Gesundheitsausschuss holt Stellungnahmen zur Liberalisierung von medizinischen Cannabis-Produkten
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Wien (pk) - Neben dem Rauchverbot befasste sich der Gesundheitsausschuss am 6. März auch mit weiteren
Fragen der Gesundheitsvorsorge für die österreichische Bevölkerung. Die Ausschussmitglieder beschlossen
einstimmig die Einholung von Stellungnahmen zur Liberalisierung von Cannabis-Produkten für gesundheitliche
Zwecke, wie sie die Liste Pilz fordert. Ebenso will der Ausschuss auf Initiative von ÖVP und FPÖ Stellungnahmen
zu einer etwaigen Einbindung von SchulärztInnen in die elektronische Krankenakte ELGA einholen, welche die
NEOS fordern. Während der Entschließungsantrag der NEOS auf eine gesetzliche Regelung zur Durchführung
von Schutzimpfungen durch geschultes Personal in Apotheken abgelehnt wurde, stießen sie mit einer weiteren
Entschließung in leicht abgeänderter Form auf allgemeine Zustimmung. Die Abgeordneten sprechen sich
darin nun für einen elektronischen Impfpass im Rahmen von ELGA aus.
Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein präsentierte zudem die EU-Vorhaben des Jahres 2018, die das Gesundheitsressort
betreffen. Der Bericht wurde anschließend einstimmig zur Weiterbehandlung an den Sozialausschuss verwiesen.
EU-Vorhaben 2018: Kommission will sich für höhere Gesundheitsstandards einsetzen
Die Einführung einer europäischen Sozialversicherungsnummer, die Einrichtung einer Europäischen
Arbeitsbehörde, die Überarbeitung der Trinkwasser-Richtlinie oder ein Aktionsplan für nationale
Impfstrategien sind nur einige der neuen Vorhaben auf EU-Ebene, die in die Kompetenzbereiche von Bundesministerin
Beate Hartinger-Klein fallen. Eine vom Gesundheits- und Sozial ressort erstellte EU-Jahresvorschau für 2018
bietet einen Überblick über Initiativen der Kommission sowie über das Arbeitsprogramm des Rates
in den Bereichen Arbeit, Soziales, Konsumentenschutz und Gesundheit ( III-98 d.B.).
Im Gesundheitsbereich steht unter anderem die Neufassung der Vorschriften über Tierarzneimittel und Fütterungsarzneimittel
auf der Agenda, informierte die Gesundheitsministerin die Abgeordneten. Dadurch sollen gleiche Bedingungen in der
gesamten EU geschaffen und die bürokratischen Lasten verringert werden. Ziel ist es auch, unter Wahrung eines
hohen Schutzniveaus, die Verfügbarkeit von Tierarzneimitteln zu steigern, Antibiotikaresistenzen zu bekämpfen
und eine Vereinfachung des Zulassungsprozesses zu erreichen. Ende 2017 wurde das Mandat für die Aufnahme von
Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament erteilt.
Unter bulgarischem Ratsvorsitz sollen Maßnahmen der Förderung einer gesunden Ernährung bei Kindern
sowie generell einer aktiven Lebensführung der europäischen Bevölkerung behandelt werden. Auch die
Sicherstellung des Zugangs zu effektiven Medikamenten zu leistbaren Preisen für alle EU-BürgerInnen steht
auf dem Programm. Angestrebt werden vor allem Lösungen für Probleme in Zusammenhang mit der Versorgungsknappheit
bei medizinischen Produkten aus ökonomischen Gründen. Außerdem will man die Anpassung der Verordnung
betreffend die Genehmigung und Überwachung von Medizinprodukten für menschlichen und tierischen Gebrauch
sowie die Einrichtung einer Europäischen Arzneimittelagentur abschließen. Des Weiteren ist geplant,
die Empfehlung des Rates zu Impfungen sowie den Vorschlag über die Bewertung von Gesundheitstechnologien vorzustellen.
Auf Nachfragen der Abgeordneten Pamela Rendi-Wagner, Markus Vogl (beide SPÖ), Gabriele Schwarz, Martina Diesner-Wais
(beide ÖVP) sowie von NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker bestätigte die Sozialministerin, dass sie
den Fragen der Genehmigung und Überwachung von Medikamenten besonderes Gewicht beimesse. Dabei werde es auch
um Patentfragen gehen, die für Österreich große Bedeutung haben. Auch Themen der Gesundheitsvorsorge,
etwa die Qualitätskontrolle von Trinkwasser, messe sie große Bedeutung bei. Ein weiteres Thema in diesem
Zusammenhang seien Vorsorgeuntersuchungen für Jugendliche, die sie in Form eines Eltern-Jugendpasses umsetzen
wolle.
