Nationalrat und Bundesrat warnen vor Aufwertung von Atomenergie
Brüssel/Wien (pk) - Österreich habe Vorbildwirkung mit seiner Klima- und Energiepolitik angesichts
des hohen Anteils erneuerbarer Energiequellen, befand EU-Energiekommissar Maroš Šefcovic am 1. März im Parlament.
Bei einem Treffen mit MandatarInnen beider Parlamentskammern brach der Vizepräsident der Europäischen
Kommission eine Lanze für die Energieunion: ein integrierter und krisenfester europäischer Energiemarkt
soll entstehen, der unabhängig von fossilen Brennstoffen ist. Dementsprechend wolle die Europäische Kommission
"alles tun, um Energie sauber zu gestalten", so Šefcovic.
Die Europäische Union hat sich im Sinne des Pariser Klimaschutzabkommens eine 40%ige Treibhausgasreduktion
bis 2030 gegenüber dem Stand von 1990 vorgenommen. In der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts wolle man
Kohlendioxid-neutral sein, kündigte Šefcovic an, wobei eine zuverlässige Gasversorgung sichergestellt
werden müsse, solange die Speicherung von Wind- und Solarenergie nicht geklärt ist. Wie die einzelnen
Mitgliedstaaten ihre Reduktionsziele erreichen, müssten sie selbst entscheiden, die entsprechenden Gesetze
sollten aber miteinander kompatibel sein. Falls Atomkraft als nationaler Energielieferant eine Rolle spielt, achte
die EU-Kommission jedenfalls darauf, dass "hohe Sicherheitsstandards" eingehalten werden, versicherte
der Kommissar.
Österreich kritisch zu möglichem Nuklearausbau und zu neuen Stromverbünden
Tenor der österreichischen ParlamentarierInnen - darunter der frühere Umweltminister Nikolaus Berlakovich
(ÖVP) - war, die Ziele der Energieunion grundsätzlich zu begrüßen, aber keinesfalls der Kernenergie
dadurch Vorschub leisten zu wollen. Vielmehr müsse auf Energiequellen wie Wind und Sonne gesetzt werden, betonte
Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ). Nicht nur "sauber" sei ein Faktor bei der Energiegewinnung, sondern
vor allem "erneuerbar". Er vermutet, durch EU-Vorschriften wie jene zur Einbindung der Wärme- und
Kälteerzeugung in das Stromsystem werde eine Hintertür für mehr Kernenergie geöffnet. Seine
Parteikollegin Doris Margreiter und FPÖ-Abgeordneter Walter Rauch brachten den Verkehrssektor als einen der
größten Verursacher klimaschädlicher Emissionen zur Sprache, Bruno Rossmann von der Liste Pilz
warf dazu den Gedanken an eine CO2-Steuer in die Diskussion. Für die NEOS äußerte sich Josef Schellhorn
kritisch zu den EU-Plänen einer Netzunion mit regionalen Stromverbünden. Die damit einhergehende Auflösung
der bestehenden Strompreiszone zwischen Österreich und Deutschland stelle "eine große Herausforderung"
dar.
Šefcovic verwies hingegen auf die aktuellen Schwachstellen bei Stromverbünden mit großen geographischen
Distanzen, wodurch nicht alle Kapazitäten der Stromnetze genutzt werden könnten. Wichtiger Bestandteil
im Energiebinnenmarkt sei aber der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit, sodass es erschwingliche Preise für
die KonsumentInnen gibt. Die Industrie solle wiederum im globalen Wettbewerb konkurrenzfähig bleiben, meinte
er in Hinblick auf eine Steuer auf CO2-Emissionen, dennoch prüfe die Kommission verschiedene Ideen zur Emissionssenkung,
gerade auch im Autoverkehr. Ob teilweise Fahrverbote eine Möglichkeit für weniger Luftverschmutzung und
Staus sind, habe allerdings die jeweilige Stadtverwaltung zu entscheiden. Der internationale Trend weise ungeachtet
dessen in Richtung E-Mobilität. Grundsätzlich sieht Šefcovic für zukunftsweisende Initiativen, von
der nachhaltigen Verkehrsgestaltung bis hin zur Gebäudesanierung, viel Potential in sogenannten Investitionsplattformen.
Mittels dieser könnten, finanziert von lokalen Banken und der Europäischen Investitionsbank (EIB), Projekte
zum Klimaschutz leichter umgesetzt werden.
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