Verschollenes Klimt-Bild aufgetaucht

 

erstellt am
13. 02. 18
13:00 MEZ

Linz (stadt) - Die Landeshauptstadt Linz musste für vier verschollene Bilder (3 Schiele- und 1 Klimt-Bild) € 8.310.000 Schadenersatz bezahlen. Die Bilder stammen aus einer Leihgabe der Linzer Künstlerin Olga Jäger im Jahr 1951. Alle Nachforschungen der Stadt – auch eine öffentliche Auslobung von € 5.000 für Hinweise – blieben erfolglos.

Überraschend ist das Klimt-Bild „Zwei Liegende“ aufgetaucht. Eine 1977 pensionierte und 2017 verstorbene Sekretärin der Neuen Galerie der Stadt Linz hatte das Bild widerrechtlich an sich genommen. Als die Frau von den Nachforschungen der Stadt erfuhr, versteckte sie das Bild in einem Schrank und verfügte, das Bild nach ihrem Tod der Stadt zurückzugeben.

1. Die 1977 pensionierte Sekretärin, die letztwillig verfügte, das Bild nach ihrem Tod der Stadt zurückzugeben, verstarb im Dezember 2017. Ein Rechtsanwalt der Verstorbenen überbrachte das Bild und die letztwillige Verfügung am 15. Jänner 2018.
In der letztwilligen Verfügung gibt die Verstorbene an, sie habe seinerzeit bemerkt, dass Leihgaben in der Neuen Galerie nicht entsprechend dokumentiert waren, und Walter Kasten, den damaligen Leiter, darauf angesprochen. Kasten verlangte von ihr, zu schweigen und niemanden zu informieren. Dafür „schenkte“ er ihr das Klimt-Bild „Zwei Liegende“.

2. Walter Kasten war 1951 Kustos der von Wolfgang Gurlitt gegründeten und geleiteten „Neuen Galerie der Stadt Linz“, die Verstorbene seine Sekretärin. 1953 übernahm die Landeshauptstadt Linz die Neue Galerie sowie Gurlitt und seine Sekretärin in den Personalstand. Kasten folgte Gurlitt 1958 nach und war bis 1973 Leiter der Neuen Galerie.
Die Linzer Künstlerin Olga Jäger hatte 1951 Walter Kasten vier Bilder (3 Schiele- und 1 Klimt-Bild) als Leihgaben übergeben. Walter Kasten bestätigte die Übernahme für die „Neue Galerie der Stadt Linz – Gründer und Leiter Wolfgang Gurlitt“ mit seiner Unterschrift.

3. 1990 und 2006 verlangten Erben der 1965 verstorbenen Olga Jäger von der Stadt die Herausgabe der Bilder. Die Bilder waren nicht auffindbar. Die Erben klagten zunächst vor dem Landesgericht Linz 1 Cg 1/09a Schadenersatz für ein Schiele-Bild ein, den das Gericht mit € 100.000 festsetzte. Dann verlangten die Erben im weiteren Verfahren 3 Cg 51/09v Schadenersatz für zwei Schiele und ein Klimt-Bild, das Gericht sprach € 8.210.000 zu. Die Verfahren dauerten sieben Jahre, sie gingen durch alle Instanzen. Es gab unterschiedliche und widersprüchliche Entscheidungen. Besonders umstritten war der Wert eines als „Tote Stadt“ bezeichneten Schiele-Bildes. Die von der Stadt bemühte international anerkannte New-Yorker Schiele-Expertin Jane Kallir schätzte den Wert auf US-$ 200.000.- bei Annahme eines Frühwerks bzw. auf US-$ 800.000.- bei Annahme eines reifen Spätwerks. Das Gericht folgte ihr nicht, sondern der umstrittenen Bewertung des Wiener Kunsthistorikers Dr. Herbert Giese mit € 7,500.000.
Die gerichtlichen Urteile sind rechtskräftig. Die Stadt hat die gerichtlich fest-gesetzten Beträge bezahlt. Allerdings: Die Erben klagten 2009 und gaben dabei nicht an, dass bereits 1990 die Herausgabe der Bilder verlangt worden war. Danach könnte der Schadenersatz verjährt sein. Die Stadt fand zufällig Unterlagen und klagte auf Wiederaufnahme der Verfahren. Das Landesgericht Linz und das Oberlandesgericht Linz lehnten die Wiederaufnahme ab, der Oberste Gerichtshof hob diese Ablehnung als rechtswidrig auf. Nun liegt es wieder beim Landesgericht zu entscheiden. Die Verhandlungen sind ausgeschrieben.

4. Das Auftauchen des Bildes gibt Hoffnung, dass die anderen drei verschollenen Bilder noch aufgefunden werden könnten. Es handelt sich – gemäß den von Kasten ausgestellten Übernahmebestätigungen – um

Egon Schiele „Tote Stadt“, Ölgemälde auf Pappe, Größe 37½ - 49 cm, links unten signiert
Egon Schiele „Junger Mann“, Aquarell
Egon Schiele „Paar“, Zeichnung

Die Stadt wird nochmals nachforschen. Die Auslobung der Stadt in der Höhe von € 5.000 für Informationen, die zur Wiedererlangung der Bilder oder zur Abwehr des Schadenersatzes führen, ist aufrecht. Die Staatsanwaltschaft Linz wird durch das Landeskriminalamt ihre Erhebungen gegen „unbekannte Täter“ wieder aufnehmen und fortführen.

5. Die Stadt wird das aufgefundene Klimt-Bild „Zwei Liegende“ im LENTOS Kunstmuseum im Rahmen der Ausstellung „1918 – KLIMT.MOSER.SCHIELE Gesammelte Schönheiten“ (16. Februar bis 21. Mai 2018) präsentieren und den Jäger-Erben das Bild gegen Rückzahlung des Schadenersatzbetrags zurückstellen.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.linz.at

 

 

 

 

 

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