Liste Pilz kritisiert hohe Kosten von medizinischen Cannabis-Produkten
Im Sinne der über 1,5 Millionen SchmerzpatientInnen in Österreich fordert die Liste Pilz die Freigabe
von Cannabis-Produkten für medizinische Zwecke ( 40/A(E) ). Es sei eindeutig belegt, dass Cannabisblüten
effektiv wirken und auch nicht süchtig machen. Derzeit dürfen aber nur synthetische Cannabis-Präparate
verschrieben werden, erläuterte Abgeordneter Peter Kolba (PILZ) im Ausschuss. Diese wirken nicht nur weniger
gut, sondern verursachen auch sehr hohe Kosten für die Betroffenen, darunter viele KrebspatientInnen, die
für entsprechende Arzneimittel, wie etwa Dronabinol, viel Geld ausgeben müssen.
ÖVP-Abgeordnete Gabriela Schwarz beantragte, fachliche Stellungnahmen einzuholen, und legte eine Liste der
in Frage kommenden Institutionen vor. Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen, nachdem die Liste von den Abgeordneten
Markus Vogl (SPÖ) und Kolba (PILZ) um zusätzliche Facheinrichtungen ergänzt worden war. Der Antrag
der Liste Pilz wurde mehrheitlich vertagt.
NEOS für die Aufnahme schulärztlicher Daten in das ELGA-System
Ein grundsätzliches Bekenntnis zur Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) legen die NEOS ab, da durch die
Zusammenführung von Daten Mehrfachuntersuchungen verringert und der Verlust von gesundheitsrelevanten Informationen
vermieden werden können ( 68/A(E) ). Eine optimale Nutzung ist jedoch nur dann möglich, wenn alle wichtigen
Stakeholder einbezogen werden, erklärte Gerald Loacker (NEOS). Er hält es daher für problematisch,
dass die SchulärztInnen derzeit nicht in das ELGA-System eingebunden sind.
ÖVP-Abgeordneter Dominik Schrott sprach sich für die Einholung von Stellungnahmen aus, wie die Einbindung
von SchulärztInnen erfolgen könne. Dieser Antrag wurde mit ÖVP-FPÖ-Mehrheit angenommen, der
Antrag selbst zur weiteren Behandlung vertagt. Abgeordnete Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) vertrat die Auffassung,
dass der Antrag sich seit dem Beschluss des Schulpakets erübrigt habe, da nun die Gesundheitsministerin mit
einer Verordnungsermächtigung für gesundheitsfördernde Maßnahmen in den Schulen ausgestattet
sei. Stellungnahmen seien erst nach Vorlage einer entsprechenden Verordnung sinnvoll.
NEOS für die Durchführung von Schutzimpfungen durch geschultes Personal in Apotheken
Die niedrige Durchimpfungsrate in der österreichischen Bevölkerung sowie besorgniserregende Fälle
von Masernausbrüchen in öffentlichen Einrichtungen zeigen, dass unter anderem ein niederschwelliger und
einfacher Zugang zu Impfungen notwendig sei, argumentiert Gerald Loacker (NEOS). Österreich sollte sich daher
seiner Meinung nach ein Beispiel an jenen Ländern nehmen, in denen bereits gute Erfahrungen mit Impfungen
durch geschulte ApothekerInnen gemacht wurden. Zumindest bei unkomplizierteren Impfungen wie Influenza, Hepatitis
A und B sowie FSME könnten so bessere Durchimpfungsraten erzielt werden, ist er überzeugt ( 69/A(E) ).
Dieser Auffassung schloss sich auch Philip Kucher (SPÖ) an. Friedrich Ofenauer (ÖVP) und Gerhard Kaniak
(FPÖ) vertraten hingegen die Ansicht, dass derartige Einzelmaßnahmen als Teil eines umfassenderen Plans
zur Erhöhung der Durchimpfungsrate diskutiert werden sollten. Der Antrag wurde mit ÖVP-FPÖ-Mehrheit
abgelehnt.
NEOS für elektronische Erfassung aller Impfungen in Österreich
Zustimmung fand hingegen ein Antrag von NEOS-Mandatar Gerald Loacker, der darauf abzielt, die Datenlage im Impfbereich
zu verbessern ( 160/A(E)). Derzeit wisse nicht einmal das Gesundheitsministerium genau, wie die hoch etwa die Durchimpfungsrate
für Masern bei den zwei- bis fünfjährigen Kindern aussehe, argumentierte Loacker. Sein Antrag auf
eine elektronische Erfassung aller durchgeführten Impfungen via e-card wurde von Abgeordneten der ÖVP,
FPÖ, NEOS und der Liste Pilz in das Ersuchen an die Gesundheitsministerin abgeändert, so rasch wie möglich
den elektronischen Impfpass in ELGA umzusetzen. In dieser Formulierung wurde die Entschließung einstimmig
angenommen. Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein kündigte dazu an, die Frage der Finanzierung eines
elektronischen Impfpasses bei der nächsten Bundeszielsteuerungskommission mit den Vertretungen von Bund, Ländern
und Sozialversicherungen im April besprechen zu wollen. Sie hoffe, dass rasch eine Einigung erzielt werden kann.
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