Vergabe der Mittel soll transparenter und effizienter werden, neue Zugangsregelungen kommen
Wien (pk) - Als einen wichtigen Paradigmenwechsel in der Universitätsfinanzierung durch den Bund beurteilen
ÖVP und FPÖ die Novelle des Universitätsgesetzes (UG), die am 28. Feber im Nationalrat mit
den Stimmen von ÖVP, FPÖ und NEOS beschlossen wurde. Laut Wissenschaftsminister Heinz Faßmann wird
damit ein weiterer Schritt zu dem angestrebten Ziel einer kapazitätsorientierten Studienplatzfinanzierung
an den öffentlichen Universitäten gesetzt. Unter den Oppositionsparteien sehen die NEOS die positiven
Aspekte überwiegen, während die SPÖ vor allem die vorgesehenen erweiterten Handhaben für Zugangsbeschränkungen
kritisch wertet. Von der Liste Pilz wird das fehlende Umfeld für die Spitzenforschung beklagt.
Mit der Novelle wird der gesetzliche Rahmen für die kommende neue Leistungsvereinbarungsperiode von 2019 bis
2021 geschaffen, in der den öffentlichen Universitäten 11,07 Mrd. € zur Verfügung stehen sollen.
Wesentliche Änderungen finden sich in der Aufteilung der Globalbudgets für die Universitäten. Laut
den Vorstellungen der Koalitionsparteien soll das eine transparente Finanzierung und bessere Steuerung der Kapazitäten
der Lehre an den österreichischen Universitäten ermöglichen. Eine Reihe von Maßnahmen soll
dabei eine Verbesserung der Betreuungsrelationen und damit letztlich ein Ende von so genannten Massenfächern
bewirken. Längerfristig sind dafür nach den Vorstellungen der Bundesregierung neben mehr Personal auch
effiziente Zugangsregelungen an allen Universitäten unabdingbar.
Nicht durchsetzen konnte sich die SPÖ mit ihren Vorstellungen für eine Reparatur des Universitätsgesetzes
bei der Regelung des Erlasses von Studienbeiträgen für berufstätige Studierende. Der Verfassungsgerichtshof
hat die bisherige Regelung mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2016 wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz
aufgehoben. Laut SPÖ wäre es leicht möglich, die vom VfGH geforderte Reparatur durchzuführen.
Der Antrag fand jedoch keine Mehrheit.
ÖVP erwartet Qualitätsschub und mehr Freiräume für die Universitäten
"Heute haben wir wieder ein Universitätsgesetz, das die notwendigen Freiräume für die Forschung
und Lehre schafft", lobte ÖVP-Wissenschaftssprecher Rudolf Taschner die Novelle. Hochschulen müssten
frei für Außerordentliches gemacht werden, wofür der Universitätsprofessor unter anderem den
Wiener Kreis als ein historisches Beispiel nannte. Die Politik habe die Rahmenbedingungen für innovative Denken
zu schaffen. Das neue Gesetz stelle nun sicher, dass jene Personen von der ersten Grundvorlesung an gefordert und
gefördert werden, die tatsächlich für ihre Studien geeignet sind, sieht Taschner im Gesetz die politischen
Voraussetzungen für wissenschaftlichen Erfolg. Zudem werde die gesetzliche Möglichkeit geschaffen, im
Wege des "Opportunity Hiring" Spitzenkräfte an die heimischen Hochschulen zu holen; Österreichs
Universitäten würden damit an Attraktivität und Qualität gewinnen.
Das Gesetz schafft die Voraussetzungen für eine Verbesserung der Betreuungssituation an den Universitäten,
ist auch Manfred Hofinger (ÖVP) überzeugt. Das Drei-Säulen-Modell und der Leistungskatalog der Universitätsfinanzierung
bringe mehr Transparenz. Damit würden Forderungen der Hochschulkonferenz umgesetzt. Zugangsregelungen sind
für Hofinger unerlässlich, um Massenstudien zu entlasten. Der Abgeordnete brach auch eine Lanze für
die Fachhochschulen, die wichtige Fachkräfte ausbilden. Es sei daher zu begrüßen, dass die Regierung
diesen Bereich ausbauen wolle.
