Innenminister plädiert für eine stärkere Einbindung der BürgerInnen im
Rahmen der Sicherheitspolitik
Wien (pk) - Innenminister Herbert Kickl strebt einen Paradigmenwechsel in der europäischen Migrations-
und Asylpolitik an. Europäische Solidarität will er nicht mehr als ein System der Flüchtlingsverteilung
unter den einzelnen Mitgliedstaaten verstanden wissen, vielmehr sieht er die europäische Solidarität
beim Schutz der Außengrenzen gefordert. Dies habe er auch im Rahmen des letzten Treffens der EU-Innenminister
zu verstehen gegeben, betonte er am 7. März gegenüber den Mitgliedern des Innenausschusses im Rahmen
der Diskussion über aktuelle EU-Vorhaben.
Zielrichtung in der europäischen Asyl- und Migrationspolitik müsse in erster Linie die Prävention
sein, so Kickl. Konkret bedeute dies, die EU-Außengrenzen zu sichern, Schleppern das Handwerk zu legen und
Fluchtbewegungen hintanzuhalten. Derzeit werde auch intensiv mit Drittstaaten über Rückführungsabkommen
verhandelt, sagte er und sprach sich im Sinne einer Migrationsdiplomatie für einen Gesamtansatz aus, um geordnete
Strukturen zu schaffen und die ausverhandelten Regelungen dann auch operativ durchführen zu können. Alles
andere wäre nur Reparatur, stellte er fest. Erst dann könne man über legale Möglichkeiten der
Migration in die Europäische Union nachdenken, betonte der Minister. Keinesfalls will er das nationale Steuerungsinstrument
aus der Hand geben, solange es kein funktionierendes EU-System gibt.
Kickl machte klar, dass sich eine Situation wie 2015/16 nicht wiederholen dürfe. Die Botschaft der damaligen
Ereignisse sei jene eines Steuerungsverlustes der politischen Verantwortungsträger gewesen, was zu einem enormen
Schaden auch in der EU geführt habe. Das europäische Asylsystem gleicht in den Augen Kickls mehr einer
Baustelle als einem Bauwerk. Um wieder mehr Vertrauen gewinnen zu können, müsse daher in Zukunft die
Migrationspolitik von der Bevölkerung mitgetragen werden. Als einen wesentlichen Punkt dabei sieht der Innenminister
die Notwendigkeit, klar zwischen Migration und Asyl zu trennen, denn gerade in diesem Bereich seien über Jahre
hindurch chaotische Zustände eingerissen. Der Ressortchef lehnt zudem zusätzliche Belastungen der Staaten
ab und merkte an, dass Österreich bereits einen sehr hohen Beitrag bei der Aufnahme von Flüchtlingen
geleistet habe.
Beim Schutz der EU-Außengrenzen kann sich Bundesminister Kickl eine Kooperation zwischen zivilen und militärischen
Einheiten vorstellen. Der Assistenzeinsatz an der österreichischen Grenze sei durchaus ein Modell dafür.
Sympathie zeigte Kickl auch für die Idee Frankreichs, eine europäische Grenzschutzpolizei auf den Weg
zu bringen. Er plädierte zudem für eine weitere Stärkung von Frontex und betonte, dass die Europäische
Agentur für die Grenz- und Küstenwache heute eine ganz andere Rolle spiele als noch vor einigen Jahren,
vor allem im Zusammenhang mit der Rückführung von Flüchtlingen.
Kickl: Eine Europäische Sicherheitsunion muss bürgernah sein
Der Innenminister begrüßt vor allem die Bemühungen der EU um eine bürgernahe und krisenfeste
europäische Sicherheitsunion. Wesentlich ist für ihn, eine europäische Polizeikultur zu schaffen,
die von mehr Bürgernähe geprägt ist. Österreich sei dabei mit seinem Projekt "Gemeinsam
sicher" beispielgebend. Sicherheit sei kein eindimensionaler Prozess, sondern müsse vielmehr die Bürgerinnen
und Bürger einbinden, unterstrich er.
Aus diesem Grund drängt Österreich auch darauf, den Prozess der Nachhaltigkeit in der europäischen
Sicherheitspolitik voranzutreiben, denn innere und äußere Sicherheit seien untrennbar miteinander verbunden.
Man spreche in diesem Zusammenhang daher auch vom "Wiener Prozess", der eine möglichst akkordierte
Vorgangsweise vorsehe, informierte der Minister. Das Programm laufe aktuell bis 2020 und man versuche, dieses bis
2022 zu verlängern. Dazu werde es im April auch eine Konferenz in Bulgarien geben, kündigte Kickl an.
Österreich sehe sich dabei vor allem als Brückenbauer - einerseits zwischen den Mitgliedstaaten, andererseits
aber auch zwischen den Mitgliedstaaten und den Institutionen, zwischen den nationalen Behörden und den EU-Agenturen
sowie zwischen den EU-Staaten und Drittstaaten.
Als wesentliche Zielrichtungen bei der inneren Sicherheit bezeichnete Kickl den Kampf gegen extremistische Bedrohungen
und die Terrorismusbekämpfung. Er befürwortet daher eine Verbesserung des Datenaustausches und eine engere
Zusammenarbeit innerhalb der Union. Als präventive Maßnahme hält er eine offensive Kommunikation
über die Werte für notwendig, auf die es in Österreich und Europa ankommt. In der Vergangenheit
ortet Kickl diesbezüglich eher eine Rückzugsstrategie.
Der Innenminister reagierte mit diesen Ausführungen auf die vielfältigen Fragen der Abgeordneten Karl
Mahrer (ÖVP), Reinhold Einwallner, Rudolf Plessl, Angela Lueger (alle SPÖ), Walter Rosenkranz (FPÖ)
und Alma Zadic (PILZ).
Der Bericht des Innenministers über aktuelle EU-Vorhaben in seinem Zuständigkeitsbereich wurde einstimmig
zur Kenntnis genommen. Demnach stehen vor allem die Bekämpfung von Terrorismus, eine gemeinsame Asylpolitik
und die bessere Steuerung von Migration weiter ganz oben auf der Agenda der Europäischen Union. Aktuell ist
unter anderem geplant, ein neues Ein- und Ausreise-Informationssystem einzurichten und bestehende Datenbanken besser
zu vernetzen. Auch über ein gemeinsames Asylverfahren und die Reform der "Blauen Karte" für
hochqualifizierte Arbeitskräfte aus Drittländern wird weiter verhandelt. Kickl machte in diesem Zusammenhang
klar, dass das heimische System der Rot-Weiß-Rot-Karte aufrechterhalten bleiben muss.
Österreich steht in vielen Bereichen grundsätzlich hinter den Plänen der EU-Kommission, nicht alle
Einzelvorschläge werden aber gutgeheißen.
|