Brüssel/Wien (städtebund) - Am 23. Feber fanden im Rahmen eines informellen EU-Gipfels erste Debatten
über den mehrjährigen Finanzrahmen der EU statt. Fakt ist, dass das Budget für die Kohäsionspolitik
aufgrund des BREXIT wohl kleiner und damit stärker thematisch ausgerichtet sein wird. Fakt ist aber auch,
dass sektorale Ziele wie Innovation, eine CO2-arme Wirtschaft, soziale Eingliederung oder die Integration von Migrantinnen
und Migranten nur erreicht werden können, wenn die Leistung der Städte und Stadtregionen weiterhin in
entsprechendem Maße berücksichtigt wird. Die wirtschaftlichen, sozialen und institutionellen Unterschiede
in der Europäischen Union erfordern ein starkes Bekenntnis zu integrierten Maßnahmen im urbanen Raum.
Die Urban Agenda der EU
2016 hat sich die EU eine Urban Agenda verschrieben, um die EU-Gesetzgebung und -Finanzierung besser auf die
lokale und regionale Ebene ausrichten zu können. Diesen Vorsatz und die bereits vorliegenden ersten Ergebnisse
der Arbeitsgruppen in dieser wichtigen Phase auszublenden, wäre ein schwerwiegender Fehler! Die Abwanderung
aus dem ländlichen Raum fesselt die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, weil das Szenario von entleerten
Räumen ein Schreckensbild ist. Nicht weniger dringend sind jedoch die Aufgaben, die Städte und ihr Umland
heute auf globaler, europäischer und auch auf österreichischer Ebene zu bewältigen haben.
Einerseits sind die österreichischen Klein- und Mittelstädte Anker im von Abwanderung gefährdeten
ländlichen Raum, andererseits bewältigen die oft abwertend „Ballungsräume“ genannten Zentralräume
eine Überfülle von Aufgaben, um den tagtäglich reibungslosen Ablauf unseres Berufs- und Ausbildungslebens
abzuwickeln: Leistungsfähige Verkehrssysteme, Kindergärten, Schulen oder leistbaren Wohnraum zur Verfügung
zu stellen. Das bedeutet immense Investitonen in die technische und soziale Infrastruktur. Hierfür bedarf
es auch einer neuen wirtschaftspolitischen Ausrichtung der EU, um das öffentliche Investitionsniveau zu erhöhen,
nachdem dies laut 7. Kohäsionsbericht stark zurückgegangen ist.
Dies auch vor dem Hintergrund, dass aktuell mehr als 70 Prozent der EU-Bürgerinnen und Bürger in Städten
und städtischen Agglomerationen leben und dort der Löwenanteil des europäischen Bruttoinlandsproduktes
erwirtschaftet wird. Gleichzeitig kommt es in diesen Gebieten zu einer Konzentration von Armut, Arbeitslosigkeit
und Umweltverschmutzung. Auch die Konsequenzen der jüngsten Migrationsströme (soziale Absicherung, Bildung,
Integration) und Finanzierungsfragen für Basisinfrastrukturen der Daseinsvorsorge betreffen Städte und
städtische Agglomerationen überproportional. Diesen Prozess auch weiterhin von Seiten der EU anzuerkennen
und zu unterstützen, wird ein wesentlicher Erfolgsgarant für die nächsten 10 – 20 Jahre sein.
„Um diese Herausforderungen besser bewältigen zu können und damit den gesellschaftlichen Zusammenhalt
in Europa gewährleisten zu können, sollten Städte und Stadtregionen in der künftigen EU-Förderperiode
2021-2027 dafür noch stärker als bisher in den EU-Förderinstrumenten berücksichtigt werden
– nicht zuletzt auch in jenen Ländern, die traditionell keine explizite nationale Städtepolitik aufweisen
– wie leider auch Österreich,“ bekräftigt Thomas Weninger, Generalsekretär des Österreichischen
Städtebundes. „Es muss endlich ein klares Bekenntnis zum meistgenutzten Lebensraum Europas geben – und das
sind und bleiben auf absehbare Zeit unsere städtischen Räume!“
Darüber hinaus unterstützt der Österreichische Städtebund auch ganz klar die Forderung von
AK-Präsident Rudi Kaske nach Reformen kräftiger Investitionen in die soziale Infrastruktur, wie es zuletzt
durch die Einführung der sozialen Dienstleistungen als Förderschiene im ELER versucht wurde.“
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