Die Novelle stelle Effizienz und Transparenz in den Mittelpunkt, sagte Maria Theresia Niss (ÖVP). Das sei
besonders wichtig, weil die Mittel für die Universitäten aus ihrer Sicht nicht immer richtig eingesetzt
werden. Die Stärkung der Grundlagenforschung sei von besonderer Wichtigkeit, es sei dafür Sorge zu tragen,
dass das Geld an den richtigen Stellen ankommt. Wichtig ist für sie auch, die Dropout-Quote zu senken. Das
Regierungsprogramm habe sich dem Ziel der Exzellenz verschrieben, daher werden die Mittel des FWF erhöht.
Aus Sicht der Studierenden begrüßte Nico Marchetti (ÖVP) die Verbesserung für die Lehre. Die
Betreuungsverhältnisse würden verbessert und die Chancen, ein Studium tatsächlich abzuschließen,
wesentlich erhöht. Das habe nichts mit einem Eliteprojekt zu tun, sondern sei eine Selbstverständlichkeit,
sagte er in Richtung SPÖ. Martina Kaufmann (ÖVP) sah in der Novelle ebenfalls die Basis für Verbesserungen
der universitären Lehre und für Karrieremöglichkeiten junger WissenschaftlerInnen. Ein besserer
Betreuungsschlüssel ist für bessere Studienbedingungen unerlässlich, davon ist auch sie überzeugt.
FPÖ: Österreichische Universitäten wieder an die Spitze bringen
FPÖ-Wissenschaftssprecher Axel Kassegger sieht im Universitätsgesetz einen längst fälligen
Paradigmenwechsel im Sinne von Qualität, Leistungs- und Output-Orientierung sowie Planbarkeit und Transparenz
bei der Finanzierung. Ziel sei es, Österreich in der Unipolitik "vom Pannenstreifen auf die Überholspur
zu bringen". Für die zahlreichen Probleme an heimischen Universitäten, angefangen von unzureichenden
Räumlichkeiten, überbordender Verwaltung bis hin zu mangelhafter Betreuung der Studierenden habe die
SPÖ in ihrer langjährigen Verantwortung für Hochschulpolitik keine Lösung gefunden, hielt der
Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses der früheren Regierungspartei vor. Die neue Bundesregierung sorge
hingegen für umfassende Qualitätsverbesserung in der Lehre und der Betreuung, mit dem Drei-Säulen-Modell
der Finanzierung werde die Zielsicherheit der Mittelverteilung sichergestellt.
Vorhaltungen, die FPÖ habe bei den Zugangsbeschränkungen ihren Standpunkt geändert, wollte Kassegger
so nicht gelten lassen. "Alle, die studieren wollen und dazu befähigt sind, sollen auch studieren dürfen".
220 Mio. € vergebe man an Sozialstipendien, Studiengebühren würden nur nach Überschreitung der Mindeststudiendauer
plus zwei Toleranzsemester eingehoben. Die Universitäten wiederum müssten für die von ihnen verlangten
Gebühren auch entsprechende Leistungen erbringen. In den Aufnahmeverfahren könnten Studierende nun frühzeitig
erkennen, ob sie für ein bestimmtes Studium geeignet sind, erklärte der Freiheitliche.
Die Novelle bringe erstmals eine echte Studienplatzfinanzierung, einen Universitätsentwicklungsplan und transparente
Zugangsregelungen, zeigte sich FPÖ-Abgeordnete Brigitte Povysil ebenfalls zufrieden mit dem Universitätsgesetz.
Ziel sei ein offener Hochschulzugang für alle Schichten der Bevölkerung zu gleichen Bedingungen und eine
auf die Zukunft gerichtete Hochschulpolitik. Besonders wichtig sind für Povysil mehr Studierende in Medizinberufen.
Für sie müssten auch ausreichend Studienplätze an öffentlichen Universitäten zur Verfügung
stehen, unterstrich sie. Es liege jedoch auch an den Universitäten, Studierende zu motivieren, nicht zuletzt
auch dafür, Allgemeinmediziner zu werden und zur medizinischen Versorgung des Landes beizutragen.
Für FPÖ-Mandatar Martin Graf (FPÖ) ist die Kritik der SPÖ wenig glaubwürdig. Tatsächlich
würden Forderungen umgesetzt, die die SPÖ selbst erhebe. Auch hätte sie es in der letzten Legislaturperiode
selbst in der Hand gehabt, die geforderte Reparatur der Regelung für WerkstudentInnen umzusetzen. Die aktuelle
Koalition habe nun sichergestellt, dass die Universitäten mehr Geld denn je erhalten. Nun müsse dafür
gesorgt werden, dass es auch an den richtigen Stellen ankommen.
