Seit 2015 experimentieren 14 steirische Pfarren mit neuen Ansätzen in der Pastoral.
Graz-Seckau (diözese) - Es ist die Herausforderung aller Neuerungen: die einen bejubeln sie begeistert,
andere wünschen sich ebenso begeistert vergangene Zeiten zurück. Kirchliche Neuerungen bilden hier keine
Ausnahme. Vergleichsweise ruhig und abseits der öffentlichen Diskussion haben in den vergangenen zwei Jahren
14 „Pilotpfarren“ in der Katholischen Kirche Steiermark begonnen, ihr tägliches Wirken und Arbeiten zu erneuern.
Was sind Pilotpfarren?
Es gibt keine fixen Modelle, die in allen Pfarren gleich umgesetzt werden. Es werden vielmehr Prinzipien der Erneuerung
aus dem jeweiligen lokalen Blickwinkel erlernt. Aufgrund dieser „erneuerten“ Blickwinkel werden vor Ort Ziele und
Maßnahmen entwickelt: mit den konkreten Menschen und aufgrund der konkreten Gegebenheiten. Das Scheitern
einzelner Maßnahmen zieht kein Aufschreien nach sich, sondern gilt den Pilotpfarren als Lerneffekt, genauso
wie ein durchbrechender Erfolg nicht den jubelnden Anspruch auf Allgemeingültigkeit nach sich zieht, sondern
den nächsten Schritt. Begleitet wird dieser Weg von einem diözesanen Team, das auf diesen neuen Blickwinkel
in den Pilotpfarren achtet, ihn mit Seminaren schärft, und vor Ort Rückmeldungen zu den je spezifischen
Maßnahmen gibt.
Wieso gibt es Pilotpfarren?
Walter Schreiber, Projektkoordinator für das Projekt Pilotpfarren, das im Büro „Weg2018“ angesiedelt
ist, erklärt: „Katholische Kirche erneuert sich ständig. Öffentlich werden vornehmlich Fragen der
Weltkirche, etwa der Zölibat oder die Zulassung zu Sakramenten diskutiert. Nicht minder wichtig sind jedoch
die Fragen des alltäglichen Lebens: der Umgang mit Lebenswenden, persönliche Sinnfragen, die Relevanz
christlicher Inhalte in der Gesellschaft und die Qualität in allem Auftreten. Diese Fragen können nur
teilweise durch päpstliche Enzykliken oder Bischofsbriefe geklärt werden, viel mehr durch das Leben vor
Ort. Diese Erneuerung vor Ort ist Wesenskern des Pilotpfarrenprojekts.“
Zukunftsbild
Seit Dezember 2017 stellt das Zukunftsbildder Katholischen Kirche Steiermark alle Initiativen und Wege der Pilotpfarren
unter eine größere Perspektive. Kirchliches Leben orientiert sich am Leben(sraum) der Menschen, neue
Erfahrungsräume von Kirche – auch außerhalb der Kirchengebäude – werden gefördert, Leitungsstrukturen
hinterfragt und die Gesellschaft vor Ort aktiv mitgestaltet.
Die Pilotpfarren ordnen sich in diese größere Perspektive ein, vor allem in der Erweiterung ihres Blicks
auf neue Erfahrungsräume von Kirche. Einige Arbeitsweisen des Zukunftsbilds – etwa der Blick auf Qualität,
Orientierung am Menschen und ihren Erfahrungen – stimmen überein mit den Arbeitsweisen, die in den vergangenen
beiden Jahren im Pilotpfarrprojekt erlernt und ausprobiert wurden. Dort, wo daher die Pilotpfarren schon jetzt
praktische Erfahrungen zum Zukunftsbild liefern können, tun sie das etwa als „Praxisspeicher“ der neuen Entwicklungen
innerhalb der ganzen Diözese.
Thomas Bäckenberger, Generalsekretär des Weg2018, sagt über das Zukunftsbild und die Bedeutung der
Pilotpfarren: „Wir lernen in den Pilotpfarren, wie in einem Laboratorium mit guter Begleitung und wie Qualitätskriterien
die im Zukunftsbild benannt sind, gut gelebt und umgesetzt werden können. Wir merken dabei ein kontinuierliches
Wachstum, aber auch die Notwendigkeit andauernden Übens, damit sich Sichtweisen und Haltungen wirksam und
auf Dauer ändern und so kirchliche Erfahrungsräume neue Lebendigkeit entwickeln. “
Was bisher geschah
Ende 2015 hatten sich insgesamt 14 Pfarren zu einer Teilnahme entschieden, sie bildeten zuallererst in ihren
Pfarren bzw. Pfarrverbänden Innovationsteams. Diese starteten im Februar 2016 mit dem ersten von insgesamt
12 Seminaren, die von pastoralinnovation.at (Georg Plank) durchgeführt werden. Die Teams starteten ebenso
unmittelbar mit der Umsetzung in ihren Wirkungsbereichen.
In Ottendorf (Pfarrverband Ilz) etwa wurde der neue Blick auf die Leitung umgesetzt: alle strategischen Aufgaben
werden von einem ehrenamtlichen Leitungsteam wahrgenommen. In Koglhof wurde der Blick auf die Feierkultur ernstgenommen
und ein „Kinderkonzil“ einberufen, um die Kinder selbst zu fragen, welche Bereiche für sie in der Kirche interessant
sind. In St. Josef in der Weststeiermark wurde der Blick auf neue Orte des Feierns umgesetzt, etwa bei den „Mondscheinwanderungen“
in Zusammenarbeit mit der örtlichen ARGE Theaterdorf. Und in St. Stefan in der Weststeiermark wurde mit Blick
auf die Bedürfnisorientierung eine „Trosttasche“ entwickelt, die hilft, mit Kindern über Todesfälle
zu sprechen.
Wie geht es weiter?
Das Projekt wird noch bis zum Sommer 2019 mit Fokus auf das Zukunftsbild fortgeführt; die Ergebnisse werden
dann allen Pfarren und Einrichtungen der Katholischen Kirche in der Steiermark zur Verfügung gestellt. Dann
wird auch entschieden, ob weitere „Piloten“ starten.
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