Umweltausschuss debattiert Abfallwirtschaftsbericht, Bürgerinitiativen und Oppositionsanträge
Wien (pk) – Österreich ist beim Recyceln von Hausmüll zwar Spitzenreiter, das Gesamtvolumen an
Abfall wächst aber laufend an. Speziell bei der Lebensmittelverschwendung sehen nicht nur ExpertInnen Handlungsbedarf:
auch eine Bürgerinitiative, die der Umweltausschuss am 13. März diskutierte, setzt sich gegen die Wegwerfgesellschaft
ein. Maßnahmen zur Abfallvermeidung generell debattierten die Abgeordneten mit Nachhaltigkeitsministerin
Elisabeth Köstinger anhand des aktuellen Abfallwirtschaftsplans. Der Bericht darüber wurde ohne Stimmen
der SPÖ, die Bürgerinitiative mit Stimmen der Regierungsparteien zur Kenntnis genommen. Eine weitere
Bürgerinitiative, die die ökologische und soziale Ausgestaltung der Energiewende zum Ziel hat wurde ebenfalls
von ÖVP und FPÖ zur Kenntnis genommen. Beide Bürgerinitiativen sollen im Nationalratsplenum behandelt
werden.
Eine vielfältige Themenpalette zur Umweltpolitik steuerte die Opposition mit ihren Anträgen zur Debatte
bei. So pochen die NEOS auf die Umsetzung der Aarhus-Konvention zwecks stärkerer Einbeziehung der Bevölkerung
in Genehmigungsverfahren. Weiters vermisst die pinke Fraktion einen einheitlichen rechtlichen Rahmen für Umweltschutzmaßnahmen
und beantragt deswegen ein Bundesnaturschutzgesetz. Weiters wurden zwei Anträge der Liste Pilz debattiert,
die sich gegen Mikroplastik in Kosmetika und die steuerliche Begünstigung von Heizöl richten. Neben der
Einbindung des Parlaments in die Erarbeitung einer integrierten Klima- und Energiestrategie beantragte die SPÖ
einen Stopp der geplanten Absiedelung des Umweltbundesamts aus Wien. Sämtliche Oppositionsanträge wurden
von den Regierungsparteien vertagt.
Abfallvermeidung: Mehr tun gegen Lebensmittelverschwendung
In ihrer Bürgerinitiative ( 6/BI) gegen die Verschwendung von noch nutzbaren Lebensmitteln fordern die UnterzeichnerInnen
ein Anti-Wegwerf-Gesetz. Ziel ist die Verringerung der Überproduktion und der Verschwendung von Lebensmitteln.
Zur Umsetzung werden unter anderem die Förderung der Sharing Economy und die Einführung von Müllwächtern
vorgeschlagen.
Laut Abfallwirtschaftsbericht ( III-121 d.B.) wurden in Österreich in den letzten Jahren vor allem bei der
Vermeidung von Lebensmittelabfällen Fortschritte erzielt. Dennoch sieht das Umweltministerium noch Handlungsbedarf
bei der Reduktion von Lebensmittelverschwendung, die bis 2030 um die Hälfte zurückgehen soll. Gleiches
gilt für den Bereich Re-Use, also der Weitergabe von gebrauchsfähigen Gegenständen, die man selbst
nicht mehr benötigt.
Insgesamt betrug das Abfallaufkommen in Österreich bei der letzten Messung 2015 rund 59,76 Mio. Tonnen (t).
Der Anstieg der Primärabfälle um 10,4% seit dem Vergleichsjahr 2009 mit 51,72 Mio. t ergab sich vor allem
aus den steigenden Mengen an Aushubmaterialien und anderen Faktoren des Bauwesens. Ebenfalls eine Steigerung gab
es beim Hausmüll (4,16 Mio. t), bei getrennt gesammelten Altstoffen und bei biogenen Abfällen. Gesunken
ist dagegen das Sperrmüllaufkommen. Prognosen auf Grundlage der erwarteten Entwicklung des Bruttosozialprodukts
und des Bevölkerungswachstums sagen für 2021 ein Gesamtabfallvolumen von rund 65,1 Mio. t voraus.
Ziel müsse es sein, das Wirtschaftswachstum von der Abfallproduktion zu entkoppeln, unterstrich Nachhaltigkeitsministerin
Elisabeth Köstinger, die für Abfallvermeidung Mehrwegsysteme als zentral ansieht. In Richtung Martha
Bißmann (PILZ) betonte Köstinger, dass höhere Recyclingquoten auch von den anderen EU-Ländern
eingefordert werden müssen und auf EU-Ebene eine Deponieverbot diskutiert werde. Auf die entsprechende Frage
Robert Laimers (SPÖ) entgegnete die Ministerin, dass die KonsumentInnen auch in die Erarbeitung von Abfallstrategien
involviert werden sollen und Bewusstsein bei ihnen geschaffen werden müsse. In Hinblick auf die Bürgerinitiative
kritisierte Laimer die Wichtigkeit des Themas Lebensmittelverschwendung. So würden viele verzehrbare Lebensmittel
auch schon vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatum weggeworfen. Auch Josef Riemer (FPÖ) konnte der Initiative
viel abgewinnen, deren Ziele seien ihm vertraut. Michael Bernhard (NEOS) konnte den Inhalt der Bürgerinitiative
nicht teilen, will aber in Diskussion mit den InitiatorInnen treten.