NEOS und Liste Pilz wollen mehr Geld für Wissenschaft und Forschung
Für die NEOS würdigte Wissenschaftssprecherin Claudia Gamon das novellierte Universitätsgesetz als
"unglaublich wichtigen Schritt hin zu einer ernstgemeinten Studienplatzfinanzierung". Paradigmenwechsel
in der Wissenschaftspolitik entdeckt sie darin allerdings noch keinen – dafür bräuchte es wesentlich
mehr Mittel im Unibudget und eine Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung. Die Menschen sollten den Wert der
Forschung für die gesellschaftliche Entwicklung erkennen können. Eine echte Kapazitätsorientierung
fehle ebenfalls, weil nicht jede Hochschule ihr Zugangsmanagement individuell gestalten könne. Der Hochschulbereich
hat Gamon zufolge seit Jahren mit Mangelverwaltung zu kämpfen, umso schwerer sei es für Studierende mit
schlechtem finanziellen Rückhalt, im Studium erfolgreich zu sein. Mehr finanzielle Unterstützung verlangte
sie vor allem für den Bereich Grundlagenforschung, zumal die Erhöhung der Mittel im Wissenschaftsfonds
(FWF) nicht gesichert sei. In diesem Zusammenhang rief sie das Plenum auf, solidarisch für mehr FWF-Mittel
einzutreten.
"Der Brain-Drain gehört zu Österreich wie der grantige Kellner zum Wiener Kaffeehaus" benannte
Stephanie Cox, Bildungs- und Digitalisierungssprecherin der Liste Pilz, das aus ihrer Sicht größte Problem
der heimischen Wissenschaft. Viele ForscherInnen gingen ins Ausland, da Österreich keine große Rolle
in den Wissenschaften spiele. Der Grund dafür liege bei unzureichenden Rahmenbedingungen für SpitzenforscherInnen
hierzulande, nicht zuletzt hinsichtlich der Finanzierung. Zu den Aufgaben der Politik gehöre es aber, Anreize
für ForscherInnen zu schaffen, ins Land zu kommen, und vor allem auch die Förderung weiblicher ForscherInnen.
Unbedingt notwendig sind für Cox daher mehr Investitionen in Wissenschaft und Forschung mit einer Erhöhung
der öffentlichen Ausgaben auf 2% des BIP.
Für Alfred Noll (PILZ) geht die Novelle zwar in die richtige Richtung, wenn sie eine transparente Verteilung
der zusätzlichen Mittel verspricht. Aus seiner Sicht ist es jedoch sehr problematisch, dass die genaue Aufteilung
der Mittel erst per Verordnung und nach unklar definierten Indikatoren erfolgen wird. Hier sieht er die Gefahr,
dass die Mittel je nach politischer Opportunität wieder gekürzt werden. Auch das Opportunity Hiring beurteilt
er nicht positiv, da Druck auf die Rektoren ausgeübt werden könnte, etwa von Universitätsräten.
Viel wichtiger wäre es, bessere Rahmenbedingungen für die bereits an den Universitäten lehrenden
ProfessorInnen zu schaffen.
SPÖ warnt vor Kürzung von Studienplätzen
SPÖ-Klubobmann Christian Kern und die Wissenschaftssprecherin seiner Fraktion, Andrea Kuntzl, befürchten
durch Zulassungsbeschränkungen neue Bildungshürden und mehr soziale Selektion an den Universitäten.
"Sie kürzen direkt bei den Menschen!" warf Kern der Regierung vor und kritisierte neben der Streichung
von Studienplätzen auch die angekündigte Kürzung beim AMS-Budget, die zu Lasten von Arbeitslosen
und Lehrlingen gehen werde. Entgegen des Versprechens der Regierung, keine neuen Steuern zu erlassen, führe
sie nun "Steuern für berufstätige Studierende" ein, so der frühere Bundeskanzler. In seiner
Regierung habe man dagegen das Unibudget deutlich erhöht und die Universitäten reformiert, sodass alle,
die studieren wollen, dies auch tatsächlich können.
