Erhöhung des Pflegegelds ab Stufe 4 könnte 2019 kommen
Wien (pk) - Sozialministerin Beate Hartinger-Klein zeigte sich am 21. Feber zuversichtlich, dass es in Bezug
auf die Abschaffung des Pflegeregresses zu einer Einigung mit den Ländern in der Finanzierungsfrage kommen
wird. Der Finanzminister sei sehr um eine Lösung bemüht, betonte sie bei einer Aussprache über aktuelle
Themen im Sozialausschuss des Nationalrats. Ihr sei allerdings noch nicht erklärlich, warum die Länder
nunmehr von Kosten in der Höhe von 500 Mio. € ausgehen, nachdem sie diese in einer Rundfrage zunächst
auf 150 Mio. € geschätzt hätten. Eine Erhöhung des Pflegegeldes ab Pflegestufe 4 stellte Hartinger-Klein
für Anfang nächsten Jahres in Aussicht, darüber würden aber noch Budgetverhandlungen geführt.
Nicht äußern wollte sich Hartinger-Klein zum geplanten Abgehen vom generellen Rauchverbot in der Gastronomie.
Das sei Sache des Parlaments. Es werde aber sichergestellt, dass Lehrlinge in Raucherräumen nicht arbeiten
dürfen, versicherte sie gegenüber Abgeordneter Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ).
Was die Reform des Arbeitslosengeldes betrifft, ist man laut Hartinger gerade dabei, mit einem externen Berater
Kriterien zu erarbeiten und Berechnungen anzustellen. Wichtig sei, das System ganzheitlich zu betrachten, erklärte
sie. Wenn man an einem Rädchen drehe, müsse man aufpassen, dass die anderen Räder nicht stecken
bleiben. Die Armut dürfe durch die Reform nicht steigen. Am noch vor den Wahlen gefassten Beschluss des Nationalrats,
Partnereinkommen bei der Berechnung der Notstandshilfe nicht mehr anzurechnen, will Hartinger grundsätzlich
nicht rütteln.
Der Gesetzesvorschlag zur Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge soll laut Hartinger-Klein beim nächsten
Ministerrat beschlossen und im März dem Parlament vorgelegt werden. Das Volumen der Beitragssenkung gab sie
mit 140 Mio. € an, wobei 900.000 Beschäftigte mit durchschnittlich 311 € pro Jahr entlastet werden sollen.
Das umstrittene Thema Arbeitszeit will die Ministerin den Sozialpartnern überlassen. Sie ist überzeugt,
dass diese bei einem neuen Anlauf eine Lösung finden werden. Eine neue Struktur kündigte sie beim Arbeitsmarktservice
(AMS) an. Dass derzeit ein großer Teil der SchulungsteilnehmerInnen beim AMS nicht-österreichische StaatsbürgerInnen
seien, wie FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch geschildert hatte, führt sie auf Sprachkurse für
Personen mit mangelnden Deutschkenntnissen und das Integrationsjahr für anerkannte Flüchtlinge zurück.
Zur Diskussion um die Mangelberufsliste merkte die Ministerin an, "wir versuchen nächstes Jahr eine Lösung
für die Wirtschaft zu finden".
"Mit aller Klarheit und Deutlichkeit" betonte die Sozialministerin erneut, dass die Aktion 20.000 nur
ausgesetzt und nicht abgeschafft wurde. Die Evaluierung sei im Laufen. Was detaillierte Zahlen betrifft, verwies
sie auf die im Bundesrat gemachten Angaben, wonach mit der Aktion rund 4.400 Arbeitsplätze für langzeitarbeitslose
Personen über 50 geschaffen wurden bzw. noch geschaffen werden. Zweifel äußerte Hartinger-Klein
an der Nachhaltigkeit der mit zwei Jahren befristeten Aktion, zudem ist ihrer Meinung nach bei manchen Arbeitsplätzen
– beispielhaft nannte die Ministerin eine Stelle als Immobilienmakler – die Gemeinnützigkeit schwer erkennbar.
