Wirtschaftsausschuss diskutiert über die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung
Wien (pk) - Die integrierte Klima- und Energiestrategie der Bundesregierung wird noch im Frühjahr kommen.
Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger kündigte am 15. März im Wirtschaftsausschuss die
Vorlage eines Entwurfs für April 2018 an und sprach sich für einen breiten öffentlichen Diskussionsprozess
unter Einbindung des Parlaments aus. In einer Aktuellen Aussprache mit den Abgeordneten bekannte sich die Ressortleiterin
mit Nachdruck zu den Pariser Klimazielen und insbesondere zum Ausbau der erneuerbaren Energieträger, wobei
sie diesbezüglich eine Quote von 35% für Österreich anpeilt. Klar ist für Köstinger, dass
bei der Energiewende alle gemeinsam an einem Strang ziehen müssen und Wirtschaft und Umwelt als Partner und
nicht als Gegner agieren sollten.
Die Opposition konkretisierte ihre Anliegen in Sachen Energiepolitik in einer Reihe von Anträgen, die bei
der Abstimmung allerdings vertagt wurden. So mahnte die SPÖ die Befassung des Parlaments bei der Gestaltung
der Klima- und Energiestrategie ein und drängte auf die gesetzliche Absicherung der Förderung von Kraft-Wärme-Koppelungsanlagen,
während die NEOS für eine bessere Einbindung der Industrie in die Energiepolitik plädierten.
Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit und Wettbewerb als Schwerpunkte der Energiestrategie
Köstinger verfolgt bei ihrer Energiestrategie einen ganzheitlichen Ansatz, der alle Bereiche umfasst – vom
Strom bis zur Mobilität, von den Gebäuden bis zur Industrie. Zunächst geht es, wie die Ministerin
betonte, darum, den beschleunigten und kosteneffizienten Ausbau der heimischen erneuerbaren Energie voranzutreiben
und die Importabhängigkeit zu reduzieren. Bei Strom sei Österreich mit einem Anteil von 70% aus erneuerbarer
Energie Vorreiter in Europa, berichtete Köstinger und bekräftigte das Ziel der Bundesregierung, bis 2030
Strom zu 100% aus erneuerbaren Energiequellen zu beziehen. Weitere Schwerpunkte der Klima- und Energiestrategie
werden das Energiesparen und die Energieeffizienz, insbesondere die thermische Sanierung sein, wobei die Regierung
auf unbürokratische Maßnahmen setzt. Überdies will Köstinger die Innovationskraft und die
Entwicklung moderner Technologien im Energiebereich forcieren.
Ministerin für breite Bürgerbeteiligung und Einbindung des Parlaments bei Klima- und Energiestrategie
Nach der Vorlage des Entwurfs der Klima- und Energiestrategie im April plant die Ministerin einen Konsultationsprozess
im Sinne einer breiten Bürgerbeteiligung unter Einbeziehung sämtlicher Stakeholder. Dabei werde selbstverständlich
auch das Parlament eingebunden werden, betonte sie mit Nachdruck. Für Juni 2018 ist dann der Beschluss der
Strategie im Ministerrat geplant.
Köstinger will bei Quote für Erneuerbare auf EU-Ebene "einen 3er vor dem Ziel haben"
Bei seiner EU-Ratspräsidentschaft werde Österreich in der Klima- und Energiepolitik äußerst
ambitioniert vorgehen, kündigte Köstinger an. Sie erinnerte daran, dass der Europäische Rat bei
den erneuerbaren Energien einen Anteil von 27% anstrebt, das Europäische Parlament hingegen 35% fordert. Österreich
könne als Vorsitzland zwar nur die Verhandlungen führen und dürfe nicht parteiisch agieren, man
werde aber alles daran setzen, um im Endeffekt "einen 3er vor dem Ziel zu haben", betonte Köstinger.
Regierungsparteien unterstützen ganzheitlichen Ansatz bei der Energiestrategie
Seitens der Abgeordneten stießen die Pläne der Ministerin auf überwiegend positives Echo. ÖVP-Mandatar
Josef Lettenbichler unterstrich Versorgungssicherung, Nachhaltigkeit und Leistbarkeit als Schwerpunkte der Energiestrategie
und erinnerte zudem an die zentrale Bedeutung der Steigerung der erneuerbaren Energie. Sein Fraktionskollege Andreas
Kühberger erwartet sich gerade von den erneuerbaren Energieträgern große Chancen für die Wirtschaft
und den ländlichen Raum. FPÖ-Energiesprecher Axel Kassegger bekannte sich zur Energiewende, gab allerdings
zu bedenken, Wirtschaft und Haushalte dürften dadurch nicht belastet werden.
SPÖ für Einbindung des Parlaments, Liste Pilz drängt auf ambitionierteres Vorgehen Österreichs
auf EU-Ebene
Für Wolfgang Katzian (SPÖ) geht es bei der kommenden Klima- und Energiestrategie zunächst vor allem
um eine optimale Einbindung des Parlaments, dies etwa im Rahmen einer parlamentarischen Enquete. Doris Margreiter
(SPÖ) appellierte an Köstinger, sich auf EU-Ebene für ambitionierte Ziele bei den erneuerbaren Energien
einzusetzen. Hier hakte auch Martha Bißmann (PILZ) ein und gab zu bedenken, der von Köstinger angekündigte
Ausbau der erneuerbaren Energie auf eine Quote von 35% reiche nicht aus, um die Erderwärmung auf zwei Grad
zu beschränken. Notwendig wären vielmehr EU-weit 45%. Sie empfahl zudem innerstaatliche Lenkungsmaßnahmen
zur Reduktion der fossilen Energieträger. Die Ministerin deponierte allerdings ihre Skepsis gegenüber
neuen Steuern und unterstrich, bevor man über Lenkungsmaßnahmen diskutiert, sollte man Schritte zur
Entlastung setzen.