Viele Vorhaben der SPÖ im Universitätsbereich seien aufgrund des damaligen Koalitionspartners ÖVP
gescheitert, meinte Abgeordnete Kuntzl. In Hinblick auf Studiengebühren warf sie der FPÖ vor, ihre früher
gegebenen Versprechen zu vergessen, seitdem sie in Regierungsverantwortung ist. Die vorgesehenen Aufnahmeverfahren
würden dazu führen, dass der entstandene Markt für teure Vorbereitungskurse ausgeweitet und der
Studienzugang noch mehr als bisher vom sozialen Hintergrund abhängig wird. Für StudienanwärterInnen
ohne finanzielle Absicherung durch die Familie werde der Zugang zur akademischen Bildung weiter verbaut. Die ÖVP-FPÖ-Koalition
nehme zudem einen "Kahlschlag bei den Studienplätzen" vor, ohne Alternativen anzubieten, folgerte
die Wissenschaftssprecherin. Mindestens 20.000 Plätze weniger in den nächsten drei Jahren seien zu erwarten,
dabei sei Österreich jetzt schon bei StudienanfängerInnen und der Akademikerquote internationaler Nachzügler.
Die Erhöhung des Budgets für die Universitäten war nicht selbstverständlich, sondern musste
mühsam erkämpft werden, erinnerte Philip Kucher (SPÖ). Was aber damit einhergehe, sei abzulehnen,
denn die Regierung sage den jungen Menschen, die sich derzeit auf ein Studium vorbereiten, dass ein Fünftel
von ihnen keinen Studienplatz finden wird. Vor allem vergesse sie jene jungen Menschen, die nicht aus finanzkräftigem
Elternhaus kommen. Ausgerechnet berufstätige Studierende mit Studienbeiträgen zu bestrafen, sei weder
leistungsgerecht noch fair. Die Koalition betreibe eine rückwärtsgewandte Politik, sagte Kucher.
Sonja Hammerschmid (SPÖ) betonte, ihre Fraktion habe die hohen Leistungen unter schwierigen Rahmenbedingungen,
welche die österreichischen Universitäten erbringen, stets anerkannt. Als Rektorin begrüße
sie es zwar, dass die Finanzierungslogik nur auf die Kapazitäten der Universitäten und auf bessere Betreuungsverhältnisse
abzielt. Richtig ist es aus ihrer Sicht auch, die Forschung in den Mittelpunkt zu stellen. Gerade die zugesagte
Transparenz fehle aber, sie könne der Novelle daher nicht zustimmen. Wichtige Bestimmungen bei der Verteilung
der Mittel seien nicht im Gesetz, sondern würden in Verordnungen und in die Leistungsvereinbarungen ausgelagert.
Sie vermisse außerdem einen Plan, wie man die Talente jener jungen Menschen fördern wolle, die keinen
Studienplatz erhalten. Bundesminister Faßmann habe die Chance, in seinem Ressort eine Gesamtstrategie für
den gesamten tertiären Bildungssektor zu erstellen. Hier sei Handeln gefordert, unterstrich Hammerschmid.
Faßmann: Novelle ist Ergebnis einer langen Debatte über Studienplatzfinanzierung
Wissenschaftsminister Heinz Faßmann erklärte, das Gesetz sei nicht in den letzten zwei Monaten entstanden,
sondern Ergebnis eines zehnjährigen Diskussionsprozesses. Darin seien die Stakeholder übereingekommen,
die Universitäten nach tatsächlichen Leistungen zu bezahlen. Junge Menschen auszubilden, sei eine reale
Leistung, die Frage sei jedoch immer, wie viele Studierende eine Hochschule aufnehmen könne. Sie müsse
die Studienplätze einrichten, das bedeute Infrastruktur und Personal, was stets einige Jahre in Anspruch nehme.
Er sei der Ansicht, dass man denen, die es wollen und die gleichzeitig dazu befähigt sind, die Aufnahme eines
Studiums ermöglicht. Für Faßmann ist dafür ein Zugangsmanagement unumgänglich. Er sei
selbstverständlich froh, dass auf Grund der Beschlüsse in der letzten Legislaturperiode mehr Geld für
die Universitäten zur Verfügung steht, dieses müsse aber auch richtig eingesetzt werden. Er wolle
ganz sicher nicht weniger Studierende, antwortete er auf die Kritik aus den Reihen der SPÖ. Das Ziel seien
aber mehr aktiv Studierende. Hier stoße man auf eine Ressourcenfrage. Österreich habe viele Studiengänge,
die gerne mehr Studierende hätten, diese Chance gelte es zu nützen. Er bekenne sich auch zum Ausbau der
Fachhochschulen, wie es im Regierungsübereinkommen vorgesehen sei, und unterstütze selbstverständlich
den Wunsch nach mehr Grundlagenforschung. Diese sei für Österreich und seine Innovationskraft enorm wichtig.
Er werde sich daher für die bessere Dotierung des FWF einsetzen, versprach Faßmann.
|