Außenministerin steckt im Außenpolitischen Ausschuss ihre Prioritäten ab
Wien (pk) - Für einen Neuanfang in den Beziehungen zwischen Österreich und der Türkei plädierte
Bundesministerin Karin Kneissl am 7. März im Außenpolitischen Ausschuss, wo sie den Abgeordneten im
Rahmen einer Aktuellen Aussprache erstmals Rede und Antwort stand. Die österreichische Position zur EU-Erweiterung
sei kein Hindernis in der bilateralen Zusammenarbeit mit Ankara, betonte sie. Bei den Russland-Sanktionen wiederum
will Kneissl neue Akzente setzen, pocht allerdings auf die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen Zug um Zug. In
der Frage der Doppelstaatsbürgerschaft für SüdtirolerInnen bekannte sich die Ministerin ausdrücklich
zu einem Trilog Wien-Bozen-Rom und bekräftigte, es werde keinen Alleingang Österreichs geben.
Neuanfang mit der Türkei, neue Akzente in den Beziehungen zu Russland
Es gehe darum, miteinander und nicht übereinander zu reden, unterstrich Kneissl. Die Gespräche mit dem
türkischen Außenminister in Istanbul seien ein guter Anfang gewesen und hätten Bewegung in die
bis dato eher statischen bilateralen Beziehungen gebracht. Die Reaktivierung der österreichischen Grabungsarbeiten
in Ephesos, die Kulturzusammenarbeit und den Beamtenaustausch wertete Kneissl dabei als erste positive Ergebnisse.
Die ablehnende Haltung Österreichs in der Frage eines EU-Beitritts der Türkei hindere beide Staaten jedenfalls
nicht in ihrer bilateralen Kooperation, ist die Ministerin überzeugt. Von einem geglückten Start sprach
auch ÖVP-Abgeordneter Reinhold Lopatka, wobei er mit Blick auf die Türkei meinte, es sei durch eine gute
Besuchsdiplomatie gelungen, zu enteisen, wo es frostig war.
Neue Akzente will Kneissl auch in den Beziehungen zu Russland setzen. Dies gelte vor allem angesichts der Sanktionen,
die in der Debatte von Stephanie Krisper (NEOS) thematisiert wurden. Allfällige Neuausrichtungen seien hier
aber von der Zug-um-Zug-Umsetzung der Minsker Vereinbarungen abhängig, stellte die Ministerin klar.
Kneissl sieht China als geopolitischen Akteur
Als einen der Schwerpunkte ihrer Außenpolitik nannte Kneissl Asien, wo sie ihr Augenmerk insbesondere auf
die Volksrepublik China richtete. Sie sehe Peking dabei vor allem als geopolitischen Akteur, betonte sie den Abgeordneten
Reinhold Lopatka (ÖVP) und Roman Haider (FPÖ) gegenüber. "Wir sollten aufhören zu moralisieren
und statt dessen vielmehr die gemeinsamen Interessen ansprechen", meinte die Außenministerin und trat
insbesondere für eine verstärkte Einbindung der Wirtschaft in die außenpolitischen Aktivitäten
ein. Hohe Erwartungen knüpft sie dabei an den für April geplanten Besuch einer hochrangigen österreichischen
Delegation in China.
Südosteuropa bleibt im Fokus der österreichischen Außenpolitik
Im Zusammenhang mit der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 bleibt die Fortsetzung
der Heranführung Südosteuropas an die Europäische Union eines der obersten Ziele, bestätigte
Kneissl dem ÖVP-Abgeordnetem Nikolaus Berlakovich. Die in diesem Zusammenhang von den Abgeordneten Alma Zadic
(PILZ) und Harald Troch (SPÖ) kritisierten Aussagen von Vizekanzler Strache zur Republika Srpska und zum Kosovo
seien bei ihren politischen Gesprächen in Bosnien kein Thema gewesen, wohl aber in den Pressekonferenzen,
berichtete die Außenministerin.
Doppelstaatsbürgerschaft für SüdtirolerInnen: Kein Alleingang Österreichs
Was die Doppelstaatsbürgerschaft für SüdtirolerInnen betrifft, bekannte sich Kneissl zu einem Trilog
zwischen Rom, Bozen und Wien und reagierte damit auf Kritik des SPÖ-Mandatars Andreas Schieder, der der Bundesregierung
vorgeworfen hatte, mit ihrer Positionierung Sand ins Getriebe der österreichisch-italienischen Beziehungen
zu streuen und damit der Schutzmachtfunktion Österreichs zu schaden. Kneissl erinnerte an ihre Gespräche
mit dem italienischen Außenminister Alfano und bekräftigte mit Nachdruck, es werde kein einseitiges
Vorgehen Österreichs geben. Man werde eine interministerielle Arbeitsgruppe mit Italien einrichten, Einzelheiten
seien aber noch nicht festgelegt. Zunächst werde ein möglicher Ausstieg aus der Europarats-Konvention
zur Vermeidung der Doppelstaatsbürgerschaften geprüft, kündigte Kneissl an und verwies auf die Beispiele
Italien und Frankreich, die diesen Schritt bereits gesetzt haben. Das europäische Pendel schlage jedenfalls
in Richtung der Doppelstaatsbürgerschaften aus, steht für die Außenministerin fest.
Bekenntnis zu Entwicklungszusammenarbeit und Integrationspolitik
In Sachen Entwicklungszusammenarbeit, für die SPÖ-Abgeordnete Petra Bayr warb, unterstrich die Ressortchefin,
es gehe ihr hier vor allem um eine bessere Kooperation zwischen bilateralen und multilateralen Einrichtungen sowie
um den nachhaltigen Einsatz von Ressourcen vor Ort. Von Nurten Yilmaz (SPÖ) auf die Integration angesprochen,
versicherte Kneissl, sie werde eine aktive Integrationsministerin sein und die diesbezüglichen Programme sehr
ernst nehmen.
In der Debatte konnten die Abgeordneten auch auf den Bericht über die außen- und europapolitischen Vorhaben
der EU 2018 (III-102 d.B.) zurückgreifen, der vom Ausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen wurde und damit
als enderledigt gilt.
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