Laimer ortete im aktuellen Regierungsprogramm die Abschaffung des Elektronischen Datenmanagements (EDM). Dies sei
nicht geplant, unterstrich Köstinger, vielmehr sei eine Weiterentwicklung und Modernisierung des EDM. Bei
der Finanzierung der Altlastensanierung zeigte sich die Ministerin optimistisch. Von Michael Bernhard auf die Entwicklungen
rund um den HCB-Skandal angesprochen, bei dem Hexachlorbenzol im Kärntner Görtschitztal freigesetzt wurde,
entgegnete Köstinger, dass die Altlasten bereits vollständig gesichert wurden und bereits ein Umweltmonitoring
laufe, um derartige Vorfälle frühzeitig zu erkennen.
NEOS: Mehr Mitsprache für BürgerInnen und Bundesrahmen für Umweltschutz
Die Klima- und Energiepolitik Österreichs braucht gesellschaftliche Akzeptanz, um erfolgreich zu sein. Das
hält die Bürgerinitiative zur ökologischen Ausrichtung und sozialen Absicherung der Energiewende
( 27/BI) fest und fordert unter anderem eine verbesserte Gewährleistung der BürgerInnenrechte in den
Genehmigungsverfahren. Bei der Förderung der Erzeugung erneuerbarer Energien sollte zudem vermehrt auf den
nachzuweisenden Beitrag zur Vermeidung von Treibhausgasen und die Verwertbarkeit der erzeugten Energie abgestellt
werden.
Bürgerinitiativen, Umweltorganisationen und Einzelpersonen mehr Mitsprache- und Konsultationsrecht in Umweltangelegenheiten
einzuräumen, fordert auch NEOS-Umweltsprecher Michael Bernhard nachdrücklich ( 46/A(E)). Österreich
solle daher die dafür vorgesehene Aarhus-Konvention umsetzen. Weiters verlangt Bernhard ein bundesweit einheitliches
und effizient umgesetztes Bundesnaturschutzgesetz ( 51/A(E)). Da der Naturschutz in den Kompetenzbereich der Bundesländer
falle, ergäben sich derzeit strukturelle Probleme für den Umweltschutz, kritisiert der NEOS-Politiker.
Michael Bernhard (NEOS) und Martha Bißmann (PILZ) konnten der Bürgerinitiative einiges abgewinnen und
setzten sich dafür ein, die InitiatorInnen im Umweltausschuss anzuhören, um sich tiefer mit den Anliegen
auseinanderzusetzen. Man müsse bei Beteiligung von BürgerInnen in Entscheidungsverfahren von Umweltverträglichkeitsprüfungen
auf der Höhe der Zeit sein, wie Bernhard in der Debatte zu seinem Antrag bezüglich der Umsetzung der
Aarhus-Konvention betonte. Bei der Umsetzung bestehe dringender Handlungsbedarf, wie bei einem Expertenhearing
bereits 2014 festgestellt wurde, betonte Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ). Da es bereits eine Arbeitsgruppe zur
Umsetzung der Aarhus-Konvention gebe, beantragte Christoph Stark (ÖVP) die Vertagung des Antrags. Ebenfalls
vertagt wurde der Antrag für ein Bundesumweltschutzgesetz. Peter Gerstner (FPÖ) begründete die Vertagung
damit, dass es dabei zu Kompetenzkonflikten komme und das Justizministerium bereits an Vereinfachungen in diesem
Bereich arbeite. Derzeit befinde sich diesbezüglich eine Analyse in Ausarbeitung, wie Umweltministerin Elisabeth
Köstinger festhielt. Der Bund übe aber bereits verstärkt Einfluss auf den Naturschutz, wie insbesondere
Natura 2000-Projekte zeigten.
Liste Pilz: Mikroplastik und Heizöl zurückdrängen
Gegen Mikroplastik in Kosmetika tritt Liste Pilz-Umweltsprecherin Martha Bißmann in ihrem Antrag ( 119/A(E))
auf. Diese kleinen Plastikartikel würden über Kläranlagen in Gewässer und Meere sowie schließlich
in die Nahrungskette des Menschen gelangen, also beträchtliche Schadenswirkung haben. Die Regierung habe folglich
alles daran zu setzen, Mikroplastik aus Gütern des täglichen Gebrauchs zu verbannen.
Die aktuelle steuerliche Begünstigung von Heizöl gegenüber Diesel kritisiert Bißmann ebenfalls.
