Von 2. März bis 7. Oktober 2018 im Ferdinandeum Innsbruck
Innsbruck (tlm) - Lucas Cranach der Ältere (1472–1553) war neben Albrecht Dürer der wohl bedeutendste
Maler seiner Zeit. Das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum besitzt mit dem „Hl. Hieronymus“ eines seiner herausragenden
Meisterwerke. Grund genug dieses Bild zum Zentrum einer außergewöhnlichen Ausstellung zu machen, in
der Cranach als Naturmaler umfassend erlebbar wird. In seinen Hieronymusbildern und besonders in seinem Innsbrucker
Gemälde widmet sich der Wittenberger Künstler intensiv und kreativ der Naturdarstellung.
Lucas Cranachs Darstellungen nackter Liebesgöttinnen, seine Lutherporträts und Madonnenbilder sind längst
Teil des kollektiven Bildgedächtnisses. In Innsbruck ist er mit dem Gnadenbild Mariahilf im Hochaltar des
Doms prominent vertreten. Das oft kopierte Werk zählt zu den bekanntesten Marienbildern des Alpenraums. Doch
es gibt auch einen ganz anderen Cranach: Cranach, den Naturmaler. Diesen zeigt die Ausstellung.
„Lucas Cranach der Ältere wird vor allem als Maler der Reformation und als Bildgeber für Martin Luther
wahrgenommen. Im Ferdinandeum zeigen wir mit der Ausstellung neue Aspekte aus dem Werk des Malers. Die Schau macht
auf Cranachs intensive Naturbetrachtung aufmerksam, die mit zahlreichen Objekten aus unseren verschiedenen Sammlungen
interdisziplinär präsentiert wird und die die Ausweitung der Bildmotivik an der Schwelle vom Mittelalter
zur Renaissance belegen“, betont PD Dr. Wolfgang Meighörner, Direktor der Tiroler Landesmuseen.
Detailreiche Naturdarstellungen
„Das Motiv des Hieronymus als Büßer in der Landschaft war ein Lieblingsthema der Epoche, dem sich auch
Cranach und seine Werkstattmitarbeiter zahlreich widmeten. Innerhalb dieser Bildaufgabe hatten Cranach und seine
Zeitgenossen nicht nur die Möglichkeit, einen echten Modeheiligen darzustellen und dabei malerisch über
das im Zeitalter Luthers heftig umstrittene Wesen der Buße zu sinnieren. Sie konnten auch, und nicht zuletzt,
ihre Fähigkeiten im Naturbild beweisen“, so Dr. Agnes Thum und Dr. Helena Pereña, Kuratorinnen der
Ausstellung.
In den Gemälden, die im Ferdinandeum gezeigt werden, wird Hieronymus nicht in der Wüste, in die er eigentlich
gehören würde, sondern in einem wilden Wald voller Tiere und Fabelwesen dargestellt. Im Detail ist die
Natur hier verblüffend realistisch, im Gesamten jedoch geheimnisumwittert und rätselhaft dargestellt.
Die Hieronymusbilder eröffnen einen breiten Deutungshorizont. Zum einen wirkt bei Cranach die Symbolik des
Mittelalters weiter, in der jede Pflanze, jedes Tier eine geheime Bedeutung hatte. Zum anderen offenbart sich ein
neuer Realismus im Kontext der noch jungen Naturwissenschaften.
Der heilige Hieronymus
Der heilige Hieronymus wird in der katholischen Kirche als Kirchenvater verehrt. In der bildenden Kunst wird er
in zahlreichen Gemälden als Gelehrter, als Eremit in der Einöde, als Kardinal oder in Gesellschaft der
Kirchenväter Ambrosius, Augustinus und Gregor dargestellt. Ein Attribut des Heiligen ist der Löwe. Der
Überlieferung zufolge soll Hieronymus einem Löwen einen Dorn aus der Pranke gezogen haben, der darauf
zahm und sein treu ergebener Gefährte wurde. Die Hieronymusdarstellung war im Zeitalter Cranachs auf ihrem
Höhepunkt, kann aber auch später noch beobachtet werden.
Cranach als Marke
Cranach begann schon früh damit, eine große Werkstätte aufzubauen und etablierte seinen Namen als
Marke. Die Auftraggeber für ein Bild bestimmten seine Qualität und den Grad der persönlichen Beteiligung
des Meisters. Bei Gemälden von renommierten Kunden wurden feinere Materialien verwendet und Cranach selbst
hatte mehr Anteil an der Fertigung. Die Cranach-Werkstatt, die mutmaßlich rund 5.000 Gemälde hinterlassen
hat, wurde von seinem gleichnamigen Sohn Lucas Cranach dem Jüngeren fortgeführt.
Beeindruckende Exponate
Die Ausstellung ist mit wichtigen Werken aus verschiedenen Schaffensphasen des Malers bestückt. So sind nicht
nur Vertreter der beliebten Hieronymus-Serienmotive zu sehen, sondern auch sämtliche Solitärkompositionen
Cranachs zum Thema des Hieronymus in der Wildnis. Als dessen früheste Hieronymusdarstellung gilt ein Gemälde
aus dem Kunsthistorischen Museum in Wien. Das Werk von 1502 ist die erste jemals von Cranach datierte Arbeit und
entstand lange vor der serienmäßigen Werkstattproduktion. Auf diesen ersten Solitär folgten noch
zwei weitere malerische Einzelstücke zum Thema, die ebenfalls in der Ausstellung präsentiert werden.
Der „Hl Hieronymus“ der Tiroler Landesmuseen, Cranachs letztes großes Meisterwerk zu dieser Thematik, setzt
dabei den fulminanten Schlusspunkt. Weitere Leihgaben, die den Naturmaler Cranach in anderen thematischen Kontexten
anschaulich werden lassen, stammen aus dem Kunstmuseum Liechtenstein, der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen
zu Berlin, dem Museum-Bautzen und dem Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg. Wunderschöne Pflanzen- und
Tierbücher aus der Bibliothek der Tiroler Landesmuseen und der Universitätsbibliothek Innsbruck von den
berühmtesten Illustratoren dieser Zeit zeigen fein ausgearbeitete Abbildungen.
Die Schau zeigt neben beeindruckenden Bildern und Büchern auch Schätze aus den Naturwissenschaftlichen
Sammlungen und der Bibliothek der Tiroler Landesmuseen wie zum Beispiel ein Herbar von Hippolyt Guarinoni, das
wohl wichtigste Exponat der Naturwissenschaftlichen Sammlungen und gleichzeitig das älteste Herbarium Österreichs.
Als Gegenüberstellung zwischen Realität und Malerei dienen Dermoplastiken von verschiedenen Tieren als
Anschauungsmaterial. Die auf zwei Ebenen angelegte Kabinettausstellung macht mit diesen Objekten deutlich, wo die
Gemeinsamkeiten und wo die Unterschiede der Tier- und Pflanzendarstellungen in Cranachs Gemälden im Vergleich
zur Realität liegen.
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