Von SPÖ-Abgeordneter Ulrike Königsberger-Ludwig auf spezielle AMS-Programme für Menschen mit Behinderung
angesprochen, hielt Hartinger-Klein fest, dass man sich gerade Modelle in anderen Staaten anschaue. Die im Regierungsprogramm
vereinbarte Erhöhung des Taschengeldes für behinderte Menschen, die in Beschäftigungstherapieeinrichtungen
arbeiten, fällt ihr zufolge in die Kompetenz der Länder. Um Altersarmut zu bekämpfen, setzt Hartinger-Klein
u.a. auf eine erhöhte Ausgleichszulage für MindestpensionistInnen mit 40 Arbeitsjahren.
Zu Beginn der Sitzung hatte Ausschussobmann Josef Muchitsch die Hoffnung auf eine sachliche und konstruktive Zusammenarbeit
im Sozialausschuss geäußert. Der Sozialausschuss sei einer der wichtigsten Ausschüsse des Nationalrats,
hob er hervor. Bei der Sozialministerin stieß Muchitsch dabei auf offene Ohren, sie sei überzeugt, dass
im Ausschuss alle für die Menschen in diesem Land arbeiten wollten. Soziale Sicherheit sei die Grundlage der
Demokratie, so die Ministerin.
SPÖ: Aktion 20.000 wurde mehrheitlich von ÖVP-Gemeinden genutzt
In der Debatte wurden allerdings immer wieder unterschiedliche Standpunkte deutlich. So äußerte die
SPÖ wenig Verständnis für die angedachte Ausweitung der Mangelberufsliste und drängte neuerlich
darauf, die Aktion 20.000 fortzusetzen. Die Betroffenen hätten sich von der Aktion viel erwartet und gemeinsam
mit den Gemeinden sei es gelungen, viele in Beschäftigung zu bringen, hob etwa der frühere Sozialminister
Alois Stöger hervor. Laut Muchitsch konnte die Zahl der Langzeitarbeitslosen über 50 in der Pilotregion
Bezirk Voitsberg um 54% gesenkt werden. Ihm zufolge sind von den Gemeinden, die die Aktion genutzt haben, 60% ÖVP-Gemeinden.
Aus der Ankündigung, das Pflegegeld nur ab Pflegestufe 4 zu erhöhen, schloss SPÖ-Abgeordnete Königsberger-Ludwig,
dass sich die FPÖ offenbar von ihrer langjährigen Forderung nach einer jährlichen Valorisierung
des Pflegegelds verabschiedet habe. Zudem kritisierte sie, dass eine volle sozialversicherungsrechtliche Absicherung
von behinderten Menschen in Beschäftigungstherapie-Einrichtungen nicht im Regierungsprogramm verankert sei.
Ihr Fraktionskollege Markus Vogl äußerte die Befürchtung, dass die Qualität der Leistungen
in den Unfallkrankenhäusern bei einer Senkung der Unfallversicherungsbeiträge leiden könnte. Dietmar
Keck (SPÖ) warnte vor einer Verschiebung des Inkrafttretens des Erwachsenenschutzgesetzes.
Liste Pilz pocht auf Nichtraucherschutz
Seitens der Liste Pilz kritisierte Daniela Holzinger-Vogtenhuber die Regierungspläne, was das Rauchen in Lokalen
betrifft. Das ursprünglich vorgesehene Rauchverbot wäre auch eine wichtige Arbeitnehmerschutzmaßnahme
gewesen, hielt sie fest. Ausdrücklich begrüßte sie hingegen die geplante Anhebung des Schutzalters
für Zigarettenkonsum von 16 auf 18 und das vorgesehene Rauchverbot in Autos, in denen Kinder sitzen.
ÖVP will konkrete Regierungsvorschläge abwarten
ÖVP-Abgeordneter Michael Hammer meinte, es habe wenig Sinn über Regierungsvorhaben zu diskutieren, solange
noch keine konkreten Gesetzesvorschläge am Tisch liegen. So will er etwa beim Arbeitslosengeld Neu abwarten,
was die Regierung vorlegt. Skeptisch steht Hammer der Aktion 20.000 gegenüber: Damit werde nur ein künstlicher
Arbeitsmarkt geschaffen. Zudem sei die Arbeitslosigkeit in den Pilotregionen nicht stärker zurückgegangen
als anderswo. Auch NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker kann der Aktion 20.000 nichts abgewinnen. Peter Wurm (FPÖ)
wies darauf hin, dass sich die Situation am Arbeitsmarkt aufgrund der guten Konjunktur etwas entspannt habe.
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