Verkehrsausschuss debattiert Berichte des bmvit zu Leistungsbestellungen bei Bahnunternehmen
und aktuelle EU-Vorhaben
Wien (pk) - Zu den wichtigen Beiträgen des Verkehrsministeriums (bmvit) zur Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes
Österreich zählt laut Bundesminister Norbert Hofer neben dem Ausbau der Infrastruktur auch die Bereitstellung
eines adäquaten Mobilitätsangebotes. Hofer zeigte sich am 8. März bei der Behandlung des Gemeinwirtschaftlichen
Leistungsbericht 2016 ( III-119 d.B.) durch den Verkehrsausschuss sehr zufrieden mit den Leistungen der Bahnunternehmen
in Österreich, sowohl der ÖBB als auch der Privatbahnen. Sie hätten alle Voraussetzungen, in Zukunft
zu den Top-Playern auf dem Schienenverkehrs-Binnenmarkt der EU zu gehören, ist er überzeugt. In der Frage,
ob Bestellungen von Leistungen durch den Bund über Ausschreibung oder in Direktvergabe erfolgen sollen, zeigt
sich der Verkehrsminister pragmatisch. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.
Weitere Gelegenheit, grundsätzliche verkehrspolitische Fragen und aktuelle Themen zu besprechen gab die Debatte
über die Jahresvorschau, die das bmvit über die wichtigsten Vorhaben der Europäischen Kommission
(EK) im Jahr 2018 und zum Stand der Umsetzung des Achtzehnmonatsprogramms des Rats erstellt hat ( III-97 d.B.).
Verkehrsminister Hofer betonte, dass Österreich hier eine treibende Kraft sein wolle. Allerdings halte man
an der skeptischen Haltung bei den EU-Plänen zu Maut und Kabotage fest. Der Bericht wurde schließlich
mehrheitlich, ohne die NEOS, zur Kenntnis genommen.
Hofer: Österreich auch 2016 Bahnfahrnation Nummer Eins der EU
Zufriedenheit äußerte Hofer darüber, dass Österreich innerhalb der EU weiterhin die Bahnfahrnation
Nummer Eins ist, noch vor Frankreich. Daran hatte das bmvit 2016 mit seinen Leistungsbestellungen im Schienenpersonenverkehr
wesentlichen Anteil. Insgesamt wurde ein Angebot von 77,67 Mio. Fahrplankilometern gesichert, was in etwa 83% des
gemeinwirtschaftlich von den Schienenbahnen erbrachten Leistungsangebots ist. In den Verkehrsdiensteverträgen
mit der ÖBB-Personenverkehr AG (ÖBB-PV AG) wurden im Jahr 2016 im Nahverkehr 58,14 Mio. Fahrplankilometer
und im Fernverkehr auf gemeinwirtschaftlichen Strecken (Südbahn, Westbahnstrecke westlich von Salzburg, inneralpine
Strecken und Tauernachse) 13,52 Mio. Fahrplankilometer bestellt. In Summe wurden damit 2016 ca. 71,65 Mio. Fahrplankilometer
gemeinwirtschaftliche Leistungen bei der ÖBB-PV AG bestellt. In den Verkehrsdiensteverträgen mit elf
Privatbahnen wurden im Jahr 2016 6,02 Mio. Fahrplankilometer bestellt.
Ein zentrales Thema war die Frage, ob die Bestellung der Gemeinwirtschaftlichen Leistungen wie bisher überwiegend
in Direktvergabe erfolgen soll. SPÖ-Verkehrssprecher Jörg Leichtfried meinte dazu, Österreich sei
bisher mit dem System eines integrierten Bahnunternehmens und einer Direktvergabe bei den Bestellungen sehr gut
gefahren, da so der verantwortliche Minister eine Steuerungsfunktion wahrnehmen könne. Er sehe die Frage pragmatisch
in dem Sinne, dass man ein ausgewogenes Verhältnis von Direktvergaben und Ausschreibungen herstellen müsse.
ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger nahm die Diskussion über Leistungsbestellungen zum Anlass,
um Befürchtungen entgegenzutreten, wonach seine Fraktion für eine Privatisierung der ÖBB eintrete.
Vielmehr gehe es darum, sicherzustellen, dass auch staatliche Betriebe im Wettbewerb bestehen können. Die
EU werde die Vorgaben für Vergabeverfahren ändern, womit Ausschreibungen die Regel und Direktvergaben
die Ausnahmen sein sollen. Er gebe zu bedenken, dass auch Ausschreibungen eine Vorlaufzeit benötigen, um sie
korrekt abwickeln zu können. Zudem werde es nicht einfach werden, festzulegen, wann Direktvergaben weiterhin
möglich sein sollen. Hier erwarte er einen längeren Diskussionsprozess.
