Erste Retrospektive des Künstlers in Wien von 9. März bis 3. Juni 2018 in der Orangerie
des Unteren Belvedere
Wien (belvedere) - Er galt als Wunderkind seiner Zeit: Klemens Brosch wurde bereits als Schüler entdeckt
und seine Arbeiten ausgestellt. Nach nur 16 Schaffensjahren hinterließ er knapp 1.000 Zeichnungen, Aquarelle,
Druckgrafiken und Gemälde. Er zählt damit neben Gustav Klimt, Egon Schiele, Alfred Kubin und Oskar Kokoschka
zu den bedeutendsten Zeichnern Österreichs. Das Belvedere zeigt eine erste große Retrospektive des Künstlers
in Wien.
Schon früh wurde Klemens Brosch in österreichischen Zeitungen bejubelt und mit zahlreichen akademischen
Auszeichnungen überschüttet. Die Ausstellung in der Orangerie im Unteren Belvedere zeigt in mehreren
Kapiteln die Stationen seines Lebens, von den ersten künstlerischen Erfolgen in Wien und Linz, den Aufträgen
von privaten Sammlerinnen und Sammlern bis hin zu noch nie präsentierten Belvedere-Beständen, die das
Bild eines zu Lebzeiten gefeierten und lange vergessenen Zeichners abrunden.
Klemens Brosch steht beispielhaft für die Tragik einer durch Krieg und Kriegsfolgen zerstörten Karriere
und letztlich eines zerstörten Lebens. Wer dem Werk dieses grandiosen Zeichners begegnet, kann nicht verstehen,
dass es jahrzehntelang kaum bekannt war. Die Ausstellung stellt nach einer wegbereitenden Schau in seiner Heimatstadt
Linz das faszinierende Werk von Klemens Brosch nun endlich in Wien vor, so Stella Rollig, Generaldirektorin des
Belvedere.
Auftakt zur Ausstellung bilden Broschs Studienblätter, die durch ihren Detailreichtum beeindrucken. Die Mitbegründung
der Linzer Künstlervereinigung MAERZ 1913 gilt als Beginn seiner Karriere. Zwischen 1913 und 1919 wurde der
Künstler an der Akademie der Bildenden Künste in Wien gefeiert und begeisterte vor allem durch seine
hyperrealistische Präzision. Wie im Schaffensrausch beschäftigte er sich mit dem Symbolhaften und dem
Unheimlichen, mit dem Zauber und der Vergänglichkeit der Natur. Eine intensive Auseinandersetzung des Künstlers
mit dem Thema „Landschaft“ zeichnet alle Phasen seines Werks aus. Dabei zeigt Brosch sich von symbolistischen Vorbildern
aus der Kunst des 19. Jahrhunderts beeinflusst, nimmt aber auch bereits Aspekte der neuen Sachlichkeit und des
Surrealismus vorweg.
Der Erste Weltkrieg prägte Klemens Brosch nachhaltig, seine Kriegserfahrungen ließen ihn ein Leben lang
nicht los. Ein Militärarzt verordnet ihm schmerzlinderndes Morphium, dem er auch nach der Rückkehr immer
mehr verfällt. Wie viele seiner Künstlerkolleg_innen ist er nach dem Krieg mit neuen Bedingungen konfrontiert:
zum einen die Bewältigung grausamer Eindrücke, zum anderen gab es keine großen Aufträge. Beides
schlägt sich in seinem Werk nieder. Seine ungewöhnlichen Bildthemen wirken dämonisch und hintergründig.
Seine Bilder sind fantastische Visionen, mit teilweise übersteigertem Pathos.
Die zahlreichen ab 1920 entstandenen Tuschpinselzeichnungen und Aquarelle mit Traumvisionen oder Todessymbolik
vervollständigen die Ausstellung, die gesellschaftliche Hintergründe dieser Zeit ebenso thematisiert
wie seine Morphiumsucht, Entzugsaufenthalte in der Landesirrenanstalt Niedernhart und den tragisch inszenierten
Freitod 1926. Mit mehr als eintausend Zeichnungen, Aquarellen und einigen Gemälden hinterlässt Klemens
Brosch ein umfangreiches Werk, das von einer krisengebeutelten Epoche zeugt.
„Jeder, der sich für Kunst begeistert, muss überwältigt sein von dieser Entdeckung: den Werken des
Zeichengenies Klemens Brosch“, meint hierzu Elisabeth Nowak-Thaller, Kuratorin der Ausstellung.
Das Oberösterreichische Landesmuseum verfügt mit 615 Werken über den größten Teil von
Broschs Werken, gefolgt von den 157 Werke umfassenden Bestände der Museen der Stadt Linz. Weitere Exponate
stammen aus privaten Sammlungen. Broschs Arbeiten wurden unter anderen in den international erfolgreichen Ausstellungen
Le Arti a Vienna (La Biennale di Venezia 1984), Vienna 1900 (Museum of Modern Art, New York 1986), Wunderblock
(Wiener Festwochen 1989), Traum und Wirklichkeit (Historisches Museum der Stadt Wien 1994) und Arte e Violenza
(Accademia di Belle Arti di Napoli 1997) gezeigt.
Die Ausstellungskooperation mit den Museen der Stadt Linz und dem Oberösterreichischem Landesmuseum versteht
sich als Neu- und Wiederentdeckung und ist die facettenreichste Ausstellung, die dem Künstler in Wien bisher
gewidmet wurde.
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