Kneissl will neue Seite in den Beziehungen
 mit der Türkei aufschlagen

 

erstellt am
08. 03. 18
13:00 MEZ

Außenministerin steckt im Außenpolitischen Ausschuss ihre Prioritäten ab
Wien (pk) - Für einen Neuanfang in den Beziehungen zwischen Österreich und der Türkei plädierte Bundesministerin Karin Kneissl am 7. März im Außenpolitischen Ausschuss, wo sie den Abgeordneten im Rahmen einer Aktuellen Aussprache erstmals Rede und Antwort stand. Die österreichische Position zur EU-Erweiterung sei kein Hindernis in der bilateralen Zusammenarbeit mit Ankara, betonte sie. Bei den Russland-Sanktionen wiederum will Kneissl neue Akzente setzen, pocht allerdings auf die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen Zug um Zug. In der Frage der Doppelstaatsbürgerschaft für SüdtirolerInnen bekannte sich die Ministerin ausdrücklich zu einem Trilog Wien-Bozen-Rom und bekräftigte, es werde keinen Alleingang Österreichs geben.

Neuanfang mit der Türkei, neue Akzente in den Beziehungen zu Russland
Es gehe darum, miteinander und nicht übereinander zu reden, unterstrich Kneissl. Die Gespräche mit dem türkischen Außenminister in Istanbul seien ein guter Anfang gewesen und hätten Bewegung in die bis dato eher statischen bilateralen Beziehungen gebracht. Die Reaktivierung der österreichischen Grabungsarbeiten in Ephesos, die Kulturzusammenarbeit und den Beamtenaustausch wertete Kneissl dabei als erste positive Ergebnisse. Die ablehnende Haltung Österreichs in der Frage eines EU-Beitritts der Türkei hindere beide Staaten jedenfalls nicht in ihrer bilateralen Kooperation, ist die Ministerin überzeugt. Von einem geglückten Start sprach auch ÖVP-Abgeordneter Reinhold Lopatka, wobei er mit Blick auf die Türkei meinte, es sei durch eine gute Besuchsdiplomatie gelungen, zu enteisen, wo es frostig war.

Neue Akzente will Kneissl auch in den Beziehungen zu Russland setzen. Dies gelte vor allem angesichts der Sanktionen, die in der Debatte von Stephanie Krisper (NEOS) thematisiert wurden. Allfällige Neuausrichtungen seien hier aber von der Zug-um-Zug-Umsetzung der Minsker Vereinbarungen abhängig, stellte die Ministerin klar.

Kneissl sieht China als geopolitischen Akteur
Als einen der Schwerpunkte ihrer Außenpolitik nannte Kneissl Asien, wo sie ihr Augenmerk insbesondere auf die Volksrepublik China richtete. Sie sehe Peking dabei vor allem als geopolitischen Akteur, betonte sie den Abgeordneten Reinhold Lopatka (ÖVP) und Roman Haider (FPÖ) gegenüber. "Wir sollten aufhören zu moralisieren und statt dessen vielmehr die gemeinsamen Interessen ansprechen", meinte die Außenministerin und trat insbesondere für eine verstärkte Einbindung der Wirtschaft in die außenpolitischen Aktivitäten ein. Hohe Erwartungen knüpft sie dabei an den für April geplanten Besuch einer hochrangigen österreichischen Delegation in China.

Südosteuropa bleibt im Fokus der österreichischen Außenpolitik
Im Zusammenhang mit der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 bleibt die Fortsetzung der Heranführung Südosteuropas an die Europäische Union eines der obersten Ziele, bestätigte Kneissl dem ÖVP-Abgeordnetem Nikolaus Berlakovich. Die in diesem Zusammenhang von den Abgeordneten Alma Zadic (PILZ) und Harald Troch (SPÖ) kritisierten Aussagen von Vizekanzler Strache zur Republika Srpska und zum Kosovo seien bei ihren politischen Gesprächen in Bosnien kein Thema gewesen, wohl aber in den Pressekonferenzen, berichtete die Außenministerin.

Doppelstaatsbürgerschaft für SüdtirolerInnen: Kein Alleingang Österreichs
Was die Doppelstaatsbürgerschaft für SüdtirolerInnen betrifft, bekannte sich Kneissl zu einem Trilog zwischen Rom, Bozen und Wien und reagierte damit auf Kritik des SPÖ-Mandatars Andreas Schieder, der der Bundesregierung vorgeworfen hatte, mit ihrer Positionierung Sand ins Getriebe der österreichisch-italienischen Beziehungen zu streuen und damit der Schutzmachtfunktion Österreichs zu schaden. Kneissl erinnerte an ihre Gespräche mit dem italienischen Außenminister Alfano und bekräftigte mit Nachdruck, es werde kein einseitiges Vorgehen Österreichs geben. Man werde eine interministerielle Arbeitsgruppe mit Italien einrichten, Einzelheiten seien aber noch nicht festgelegt. Zunächst werde ein möglicher Ausstieg aus der Europarats-Konvention zur Vermeidung der Doppelstaatsbürgerschaften geprüft, kündigte Kneissl an und verwies auf die Beispiele Italien und Frankreich, die diesen Schritt bereits gesetzt haben. Das europäische Pendel schlage jedenfalls in Richtung der Doppelstaatsbürgerschaften aus, steht für die Außenministerin fest.

Bekenntnis zu Entwicklungszusammenarbeit und Integrationspolitik
In Sachen Entwicklungszusammenarbeit, für die SPÖ-Abgeordnete Petra Bayr warb, unterstrich die Ressortchefin, es gehe ihr hier vor allem um eine bessere Kooperation zwischen bilateralen und multilateralen Einrichtungen sowie um den nachhaltigen Einsatz von Ressourcen vor Ort. Von Nurten Yilmaz (SPÖ) auf die Integration angesprochen, versicherte Kneissl, sie werde eine aktive Integrationsministerin sein und die diesbezüglichen Programme sehr ernst nehmen.

In der Debatte konnten die Abgeordneten auch auf den Bericht über die außen- und europapolitischen Vorhaben der EU 2018 (III-102 d.B.) zurückgreifen, der vom Ausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen wurde und damit als enderledigt gilt.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at

 

 

 

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