Designtes Molekül hemmt Krebszellen

 

erstellt am
20. 02. 18
13:00 MEZ

Salzburg (universität) - Die Salzburger Arbeitsgruppe um Universitätsprofessorin Chiara Cabrele am Fachbereich für Biowissenschaften der Universität Salzburg hat ein Molekül entwickelt, das in der Lage ist, das Wachstum von Krebszellen zu hemmen. Mit diesem Molekül wird ein weiterer Weg für die zielgerichtete Bekämpfung von Tumoren eröffnet, ohne gesunde Zellen zu schädigen.

Wer mit einer Krebserkrankung konfrontiert ist, dem werden klassischerweise Behandlungsmethoden mit Operationen und/oder Chemo- und Strahlentherapien vorgeschlagen, die schnell wachsende und gestreute Krebszellen töten sollen. Diese Therapien sind jedoch mit höchst unangenehmen Nebenwirkungen verbunden, da auch gesunde Zellen darunter leiden. Die Krebsforschung hat sich daher auch anderen Möglichkeiten der Entwicklung von Krebstherapien zugewandt, den sogenannten zielgerichteten Therapien (Targeted Therapies). Neue Erkenntnisse über die molekularbiologischen Merkmale von Krebszellen lassen hoffen, Krebserkrankungen nicht nur gezielter, sondern auch mit möglichst geringen Nebenwirkungen behandeln zu können. Diese zielgerichteten Therapien wirken gegen veränderte, molekulare Merkmale, die es so nur in Tumorzellen gibt.

Cornelia Roschger hat im Rahmen ihrer Dissertation unter der Leitung von Universitätsprofessorin Cabrele gezeigt, dass Krebszellen unter der Wirkung des entwickelten Moleküls sich nicht mehr so schnell teilen und letztlich sterben. Das spiralförmige Molekül stellt die getreue Wiedergabe eines kleinen Schlüssel-Elements der so genannten Id-Proteine dar, ohne aber dessen exakte Kopie zu sein. Das Molekül hat zwar nur eine Größe von 6% der Id-Proteine; nichts desto trotz, kann es diese Proteine erkennen und fangen, und somit ihre biologische Funktion in der Krebszelle schwächen. „Die Id-Proteine spielen vor allem in der pränatalen Entwicklung bei Menschen und Tieren eine wichtige Rolle, da sie das Zellwachstum ankurbeln“, erläutert Cabrele. In der postnatalen Phase werden diese Proteine nicht mehr benötigt, sie schlafen also quasi ein. „In Krebszellen werden die inaktiv gewordenen Id-Proteine jedoch wieder eingeschaltet. Sie nehmen in der Krebszelle ihre Funktion wieder auf und beschleunigen ihr Wachstum. Das soll mit unserem neuen Therapieansatz verhindert werden.“

Die Besonderheit dieser Proteine besteht darin, dass sie nur in der Krebszelle vorkommen, da ihre Tätigkeit in gesunden Zellen eingestellt wird. „Insofern sind diese Proteine für die Krebsforschung hoch interessant. Denn wenn man sie beeinflusst, wirkt sich dies nur dort aus, wo sie vorhanden und aktiv sind, und zwar eben nur in der Krebszelle. Auf dieser Grundlage könnten Arzneimittel entwickelt werden, die keine oder geringe Nebenwirkungen aufweisen“, erklärt Cabrele.

Cornelia Roschger hat die Wirkung des neuen Moleküls auf Brust- und Blasenkrebszellen untersucht. „Da die Id-Proteine ein Merkmal von vielen Krebsarten sind, gehen wir davon aus, dass unser Molekül eine breite Anwendung in der Krebstherapie haben könnte“, betont Cabrele. Positiv überrascht waren die Wissenschaftlerinnen von einer besonderen Eigenschaft des neuen Wirkstoffes: „Das Molekül hat die Fähigkeit, sehr rasch in die Zelle einzudringen und sogar in den Zellkern vorzudringen“, erläutert Cabrele. Dadurch kann es sich in der Zelle gut ausbreiten und die Id-Proteine schnell aufspüren und blockieren.

In weiteren Arbeiten soll das neue Molekül weiter optimiert bzw. noch wirksamer gemacht werden. Zunächst soll überprüft werden, ob es sich auch in der Blutbahn lange genug hält, um letztendlich sein Ziel zu erreichen. „In der therapeutischen Anwendung werden solche Wirkstoffe intravenös verabreicht und über das Blut verteilt“, so Cabrele. Mit dem neuen Molekül hat die Salzburger Wissenschaftlerin Cornelia Roschger eine Leitstruktur beschrieben, die nun genutzt wird, um noch wirksamere Wirkstoffe gegen die Zielproteine zu entwickeln, die allein oder in Kombination mit anderen zielgerichteten Therapeutika in Krebserkrankung angesetzt werden könnten. Ein erster Ansatz, bei dem die Wissenschaftlerin das entwickelte Molekül mit Arzneimitteln kombinierte, die in der so genannten photodynamischen Therapie gegen bestimmte Krebsarten schon verwendet werden, lief erfolgreich und sehr viel versprechend für zukünftige Ansätze in dieser Richtung.

Die Arbeit wurde in der Fachzeitschrift ChemMedChem unter dem Titel „Targeting of a Helix-Loop-Helix Transcriptional Regulator by a Short Helical Peptide“ publiziert (http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/cmdc.201700305/abstract). Darüber hinaus wurde der Arbeit das Titelbild der Ausgabe 18, Vol. 12/2017 gewidmet (http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/cmdc.v12.18/issuetoc).

 

 

 

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