Ottenschläger interessierte sich, wie auch Abgeordneter Walter Bacher (SPÖ), für den Stand der Verhandlungen
über die Verkehrsdiensteverträge für die nächste Periode. FPÖ-Verkehrssprecher Gerhard
Deimek wollte wissen, welche Maßnahmen der Minister für den Güterverkehr auf der Schiene setzen
werde.
NEOS-Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmannsdorff bekräftigte die Linie seiner Fraktion, wonach Ausschreibungen
die Regel zu sein hätten. Für ihn ist die Linie der Koalition in dieser Frage zu wenig eindeutig, er
habe vielmehr den Eindruck, dass man versuche, die Anwendung der neuen EU-Regeln möglichst hinauszuschieben.
Der Bericht zeige zwar einen Anstieg der BahnfahrerInne, dieser gelte aber nur für den Fernverkehr, nicht
beim Nahverkehr, merkte er an. Abgeordnete Martha Bißmann von der Liste Pilz kritisierte, dass Österreich
die Klimaziele nicht erreiche. Die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene sei daher die einzig richtige
Antwort.
Verkehrsminister Hofer antwortete, er betrachte es als wichtige verkehrspolitische Aufgabe der Bahn, sicherzustellen,
dass der im europäischen Vergleich hohe Anteil der Schiene am Güterverkehr in Österreich erhalten
bleibt. Dazu trägt das Förderprogramm für den Schienengüterverkehr (SGV-Förderprogramm)
des bmvit bei. Dieses konzentriert sich dabei auf jene Arten des Schienenverkehrs, die im unmittelbaren Wettbewerb
zum Straßengüterverkehr stehen und fördert daher den Einzelwagenverkehr, den unbegleiteten Kombinierten
Verkehr und die Rollende Landstraße. Er plant auch ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Förderung
des Nahverkehrs.
Grundsätzlich liege Österreich beim Güterverkehr auf der Schiene an der EU-Spitze. Das Vorbild der
Schweiz sei schwierig zu erreichen, da dort andere Voraussetzungen gegeben sind. Hofer kam in diesem Zusammenhang
auch auf die Brennerstrecke zu sprechen. Nach Fertigstellung des Brenner-Basistunnels werde sich die Kapazität
wesentlich erweitern. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die Partnerstaaten Deutschland und Italien
die Vorlaufstrecken entsprechend ausbauen. Das sei auch in ihrem Sinne, denn früher oder später werden
auf der stark beanspruchten Straßenverbindung über den Brenner umfassende Sanierungsarbeiten notwendig
sein. Dann muss eine Alternative bereitstehen, sagte Hofer. Er wolle jedenfalls nicht, dass Österreich für
Probleme verantwortlich gemacht werde, die es nicht verursacht habe.
Was die Verkehrsdiensteverträge angeht, so wolle man in Zukunft zu gemeinsamen Leistungsbestellungen von Bund,
Ländern und Verkehrsbetrieben kommen, um eine bessere Planbarkeit sicherzustellen. Mit Vorarlberg sei man
bereits zu einem Abschluss gelangt. Noch vor dem Sommer sei ein Abschluss der Verhandlungen mit Tirol, Steiermark
und Kärnten zu erwarten. Mit Oberösterreich, Salzburg und der Ostregion laufen derzeit die Abstimmungsgespräche
an.
Grundsätzlich seien die großen Strukturreformen der ÖBB abgeschlossen, das Unternehmen werde gut
geführt, betonte Hofer. Er plane grundsätzlich keine großen Veränderungen im Management. Erfreulicherweise
gebe es auch eine hohe Kundenzufriedenheit bei der Bahn. Mit einem Anreizsystem für die Bahnunternehmen, das
Maßnahmen der Qualitätssicherung belohnt, wolle man diese noch steigern. Sowohl ÖBB als auch Privatbahnen
seien gut aufgestellt und hätten die Voraussetzungen, im EU-Binnenmarkt zu bestehen, ist der Verkehrsminister
überzeugt.
Hofer: Österreich will treibende Kraft bei Mobilitätspaket der EU sein
Weitere Gelegenheit, grundsätzliche Fragen und aktuelle Themen der Verkehrspolitik zu besprechen, bot die
Debatte über die Jahresvorschau des BMVIT über die wichtigsten Vorhaben der Europäischen Kommission
(EK) im Jahr 2018 und zum Stand der Umsetzung des Achtzehnmonatsprogramms des Rats. Eine große Zahl der EU-Themen
werde in der aktuellen bulgarischen Ratspräsidentschaft weitergeführt und auch noch für den österreichischen
Ratsvorsitz relevant sein, sagte der Verkehrsminister. Dazu gehört etwa das sehr umfassende Mobilitätspaket
der EU. Grundsätzlich gehe es der EU dabei um einen ausgewogenen Wettbewerb, faire Arbeits- und Sozialbedingungen
im Transportgewerbe, die Erhöhung der Verkehrssicherheit und um die Sicherstellung von nachhaltiger, umwelt-
und klimaverträglicher Mobilität. Österreich wolle in diesem Sinne auch gerne treibende Kraft sein.
