteil an Frauen seit dem Jahr 2008 von zwölf bei insgesamt 82 Personen auf nunmehr
37 von insgesamt 108 Personen gestiegen. Das bedeutet rechnerisch mehr als eine Verdopplung“, freut sich Wirtschaftslandesrätin
Patrizia Zoller-Frischauf.
Projekt „Womenomics“
Das Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern in Aufsichtsräten betrifft in Tirol einen sehr geringen
Anteil an Gesellschaften und Unternehmen. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, dass kompetente Frauen auch in jenen
Unternehmen, die nicht unter dieses Gesetz fallen, in den Aufsichtsräten und Beiräten gut vertreten sind.
Aus diesem Grund wird in Tirol das Projekt „Womenomics“ gestartet. Dieses Projekt des Landes Tirol/Abteilung Gesellschaft
und Arbeit und der Wirtschaftskammer Tirol/Frau in der Wirtschaft sowie der Industriellenvereinigung Tirol als
Kooperationspartner soll Frauen das nötige Handwerkszeug für einen Posten im Aufsichtsrat oder Beirat
mitgeben.
In Workshops erlernen Frauen Knowhow und Netzwerken, um den Grundstein für ihre zukünftige Funktion in
einem Gremium zu legen. „Die Frauen sind top ausgebildet. 57Prozent der Studienabschlüsse sind weiblich und
die Anzahl der Studentinnen stieg in den letzten 3 Jahrzehnten um 114 Prozent. Auch jedes zweite Unternehmen wird
mittlerweile von einer Frau gegründet. Mit diesem Programm wollen wir Unternehmerinnen und weibliche Führungskräfte
pushen, damit sie in Zukunft auch in Aufsichtsräten und Beiräten stärker vertreten sind“, betont
Martina Entner, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Tirol und Vorsitzende von Frau in der Wirtschaft. Gleichzeitig
sollen Frauen motiviert werden, höhere Positionen anzustreben und sich dafür zu bewerben. „Prinzipiell
sind wir gegen Quoten, weil Leistungsorientierung keine Geschlechter kennt, sondern in erster Linie Ergebnisse
zählen. Doch das Projekt ‚Womenomics‘ unterstützen wir gerne, weil interessierte, tüchtige und qualifizierte
Frauen zu fördern sind. Dort wo Leistungswille, Können und Einsatz gelebt wird, muss für Frauen
genauso wie für Männer Platz sein – ganz egal, ob in der Mitte oder ganz oben auf der Karriereleiter“,
stellt Eugen Stark, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Tirol, klar.
Das Projekt „Womenomics“ beinhaltet neben der Kick-Off-Veranstaltung am 17. April insgesamt vier Workshops, zwei
Betriebsbesuche und ein Kamingespräch mit Aufsichtsrätinnen bzw. Mutmacherinnen. Abschluss ist Anfang
Oktober 2018. Voraussetzungen für die Teilnahme sind fünf Jahre Führungserfahrung in leitender Funktion
oder Selbständigkeit, ein Letter of intent sowie ein Lebenslauf. Die Kosten betragen pro Teilnehmerin 85 Euro
netto (102 Euro brutto).
Wenig Aufsichtsrätinnen, viele Gründerinnen
Waren österreichweit 2012 mit 2.530 Aufsichtsrätinnen nur 14,2 Prozent Frauen in diesen Gremien vertreten,
so hat sich dieser Anteil 2017 mit 16,5 Prozent nur marginal vergrößert. In Tirol zeigt sich ein ähnliches
Bild: 2012 hatten mit 167 nur 13,2 Prozent Frauen ein Mandat im Aufsichtsrat inne, 2017 stieg der Anteil auf 15,8
Prozent.
Demgegenüber ist die Zahl der Firmengründerinnen gleichbleibend hoch und nimmt stetig zu: 56,7 Prozent
(Österreich) bzw. 51,1 Prozent (Tirol) im Jahr 2012 und 59,9 Prozent (Österreich) und 56,2 Prozent (Tirol)
im Jahr 2017.
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