Brexit kommt Finanz- und Autobranche teuer zu stehen

 

erstellt am
12. 03. 18
13:00 MEZ

Neuer Oliver Wyman-Report beziffert direkte Kosten des Brexit auf 69 Milliarden Euro pro Jahr für Unternehmen in der EU27 und UK. Am stärksten sind die Finanz- sowie die Autobranche betroffen.
Brüssel/Wien (wyman) - Die direkten Kosten des Brexit werden sich für Unternehmen in der EU27 auf 37 Milliarden Euro und für Unternehmen im Vereinigten Königreich (UK) auf 32 Milliarden Euro belaufen - auch nachdem erste Schritte zur Kostensenkung unternommen wurden. In der EU27 wird die Automobilbranche mit zusätzlichen Kosten in Höhe von zwei Prozent der Bruttowertschöpfung am stärksten betroffen sein, in UK die Finanzdienstleistungsindustrie mit etwa einem Drittel der direkten dort anfallenden Kosten. Das zeigt eine gemeinsame Analyse der Strategieberatung Oliver Wyman und der Anwaltssozietät Clifford Chance.

Für die Analyse wurden die Auswirkungen von Zöllen und regulatorischen Barrieren berechnet, falls die EU27 und die UK zu einer Handelsbeziehung nach Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) zurückkehren. Der Report beziffert die direkten Kosten für Unternehmen in der EU auf 37 Milliarden Euro und in der UK auf 32 Milliarden Euro pro Jahr - unter Berücksichtigung erster Schritte zur Kostensenkung. Der größte Kostenanteil entsteht durch regulatorische Handelsbarrieren; dazu zählen etwa Kosten für Zulassungen oder durch erhöhten Zeitaufwand an der Grenze.

In der EU27 wird die Automobilbranche mit zusätzlichen Kosten durch Handelsbarrieren in Höhe von zwei Prozent der Bruttowertschöpfung am stärksten betroffen sein. Auf Länderebene wird es große Unterschiede geben. So ist die irische Landwirtschaft in hohem Ausmaß von UK-Konsumenten abhängig. In Deutschland werden 70 Prozent der direkten Kosten in nur vier der 16 Bundesländer anfallen - Bayern, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Niedersachsen. Dort sind viele führende Unternehmen der Automobil- und Maschinenbaubranche tätig.

In UK wird allein die Finanzdienstleistungsbranche ein Drittel der direkten Kosten tragen müssen. Doch auch andere Branchen mit starker Integration in europäische Supply Chains werden den Brexit zu spüren bekommen - vor allem in den Bereichen Automobil, Luft- und Raumfahrt, Chemie sowie Metall und Bergbau.

Unsichere Zeiten auch für Österreichische Unternehmen
Auch Österreichische Unternehmen müssen sich auf unsichere Zeiten einstellen, weiß Finja Carolin Kütz, die das Geschäft von Oliver Wyman in Deutschland und Österreich leitet: "Fast die Hälfte der österreichischen Exporte nach UK sind auf Maschinenbau und sonstige Fertigung, Automobilindustrie sowie Luft- und Raumfahrt zurückzuführen. Mit ihrer starken Integration in europäische Supply Chains werden sie die Auswirkungen des Brexit besonders stark zu spüren bekommen und ihre Wertschöpfungsketten umstrukturieren müssen."

Die Fähigkeit, die Auswirkungen des Brexit abzufangen, hängt neben der Industrie auch von der Unternehmensgröße ab. Größeren Unternehmen mit Erfahrung im Handel außerhalb der EU wird es leichter fallen, die neue Komplexität zu managen. Für die kleinen wird es schwieriger, sagt Martin Rauchenwald, Partner bei Oliver Wyman: "64 Prozent der exportierenden kleinen und Kleinstunternehmen in Österreich handeln nur innerhalb der EU und haben keine Prozesse für den außereuropäischen Handel. Gerade diejenigen, für die UK ein wichtiger Handelspartner ist, müssen ganz neue Kompetenzen aufbauen."

Unabhängig von Branche und Größe gilt es für alle Unternehmen, sich auf unsichere Zeiten vorzubereiten. Denn auch für die großen Hersteller kann es problematisch werden, wenn plötzlich ein Sub-Zulieferer aufgrund der zunehmenden Komplexität ein wichtiges Teil nicht liefern kann. Transparentere Lieferketten können dabei helfen Engpässen vorzubeugen. Kütz: "Unternehmen müssen sowohl die Kosten des Brexits managen als auch die Chancen nutzen, die sich durch die Neugestaltung von Lieferketten und die Überprüfung der Standortstrategie ergeben. Darauf sind sie zurzeit jedoch noch unterschiedlich gut vorbereitet."

Marc Benzler, Partner bei Clifford Chance, sagt: "Wer sich nicht richtig vorbereitet, wird scheitern. Angesichts der Unvorhersehbarkeit der anstehenden Turbulenzen setzen sich viele Unternehmen nicht ausreichend mit dem Thema Brexit auseinander. Doch Unternehmen, die verstehen, wo die Risiken und Chancen des Brexits liegen, können entsprechend planen und die negativen Auswirkungen minimieren."

Über Oliver Wyman
Oliver Wyman ist eine international führende Strategieberatung mit weltweit über 4.700 Mitarbeitern in mehr als 50 Büros in rund 30 Ländern. Wir verbinden ausgeprägte Branchenexpertise mit hoher Methodenkompetenz bei Digitalisierung, Strategieentwicklung, Risikomanagement, Operations und Transformation. Wir schaffen einen Mehrwert für den Kunden, der seine Investitionen um ein Vielfaches übertrifft. Wir sind eine hundertprozentige Tochter von Marsh & McLennan Companies (NYSE: MMC). Unsere Finanzstärke ist die Basis für Stabilität, Wachstum und Innovationskraft.

Über Clifford Chance
Clifford Chance, eine der weltweit führenden Anwaltssozietäten, begleitet ihre Mandanten über Grenzen hinweg weltweit in besonders anspruchsvollen Projekten und Transaktionen. Mit rund 3.400 Rechtsberatern ist die Sozietät in allen wesentlichen Wirtschaftszentren der Welt präsent. In Deutschland berät Clifford Chance namhafte Unternehmen, Investoren und Institutionen umfassend wirtschaftsrechtlich mit rund 300 Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Solicitors von den Standorten Düsseldorf, Frankfurt und München aus.

 

 

 

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