Konkret fordert sie, binnen drei Jahren schrittweise die Sätze der Mineralölsteuer (MÖSt) – Heizöl
Extraleicht 9,8 Cent/Liter, Diesel 39,7 Cent/Liter - auf Dieselniveau anzupassen ( 121/A(E)). Neben einer Minderung
der Treibhausgasemissionen durch die Zurückdrängung von Heizöl sieht die Umweltsprecherin der Liste
Pilz in der Verteuerung dieses fossilen Energieträgers auch volkswirtschaftlichen Nutzen, da Österreich
weniger abhängig von Energieimporten aus politisch instabilen Regionen wäre und ein Ausbau erneuerbarer
Energieformen zusätzliche Arbeitsplätze schaffe.
Das Heizölprivileg sei bereits mit der ÖVP diskutiert worden und werde in der Klima- und Energiestrategie
der Regierung berücksichtigt, unterstrich Gerhard Deimek (FPÖ), der daher die Vertagung des Antrags forderte.
Er könne dem Antrag zwar einiges abgewinnen, hinterfragte allerdings die Konsequenzen einer unmittelbaren
Abschaffung des Privilegs für NiedrigverdienerInnen. Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) rechnete vor, dass es
dadurch zu einer Vervierfachung der Heizkosten käme. Daher sei eine schrittweise Abschaffung zu bevorzugen,
stimmte die SPÖ-Mandatarin mit Michael Bernhard (NEOS) überein. Flankierende Maßnahmen, wie die
Förderung von Alternativen, sowie eine Umsetzung innerhalb von drei Jahren seien vorgesehen, verteidigte Bißmann
ihren Antrag. Ihr Antrag zur Abschaffung von Mikroplastik wurde auf Initiative von Ernst Gödl (ÖVP) vertagt,
da die Europäische Kommission vor Kurzem diesbezüglich eine Strategie veröffentlicht hat und daher
Legislativvorschläge abgewartet werden müssten.
SPÖ für aktive Klimapolitik im Parlament, gegen Übersiedlung des Umweltbundesamts
Grundsätzliche Appelle zur österreichischen Umweltpolitik richtet die SPÖ an Bundesministerin Köstinger.
Der sozialdemokratische Umweltsprecher Klaus Uwe Feichtinger erwartet, dass die Regierung das Parlament aktiv in
die Erstellung der integrierten Klima- und Energiestrategie einbindet ( 148/A(E)). Bislang habe die Regierung nur
angekündigt, die Bundesländer und Stakeholder zu den Gesprächen einladen zu wollen. Ein nationales
Klimaschutzkomitee allein wäre kein probates Instrument, um das Parlament in die Erstellung der Klima- und
Energiestrategie einzubeziehen. Die Vertagung des Antrags wollte Christian Pewny (FPÖ) mit dem Hinweis auf
laufende Erhebungen.
Vehement fordert Feichtinger überdies von Ministerin Köstinger, die Absiedelung des Umweltbundesamts
(UBA) nach Klosterneuburg zu stoppen ( 146/A(E)). Diesbezügliche Pläne seien gesetzwidrig, weist Feichtinger
auf die Verortung des Umweltbundesamtes in Wien gemäß geltendem Umweltkontrollgesetz hin.
Nachdrücklich hinterfragte im Umweltausschuss Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) den Nutzen einer Absiedlung des
Umweltbundesamts, gerade aus ökologischer Sicht. Immerhin sei ein vermehrter Pendelverkehr der MitarbeiterInnen
aus Wien zu ihrem Arbeitsplatz in Klosterneuburg zu erwarten. Zudem befürchtet sie ein Ausscheiden vieler
ExpertInnen aus der Kontrollstelle, da die UBA-Belegschaft die Übersiedlung ablehne. Wien habe dem Ministerium
15 Ersatzvorschläge zur Ansiedlung des Bundesamts unterbreitet, Antwort habe es darauf keine gegeben, hielt
Rendi-Wagner der Ministerin vor. Diese meinte wiederum, aus Wien lediglich Mietangebote erhalten zu haben, die
für eine langfristige Standortplanung nicht zielführend seien.
Erhöhter Pendelverkehr könne dank der guten öffentlichen Verkehrsanbietung Klosterneuburgs an Wien
leicht vermieden werden, verteidigte Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger die Wahl des Standorts.
Die mehrfach von der Opposition im Ausschuss hinterfragte Stärkung des ländlichen Raums durch die UBA-Verlegung
ist für Ministerin Köstinger nicht das Hauptziel der Übersiedlung, was Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ)
begrüßte. Vielmehr wolle ihr Ministerium die unterschiedlichen, teilweise sanierungsbedürftigen
Standorte des UBA aus betriebswirtschaftlicher Sicht in einem Neubau bündeln, das Land Niederösterreich
habe für den Standort Klosterneuburg Förderungen zugesagt. Die Zusammenführung verschiedener Standorte
begrüßte auch Friedrich Ofenauer (ÖVP), der aufgrund der derzeit laufenden betriebswirtschaftlichen
Überprüfung der Übersiedlung die Vertagung des Antrags beantragte.
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