NEOS: Schluss mit dem Vertagungsmechanismus
Namens der NEOS forderte Josef Schellhorn eine Abschaffung der Subventionierung der Kohleverstromung und hielt
den von Köstinger angepeilten mittelfristigen Ausstieg aus den Kohlekraftwerken für nicht ausreichend
im Sinne einer ambitionierten Energiestrategie. Irritiert zeigte sich der Energiesprecher der NEOS zudem über
Berichte betreffend eine Verländerung der Verbund-AG. Was die von der Ministerin zugesagte Einbindung des
Parlaments in die Gestaltung der Energiestrategie betrifft, spielte Schellhorn den Ball an die Regierungsparteien
weiter und appellierte an ÖVP und FPÖ, endlich den Vertagungsmechanismus bei Anträgen der Opposition
auszuschalten.
Von der Klima- und Energiestrategie bis zu den KWK-Anlagen: Die Forderungen der SPÖ
Die Opposition brachte in die Diskussion über die Energiepolitik eine Reihe von Anträgen ein, wobei seitens
der SPÖ Wolfgang Katzian zunächst auf die Einbindung des Parlaments bei einer integrierten Klima- und
Energiestrategie pochte (147/A(E)). Der Energiesprecher der SPÖ zeigte sich erfreut über die diesbezüglich
in der Aussprache gemachten Zusagen der Ministerin und meinte, die Abgeordneten müssten nun vor allem darauf
achten, dass am Ende nicht die KonsumentInnen die Zeche von Veränderungsprozessen zahlen. Der Antrag wurde
im Lichte der Ankündigungen Köstingers mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt.
Weiters schlägt Katzian (SPÖ) Änderungen im Bundes-Energieeffizienzgesetz vor (98/A), die im Wesentlichen
darauf abzielen, die Geltung der Bestimmungen auch über 2020 hinaus sicherzustellen. Die Energielieferanten
sollen demnach etwa verpflichtet werden, für die Jahre ab 2020 jährliche Energieeffizienzmaßnahmen
im Ausmaß von mindestens 1,5% ihrer Energieabsätze an ihre Endkunden des jeweils vorangegangenen Jahres
nachzuweisen. Das aktuelle Gesetz habe nicht die erhoffte Steuerungswirkung gebracht, argumentierte Katzian. Aufgrund
eines Überangebots sei der Markt an Effizienzmaßnahmen massiv übersättigt, auch würden
kaum noch Investitionen ausgelöst.
Die Regierungsparteien wollen hier noch die europäische Entwicklung, insbesondere die Energieeffizienz-Richtlinie
abwarten und entschieden auf Vertagung.
Schließlich appelliert Katzian an die Bundesministerin, bei der EU-Kommission das unterbrochene Notifizierungsverfahren
nach dem KWK-Punktegesetz für Kraft-Wärme-Koppelungsanlagen (KWK-Anlagen) fortzusetzen. Konkret geht
es hier um die Mitteilung des neuen Förderungsschemas für KWK-Anlagen an Brüssel, um damit den Weg
freizumachen für die gesetzliche Verankerung der Förderungen in einem nächsten Schritt (165/A(E)).
ÖVP-Abgeordneter Christoph Stark betonte, es sei nur auf die Pause-Taste gedrückt, nicht aber gestoppt
worden. Die Regierung habe sich klar zu den erneuerbaren Energieträgern bekannt, nun gelte es zunächst,
das Förderschema im Hinblick auf die angekündigte Energiestrategie zu prüfen, stellte Stark klar
und begründete damit die mehrheitlich beschlossene Vertagung des Antrags.
NEOS wollen Industrie besser in Energiepolitik einbinden
Die NEOS wiederum wollen mit neuen Rahmenbedingungen auf das Risiko von Energieengpässen reagieren und denken
dabei vor allem an eine verstärkte Einbindung der Industrie. Betriebe, die durch ihre Kraftwerksleistungen
einen Beitrag zur Netzstabilität im Sinne des Engpassmanagements bzw. der entsprechenden Anpassung der Leistungseinspeisung
am Redispatch-Markt leisten können, sollten einen durch marktkonforme Ausschreibung ermöglichten Zugang
zu diesem Markt haben, schlägt Josef Schellhorn in einem Entschließungsantrag (141/A(E)) vor. Überdies
tritt der Energiesprecher der NEOS dafür ein, Unternehmen mit besonders netzdienlichem Verhalten eine Netzkostensenkung
zu gewähren.
In einer weiteren Initiative (142/A(E)) spricht Schellhorn die Bedeutung von industrieller Abwärme für
die Nah- und Fernwärmeversorgung an und drängt auf Rahmenbedingungen, um den Betrieben Anreize zu geben,
dieses derzeit weitgehend ungenutzte Abwärmepotenzial zur Verfügung zu stellen.
Auch hier planen die Regierungsparteien, vorerst die europäische Energieeffizienz-Richtlinie und die Klima-
und Energiestrategie der Bundesregierung abzuwarten, sodass die beiden Anträge der NEOS jeweils vertagt wurden.
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