Zurückhaltend sei man aber bei den Vorschlägen, die von Seiten der EU zu einer europaweiten Mautregelung
und der Frage der Liberalisierung der Kabotage kommen. Was die Ideen zur Interoperabilität der Mautsysteme
betrifft, steht Hofer auf dem Standpunkt, dass hier auf die Einhaltung der Subsidiarität geachtet werden müsse.
Eine Regelung auf nationaler Ebene sei effektiver. In der Frage der Kabotage ist Österreich Teil der Road
Alliance, die EU-Staaten umfasst, die gegen eine völlige Liberalisierung auftreten. Eine völlige Freigabe
der Kabotage kommt für ihn schon deshalb derzeit nicht in Frage, weil die Arbeits- und Sozialstandards hierzulande
gerade im Vergleich zu den Ländern, mit denen das österreichische Transportgewerbe konkurrieren muss,
zu unterschiedlich seien.
Auch in den Bereichen Telekommunikation und digitaler Binnenmarkt werden wichtige Themen diskutiert, wie etwa eine
umfassende Überarbeitung des Telekom-Rechtsrahmens, berichtete Hofer. Wichtige Punkte dabei sind etwa der
Umgang mit Fahrzeugdaten, von denen immer mehr gesammelt werden, oder die Bestimmungen über den Einsatz von
Cookies auf Internetseiten, der für die Werbebranche und damit den Medienmarkt insgesamt von Bedeutung ist.
Die Auswirkungen eines "harten Brexit" wären im Bereich Bahn, Straßenverkehr und Luftfahrt
dramatisch, sagte Hofer auf eine Frage des Abgeordneten Johann Singer (ÖVP). Die alten Abkommen aus der Zeit
vor dem EU-Beitritt würden nämlich nicht wiederaufleben. Jörg Leichtfried (SPÖ) interessierte
sich für die Frage, ob Österreich sich gegen die deutschen Mautpläne durchsetzen werde. Hierzu gebe
es derzeit nichts Neues zu berichten, sagte Hofer. Er sei aber überzeugt, dass Österreich mit seiner
Klage letztlich Recht behalten werde, denn würde Deutschland sich mit seinen Plänen durchsetzen, wäre
das ein Systembruch im EU-Binnenmarkt.
Im Bereich der Bahn steht die Ausweitung der Passagierrechte im Mittelpunkt der derzeitigen EU-Pläne, teilte
der Verkehrsminister Abgeordnetem Christian Hafenecker (FPÖ) mit. Er plane auch ein Förderpaket für
den Güterverkehr auf der Schiene. Vor allem bei der "Rollenden Landstraße" gebe es Möglichkeiten
der Kapazitätsausweitungen. In der Luftfahrt gehe es vor allem darum, den Standort zu stärken. Dem Vorstoß
der EU, gegen Preisdumping von Anbietern aus Drittstaaten vorzugehen, messe er daher große Bedeutung bei,
sagte Hofer.
NEOS-Verkehrssprecher Douglas Hoyos-Trauttmansdorff vertrat die Ansicht, dass eine Liberalisierung der Kabotage
im Sinne des Binnenmarktes nicht völlig abgelehnt werden könne, sofern einheitliche Standards gewährleistet
seien. Die Umsetzung gemeinsamer Standards als Basis des Binnenmarkts sei auch ihm ein wichtiges Anliegen, versicherte
der Minister. Österreich trage jedoch eine Verantwortung, für faire Arbeitsbedingungen im Gütertransportgewerbe
zu sorgen.
Abgeordnete Martha Bißmann von der Liste Pilz wollte vom Verkehrsminister wissen, wie er die im Regierungsprogramm
formulierte Vorgabe erfüllen wolle, wonach Österreich in der Ratspräsidentschaft Vorbild bei den
Innovationen für nachhaltige Energie sein soll. Hofer meinte, grundsätzlich sei Österreich bei technischen
Innovationen, etwa bei sauberen Motoren, sehr gut unterwegs. Er stimmte daher Abgeordnetem Dietmar Keck zu, dass
kein Anlass bestehe, einer "Anti-Diesel-Hysterie" nachzugeben. Allerdings sehe er die Lösung weniger
im Nachrüsten von Motoren, sondern im Umstieg auf neue, saubere Modelle. Er könne sich vorstellen, dass
dazu in der nächsten Legislaturperiode ein Umstiegs-Bonus für AutofahrerInnen umgesetzt werden kann.
Grundsätzlich müsse gezielt in Zukunftstechnologien investiert werden. Was Brennstoffzellen betreffe,
so handle es sich zwar um eine vielversprechende Technik. Allerdings müsse man erst beobachten, wie sich diese
entwickle und sicher sein, dass es sich nicht um eine Sackgasse handelt, um dann gezielt zu investieren.
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