Nächstenliebe im Krieg. Militärische
 Sanitätsversorgung bis 1918

 

erstellt am
22. 02. 18
13:00 MEZ

Sonderausstellung des Alt-Kaiserjägerclubs und der Bergiselstiftung zum Militärsanitätswesen bis 1918
Innsbruck (tlm) - Der Alt-Kaiserjägerclub und die Bergiselstiftung führen BesucherInnen in ihrer aktuellen Sonderausstellung die Verwundetenversorgung vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Ersten Weltkrieges vor Augen. Die Ausstellung „Nächstenliebe im Krieg. Militärische Sanitätsversorgung bis 1918“ ist vom 23. Februar 2018 bis 20. Jänner 2019 im TIROL PANORAMA mit Kaiserjägermuseum am Bergisel zu sehen.

Die Ausstellung gibt Einblick in die Entstehung des Militärsanitätsdienstes und zeigt auf, was im Feld geleistet wurde, um Verletzte möglichst schnell und effizient zu versorgen. Die Arbeit in den Feldlazaretten wird auf rund 30 Tafeln und anhand von medizinhistorischen Objekten veranschaulicht.

Der Kurator der Ausstellung, der Medizinhistoriker Mag. Christian Kofler, betont, dass die Schau Produkt einer sehr guten Zusammenarbeit mit Dr. Renzo Mosna ist, der als Zahnarzt das medizinisch notwendige Wissen zur Ausstellung beisteuerte. Kofler führt aus: „Die Ausstellung zeigt viele Facetten aus dem Alltagsleben des Militärsanitätswesens und Charaktere aus der Zeit des 19. Jahrhunderts bis hin zum Ersten Weltkrieg. Wir behandeln die Entwicklung des Militärsanitätsdienstes allgemein und stellen Bezüge zu Tirol her.“

Ein blutiges Handwerk
Die Betreuung der Verwundeten durch die Hilfsorganisationen und deren Gliederung sind ebenso Thema der Schau wie die Bergungsmöglichkeiten der Verwundeten aus den todbringenden Gefahrenbereichen der Kampflinien. Dabei wird auch das medizinische Personal von den Feldscheren bis zu den akademisch ausgebildeten Militärärzten thematisiert. Die Feldchirurgen, die vor mehr als zweihundert Jahren praktizierten, erhielten in der Regel lediglich eine zunftmäßige Ausbildung bei den Badern und Barbieren. Sie lernten ihr Handwerk als Gesellen, die wussten, wie die Wunden der Soldaten zu pflegen und zu verbinden waren. Sie verstanden ihr blutiges Handwerk beim Amputieren und ließen darüber hinaus zur Ader. Sie beherrschten auch das Barbieren. Deshalb war das Erkennungszeichen ihres Zeltes im Schlachtfeld das Barbierbecken, das über dem Zelteingang gut sichtbar aufgehängt wurde.

Neue Verletzungsbilder im Ersten Weltkrieg
Das industrielle Töten der modernen Kriegsführung mit Maschinenwaffen und weitreichender Artillerie und das jahrelange Leben in den Schützengräben und Stollen verursachten im Ersten Weltkrieg neue Verletzungsbilder und Krankheiten, die in Feldlazaretten schnellstmöglich behandelt wurden. Die Anzahl der Verletzten und Kriegsgeschädigten erreichte ein noch nie gekanntes Ausmaß. Unter den zahlreichen Verwundeten befanden sich unzählige Dauerinvalide, die nach dem Verlust ihrer Gliedmaßen auf ein Weiterleben mit und ohne Prothese vorbereitet werden mussten. Prothesen wurden weiterentwickelt und mit Werkzeugen versehen, um die Kriegsverwundeten schnellstmöglich wieder in den Alltag einzugliedern. Die verletzte Psyche der Soldaten wurde kaum behandelt und führte zu Selbstverstümmelungen bzw. hatte Kriegsneurosen zur Folge.

Medikamente und Wundpflege
Die Feldapotheken waren mit den Mitteln ihrer Zeit ausgerüstet, so dass vor allem Erkrankungen wie Grippe, Flecktyphus, Cholera oder Ruhr bekämpft werden konnten. Erlitten Soldaten einen Hitzschlag oder Erfrierungen, dann wurden sie ebenso von den Feldapothekern mit Heilmitteln versorgt. Besondere Beachtung wurde der Wundpflege entgegengebracht, denn der faulige und sich stetig und scheinbar unaufhaltbar voranfressende Wundbrand stellte unter den Vorzeichen einer mangelhaften Hygiene eine große Gefahr für die Verwundeten dar. Oft folgte in letzter Konsequenz die Abnahme eines Gliedes, wenn der Wundbrand nicht mehr einzubremsen war.

Objekte aus dem Militärsanitätswesen
Neben Grafiken und Bildmaterial werden in der Ausstellung unterschiedliche Objekte aus Privatsammlungen zum Thema Militärsanitätswesen gezeigt, wie zum Beispiel chirurgisches Besteck, Prothesen, Armbinden des Roten Kreuzes, Abzeichen oder Bekleidungsstücke des Sanitätspersonals.

Fotos und Tagebucheinträge von Krankenschwestern oder Ärzten veranschaulichen, was diese Tätigkeit ihnen abverlangte und wie sehr sie mit den Verwundeten mitlitten. Unter dem medizinischen Personal befanden sich auch Tiroler Kaiserjäger, der bekannteste darunter ist wohl Lorenz Böhler, Wegbereiter der modernen Unfallchirurgie.

Vom Schützenhaus zum Museum
Das Kaiserjägermuseum wurde im Jahr 1880 gegründet und zählt zu den ältesten Militärmuseen in Österreich. Die einstige mit Schießscheiben und Jägerstutzen bestückte Eingangshalle ins Kaiserjägermuseum verdeutlicht die ursprüngliche Funktion des Gebäudes als „Schützenhaus“. Der Bergisel diente als Schießübungsplatz des Regiments. Das Museum beleuchtet anhand von Gemälden, Landkarten, Uniformen und Ausrüstungsgegenständen die Friedens- und Einsatzgeschichte sowie herausragende Persönlichkeiten des Regiments.

Im Laufe seiner Geschichte erfuhr der für museale Zwecke adaptierte Bau mehrere Erweiterungen und Renovierungen. Seit 2011 ist das Kaiserjägermuseum unterirdisch mit dem TIROL PANORAMA verbunden. Zu den Besonderheiten des Museums zählt der historische Charakter der Schauräume im Stil des Biedermeiers. Das Kaiserjägermuseum ist sozusagen ein Museum im Museum. Die dichte Hängung der Gemälde, die Gestaltung der Vitrinen sowie die Platzierung von Fahnen, Landkarten, Uniformen und Ausrüstungsgegenständen geben eine Vorstellung von einem typischen Regimentsmuseum der Jahrhundertwende.

 

 

 

Weitere Informationen und Rahmenprogramm:
http://www.tiroler-landesmuseen.at/

 

 

 

 

 

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