Löger: EU benötigt keinen Europäischen Finanzminister

 

erstellt am
16. 03. 18
13:00 MEZ

Bundesrat befasst sich mit aktuellen EU-Vorhaben im Finanzbereich
Brüssel/Wien (pk) – Finanzminister Hartwig Löger hat sich am 15. März im Bundesrat dezidiert gegen die Einrichtung eines EU-Finanzminister ausgesprochen. Es sei nicht notwendig, eine neue Funktion auf EU-Ebene zu erfinden, sagte er im Zuge der Diskussion über einen Bericht seines Ressorts über aktuelle EU-Vorhaben im Finanzbereich ( III-365 d.B.). Löger glaubt, dass ein EU-Finanzminister die Verantwortung der einzelnen EU-Staaten minimieren und die nationalen Parlamente schwächen würde. Was die Diskussion über das EU-Budget betrifft, sprach sich Löger dafür aus, sich nicht auf Zahlen zu konzentrieren, sondern darauf, welche Aufgaben die EU in Zukunft übernehmen soll.

Der Bericht des Finanzministeriums wurde schließlich mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Er informiert unter anderem über die Pläne der EU, die Bankenunion weiterzuentwickeln, die Wirtschafts- und Währungsunion zu vertiefen und den Kampf gegen Steuertricks großer Konzerne fortzuführen. Auch eine Reform des Mehrwertsteuersystems steht auf der Agenda der Union.

Zur Bankenunion habe Österreich eine klare Position, betonte Löger. Bevor es zu einer europäischen Einlagensicherung komme, müsse sichergestellt sein, dass die Banken ihre Hausaufgaben zur Risikoreduzierung machen. Auf diesen Punkt gelte es einen besonderen Fokus zu richten. Skeptisch steht der Minister außerdem der angedachten Errichtung einer "Fiskalkapazität" der EU gegenüber. Man solle vielmehr den ESM stärken und in Richtung eines Europäischen Währungsfonds weiterentwickeln.

Ausdrücklich verwahrte sich Löger gegen den Vorwurf, er würde auf EU-Ebene mehr Steuertransparenz von Konzernen blockieren. Die EU habe die Country-by-Country-Regelung bereits im Jahr 2016 beschlossen, daran werde nicht gerüttelt. Erste Berichte werden ihm zufolge im Herbst vorliegen. Durch die länderspezifische Ausweisung von Gewinnen und Steuerzahlungen erhalte man die Chance, Steuervermeidung von Konzernen effizienter zu begegnen. Zurückhaltend sei er allerdings in der Frage der Veröffentlichung der Berichte, sagte Löger. Er fürchtet, dass das viele außereuropäische Länder davon abhalten würde, sich der EU-Regelung anzuschließen. Damit drohe weniger Transparenz auf internationaler Ebene.

Grüne und SPÖ fordern schärferen Kampf gegen Steuervermeidung von Konzernen
Zuvor hatte Bundesrätin Heidelinde Reiter (Grüne/S) Kritik am Finanzminister geübt. Ihrer Meinung nach wird der Kampf gegen Steuertricks von Konzernen nicht entschieden genug geführt. Die EU müsse hier mehr Kompetenzen bekommen. Durch Steuervermeidung gingen den EU-Ländern hohe Einnahmen verloren. In diesem Zusammenhang stellte Reiter auch die niedrigen Steuerzahlungen von Konzernen wie Magna den ähnlich hohen Steuerzahlungen einer kleinen Tabaktrafik gegenüber.

Als "tragisch" wertet Reiter dabei auch den Steuerwettbewerb innerhalb der EU. Ihrer Meinung nach ist nicht zuletzt dieser Konkurrenzkampf dafür verantwortlich, dass die Konzerne heuer weniger Steuern zahlen als 2008, wie die Financial Times errechnet hat. Vor diesem Hintergrund lehnt Reiter auch die geplante Flexibilisierung bei den Mehrwertsteuersätzen ab. Die Möglichkeit, Mehrwertsteuern in einzelnen Bereichen auf unter 5% zu senken, öffne die Tür für Steuerdumping weiter, warnte sie.

Was das künftige EU-Budget betrifft, hielt Reiter fest, dass die EU offenbar bei der Landwirtschaft und bei der Kohäsionspolitik sparen wolle, nicht aber bei den Rüstungsausgaben, wo ein neuer Fonds mit sehr viel Geld geplant sei. Im Lichte des Brexits und des zusätzlichen Finanzbedarfs zur Bewältigung großer politischer Herausforderungen erwartet sie besonders schwierige Verhandlungen.

Seitens der SPÖ plädierte die Niederösterreicherin Ingrid Winkler nicht nur dafür, den Kampf gegen Steuerumgehung und Steuervermeidung durch große Konzerne zu forcieren, sie sprach sich auch dafür aus, mehr Fokus auf die Sozialunion zu richten. Auch wenn die Wirtschaft in der EU derzeit boome und sich die Beschäftigung positiv entwickle, dürfe man nicht auf notwendige Investitionen, etwa in den sozialen Wohnbau, die Infrastruktur und die Forschung, vergessen. Die EU dürfe nicht nur ein Projekt für Eliten sein, schließlich seien es Beschäftigte mit kleinen und mittleren Einkommen, die der wahre Motor der EU seien.

Als besorgniserregend erachtet es Winkler in diesem Zusammenhang, dass ein Viertel der EU-BürgerInnen, konkret 115 Millionen Menschen, von Armut bedroht ist. Zum Thema Steuerdumping merkte Winkler an, es könne nicht sein, dass sich etwa Irland in der Krise EU-Gelder abhole und nach der Erholung anderen EU-Ländern mit Steuerdumping Konkurrenz mache.

FPÖ fordert Ende der Negativzinspolitik
Ein Ende der Negativzinspolitik der EU forderte der Wiener Bundesrat Reinhard Pisec (FPÖ). Diese sei eine Hauptursache für aktuelle Verwerfungen in Europa, meinte er. Es ist für ihn nicht einsichtig, dass es zwischen italienischen Anleihen auf der einen Seite sowie deutschen und österreichischen Anleihen auf der anderen Seite nur geringe Zinsdifferenzen gibt, obwohl Italien weitaus höhere Schulden hat. Auch die österreichischen Klein- und Mittelbetriebe, die ohnehin mit hoher Steuerbelastung kämpfen, würden unter der Zinspolitik leiden, weil sie für ihr erwirtschaftetes Eigenkapital keine Rendite erhalten. Österreich müsse sich während seiner EU-Ratspräsidentschaft für eine Trendumkehr einsetzen.

Kritisch sieht Pisec darüber hinaus die geplante europäische Einlagensicherung. Lob gab es von ihm hingegen für die angedachte Halbierung der Körperschaftsteuer in Österreich für nicht entnommene Gewinne. "Das ist eine exzellente Sache." Zu den Anliegen der SPÖ hielt Pisec fest, diese sei von der Bevölkerung abgewählt worden.

Die EU befinde sich nunmehr im fünften Jahr des Wirtschaftswachstums, es seien auch zahlreiche neue Arbeitsplätze geschaffen worden, führte der steirische Bundesrat Armin Forstner namens der ÖVP aus. Gleichzeitig bemühe sich die EU, auch weiterhin ein attraktiver Produktionsstandort zu bleiben. Forstner listete eine Reihe von EU-Vorhaben auf und nannte das vorliegende Arbeitsprogramm als insgesamt sehr ambitioniert. Zum mehrjährigen Finanzrahmen merkte er an, dass die EU mit Großbritannien einen ihrer wichtigsten Nettozahler verliere.

 

 

 

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