Initiative für Lehre nach der Matura. Ruck: „Fundierte Berufsausbildung ist die Basis
einer aussichtsreichen Karriere. Himmer: „Alternativen zum Studium aufzeigen und bekannt machen“.
Wien (wkw) - 855 der derzeit rund 12.900 Lehrlinge in Wiener Betrieben haben erst nach der Matura ihre Berufsausbildung
begonnen. Eine Zahl die in den letzten Jahren steigt – und auch künftig weiter steigen soll. Denn die Lehre
nach der Matura bringt sowohl Jugendlichen, als auch Unternehmern große Vorteile. Um diesen erfolgversprechenden
Karriereweg noch breiter bekannt zu machen, starten Wirtschaftskammer Wien und der Stadtschulrat für Wien
jetzt eine gemeinsame Werbekampagne.
Die aktuelle Bildungsbedarfsanalyse der Wirtschaftskammer Wien zeigt, dass gerade der Abschluss der AHS-Matura
heute kein Garant mehr für einen Arbeitsplatz ist. Lediglich 22 Prozent der im Rahmen der Analyse befragten
Unternehmen, haben Jobs im Angebot, die sich an AHS-Absolventen richten. Während also der Karrierestart mit
Matura alleine immer holpriger wird, sind Lehrlinge in den Unternehmen immer erfolgreicher unterwegs: In 29 Prozent
der Unternehmen sind ehemalige Lehrlinge mit Führungsaufgaben betraut.
Perfekte Grundlage für eine erfolgreiche Karriere
„Die Lehre nach der Matura ist eine noch immer vielen Schulabsolventen unbekannte Möglichkeit, in die
Berufslaufbahn zu starten. Man verdient früher sein eigenes Geld und bekommt zu seinen theoretischen Kenntnissen
noch praktische Fähigkeiten dazu – die perfekte Grundlage für eine erfolgreiche Karriere“, bringt es
Walter Ruck, Präsident der Wirtschaftskammer Wien, auf den Punkt. Und sieht auch die Vorteile für die
Unternehmen: „Maturanten haben mehr Lebenserfahrung und mehr Allgemeinbildung als 16-jährige Lehranfänger
und können so neue Sichtweisen in das Unternehmen bringen“.
Für den Wiener Stadtschulrat und seinen Amtsführenden Präsidenten Heinrich Himmer ist die Initiative
„Lehre nach Matura“ ein guter Schritt, „um noch besser über die vielfältigen Möglichkeiten der Lehrlingsausbildung
zu werben: Maturanten haben zahlreiche Möglichkeiten der weiteren Qualifizierung, sei es durch ein Studium
oder eben auch durch das Absolvieren einer Lehre. Hierüber informieren wir mit dieser Kampagne.“
Nur 2,2 Prozent der Maturanten beginnen eine Lehre
Dass die Lehre nach der Reifeprüfung in Österreich bisher unterrepräsentiert ist, zeigt auch
ein Vergleich mit Deutschland: Während in Österreich nur rund 2,2 Prozent der Maturanten in eine praktische
Berufsausbildung in einem Betrieb startet, sind es in Deutschland mehr als 27 Prozent der Abiturienten. In Zahlen:
Derzeit bilden die Betriebe in Wien 855 Lehrlinge mit zumindest Matura aus, die 5 beliebtesten Lehrberufe für
sie sind:
- Koch / Köchin 50 Lehrlinge
- Bürokaufmann 48 Lehrlinge
- Einzelhandel 36 Lehrlinge
- Elektrotechnik 31 Lehrlinge
- IT-Technik 28 Lehrlinge
Um diese Zahlen zu steigern, startet die Wirtschaftskammer Wien jetzt mit Unterstützung des Wiener Stadtschulrates
eine Werbe- und Informationskampagne, um den Maturanten diesen Karriereweg aufzuzeigen.
Zur Kampagne
Die Kampagne startet in der kommenden Woche und wurde gemeinsam mit der Agentur mindworkers konzipiert. Ziel
der breiten Informationsoffensive ist es, den Maturanten und ihren Eltern die Möglichkeit der Karriere mit
Lehre aufzuzeigen und gleichzeitig auch die Betriebe über die Chancen durch Maturanten zu informieren. In
den nächsten Wochen werden, gemeinsam mit dem Wiener Stadtschulrat, diese Zielgruppen auf unterschiedlichen
Kanälen angesprochen: Testimonials berichten etwa auf facebook über ihre Erfahrungen, Broschüren
und Folder zum Thema werden in den Schulen verteilt. Neben den drei verschiedenen Foldern für Betriebe, Erziehungsberechtigte
und Maturantinnen und Maturanten, werden auch Werbeanzeigen für mobile Endgeräte und die Präsenz
auf Berufsinformationsmessen, wie der BeSt, die zentralen Kanäle der Kampagne sein.
Haubenkoch: „Würde ich wieder so machen“
Zu welchem Erfolg eine Lehre nach der Matura führen kann, beweist Denis König eindrucksvoll: Nach
der Matura startete der aus Nizza stammende Haubenkoch zunächst ein Hochbaustudium, um es aber bald abzubrechen.
„Ich habe immer im Geheimen gekocht und das wollte ich nicht mehr“, erzählt er, wie er es dann doch zu seinem
Traumberuf geschafft hat. Er brach sein Studium ab und begann eine Kochlehre, die ihn zu einem vielfach ausgezeichneten
Küchenchef machte. Und er selbst schätzt auch Lehrlinge, die bereits maturiert haben: „Sie haben eine
ganz besondere Einstellung, denn sie wählen den Beruf aus fester Überzeugung“.
Klavierbauer-Lehrling: „Wollte meine Leidenschaft zum Beruf machen“
Das hat auch die 22-jährige Daniela Kalman getan. Sie entschied sich bewusst für die Lehre und gegen
ein Studium, da sie ihre Leidenschaft – die Musik - zum Beruf machen wollte: „Mit dem Handwerk des Klavierbaus
habe ich die Möglichkeit das Schöne mit dem Nützlichen zu verbinden“. Seit Sommer 2017 lernt sie
in Wien den Klavierbau und ist froh ihr handwerkliches Geschick und ihre Liebe zur Musik verbinden zu können.
Lange hat sie nach dem richtigen Lehrberuf gesucht, im siebenten Bezirk hat sie dann mit Klavierbauer Heinz Letuha
ihren Lehrherren gefunden.
Lehre in Wien
Die duale Ausbildung in Österreich ist ein internationales Vorzeigemodell, die österreichischen Fachkräfte
sind top. Das bewiesen einmal mehr die Berufsweltmeisterschaften WorldSkills im Herbst 2017. In Abu Dhabi eroberte
Österreich vier Gold-, drei Silber-, und vier Bronze-Medaillen sowie 16 Medaillen for Excellence. Die 5 Teilnehmer
aus Wien kehrten jeweils mit einer Medaille zurück.
In Wien werden schon jetzt rund 12.900 Lehrlinge in knapp 4.400 Ausbildungsbetrieben ausgebildet. Im ersten Lehrjahr
sind derzeit rund 4.000 betriebliche Lehrlinge, das ist ein Plus von rund 130 gegenüber dem Vorjahr.
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