Podiumsgespräch zu Moscheen und Integration: Heinisch, Schreiber, Schröter und Memic
diskutieren über die Rolle von Moscheen, die Entstehung von Gegengesellschaften und Maßnahmen gegen
die Verbreitung eines politischen Islam.
Wien (öif) - Welche Rolle Moscheen für die Integration von muslimischen Zuwander/innen in Österreich
spielen, diskutierten am 19. Februar auf Einladung des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) der Historiker
Heiko Heinisch, der Vizepräsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) Esad
Memic sowie Susanne Schröter, Gründerin und Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam
(FFGI), und Constantin Schreiber, Journalist und Autor des Buches „Inside Islam – Was in deutschen Moscheen gepredigt
wird“.
Heinisch: „Politischer Islam auch in Österreichs Moscheen verbreitet“
Heiko Heinisch, gemeinsam mit Imet Mehmedi Autor der Studie „Die Rolle der Moschee im Integrationsprozess“,
untersuchte die Wiener Moscheelandschaft und analysierte die Inhalte der Predigten in den reichweitenstärksten
Moscheen Wiens. Er warnte vor der zunehmenden Verbreitung eines politischen Islam in Österreichs Moscheen:
„In mehr als einem Drittel der von uns untersuchten Moscheen wird der Integration der Gläubigen in die Gesellschaft
aktiv entgegengewirkt. Wir finden hier fundamentalistische Tendenzen, offenen Nationalismus und eine Ablehnung
der österreichischen Mehrheitsgesellschaft und ihrer Werte. All das hat nichts mit Spiritualität und
Religion zu tun – es ist politisch und verhindert die Integration von Muslim/innen in Österreich.“ Heinisch
spricht sich für strengere Auflagen und Kontrollen aus, um eine weitere Verbreitung des politischen Islam
zu verhindern.
Schröter: „Integration funktioniert nur dann, wenn sich Moscheen öffnen“
Die Professorin am Institut für Ethnologie an der Goethe-Universität Frankfurt und Leiterin des Frankfurter
Forschungszentrums Globaler Islam (FFGI), Susanne Schröter, untersuchte für ihr 2016 erschienenes Buch
„Gott näher als der eigenen Halsschlagader: Fromme Muslime in Deutschland“ Moscheegemeinschaften im deutschen
Wiesbaden sowie Überzeugungen und Alltag strenggläubiger Muslim/innen in Deutschland. Schröter betonte:
„Eine Integration von Muslimen kann nur auf der Basis eines moderaten Islamverständnisses funktionieren.“
In Moscheen würde aber oftmals aktiv sehr wenig dafür getan, damit sich ihre Mitglieder in die Aufnahmegesellschaft
integrieren: „Oft wird hier nur an die muslimische Identität appelliert und das Trennende über das Verbindende
gestellt. Dabei ist es entscheidend für das Zusammenleben, dass sich Muslime in erster Linie als Bürger
der europäischen Gesellschaft wahrnehmen.“ Moscheevereine würden ihren Mitgliedern oft umfassende Freizeitangebote
machen und so in viele Lebensbereiche hineinwirken: „Wenn Muslim/innen dabei aber grundsätzlich unter sich
bleiben, steht das klar einer Integration entgegen. Moscheen müssen sich öffnen, damit Integration gelingen
kann.“
Schreiber: „Wir müssen Fehlentwicklungen thematisieren“
Constantin Schreiber, ARD-Tagesschau-Moderator und Grimme-Preisträger 2016 für seine Flüchtlingssendung
„Marhaba – Ankommen in Deutschland“, hat für seinen letztes Jahr erschienenen Bestseller „Inside Islam“ in
deutschen Moscheen recherchiert: „Vor Ort haben mich die Inhalte so mancher Freitagspredigten sehr verwundert.
Während in manchen Moscheen rein spirituelle Inhalte gepredigt wurden, gab es zahlreiche Moscheen, in deren
Predigten vor allem die Jugend angehalten wurde, unter sich zu bleiben, den westlichen Lebensstil und europäische
Werte abzulehnen. Das ist alles andere als integrationsfördernd.“ Schreiber forderte, die Missstände
in Moscheen klar anzusprechen: „Wie in jedem gesellschaftlich relevanten Bereich – seien es Schulen oder Vereine
– müssen wir ernst nehmen und uns auch damit kritisch auseinandersetzen, was in Moscheen passiert.“ Wenn in
manchen Moscheen keine spirituellen Inhalte gepredigt werden, sondern vor dem Lebensstil der westlichen Gesellschaft
gewarnt wird oder andere politische Parolen ausgegeben werden, dann dürfen wir das nicht tolerieren.“ Schreiber
warnte, dass es vielfach solche Moscheevereine seien, die sich aktiv in der Flüchtlingsintegration engagieren:
„Sie vermitteln Neuankömmlingen damit oft von Anfang an ein höchst problematisches Bild, auf dessen Grundlage
echte Integration nicht gelingen kann.“
Memic: „IGGÖ will Veränderung“
Der Vizepräsident der IGGÖ und Leiter der Islamischen Glaubensgemeinde Kärnten, Esad Memic,
betonte: „Die Moscheen spielen eine zentrale Rolle im Leben von Muslimen und leisten sehr gute Arbeit. Wir sind
uns aber der Probleme, die mit manchen Moscheen und Imamen bestehen, bewusst. Wir arbeiten daran, klare Auflagen
und Regeln für Predigten und auch die Imam-Ausbildung zu etablieren.“ Memic initiierte die Entwicklung des
„Kriterienkatalogs für Moscheen und Imame“ der IGGÖ, der Kriterien für Imame und Maßnahmen
für die Qualitätssicherung in Moscheen definiert. Er sprach sich auch dafür aus, dass sich Muslim/innen
zu Österreich und seinen säkularen Werten bekennen sollten.
Weiterlesen zum Thema
Die Studie „Die Rolle der Moschee im Integrationsprozess“ (Heiko Heinisch, Imet Memedi et al., September 2017)
steht auf der Homepage des Österreichischen Integrationsfonds zum Download zur Verfügung: http://www.integrationsfonds.at/publikationen
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