Steiermark: Orte und Zeichen der Erinnerung 

 

erstellt am
13. 03. 18
13:00 MEZ

Erinnerungszeichen für die Opfer von Nationalsozialismus und Krieg in der Steiermark
Graz (lk) - Am 12. März 1938 erfolgte der Anschluss Österreichs an das damalige nationalsozialistische Deutschland. In der Steiermark gibt es unzählige Erinnerungszeichen an die Gräueltaten des Nationalsozialismus und an die Opfer dieser schrecklichen Zeit. Auf Basis eines einstimmigen Landtagsbeschlusses im April 2017 wurde im Auftrag des Landtages Steiermark eine repräsentative Dokumentation der Erinnerungslandschaft in der Steiermark in Form eines Buchprojektes erarbeitet. Anlässlich des Gedenkens des 80. Jahrestages des Anschlusses wurde das Buch nun am 12. März im Sitzungssaal des Landtages unter Anwesenheit höchster politischer Vertreterinnen und Vertretern des Landes präsentiert.

„Orte und Zeichen der Erinnerung - Erinnerungszeichen für die Opfer von Nationalsozialismus und Krieg in der Steiermark" dokumentiert erstmals vollständig die vielfältigen Erinnerungszeichen für die Opfer von Nationalsozialismus und an den Krieg in der Steiermark. Es würdigt damit die Opfer und hält die Erinnerung an sie wach. Außerdem zeigt es die vielfältigen gesellschaftlichen und politischen Wandlungen im Umgang mit dem Nationalsozialismus und seinem Erbe seit dem Ende des nationalsozialistischen Unrechtsregimes auf. Die drei Autoren Heimo Halbrainer, Gerald Lamprecht und Georg Rigerl geben auf rund 400 Seiten in Text und Bild einen tiefen Einblick in die Erinnerungskultur der Steiermark und schufen somit eine bisher noch nie da gewesene detaillierte Illustration zu diesem wichtigen Thema.

Landtagspräsidentin und Initiatorin des Buchprojektes Bettina Vollath weist auf die Wichtigkeit dieses Werkes hin und führt aus: „Gerald Lamprecht, Heimo Halbrainer und Georg Rigerl legen mit diesem Buch die erste umfassende Dokumentation darüber vor, woran über die Jahrzehnte in der Steiermark erinnert wurde - und was zu gewissen Zeiten doch lieber vergessen wurde. Es zeigt die Dimensionen der Vernichtung durch Faschismus und Krieg auf und liefert Beiträge dazu, die Erinnerung wach zu halten, die einzelnen Phasen der Erinnerung kritisch zu reflektieren und es lädt dazu ein, das Gelesene anhand von Entwicklungen in der Gegenwart zu messen und zu bewerten. Im besonderen Maße das zuletzt genannte ist mein großes Herzensanliegen und etwas, wofür ich nicht müde werde zu werben: Es geht immer wieder darum, nicht ausschließlich der Geschehnisse zu erinnern, sondern auch heutige Entwicklungen im Lichte der damaligen Ereignisse kritisch zu beurteilen."

Über 200 Gäste kamen zu dieser feierlichen Buchpräsentation ins Landhaus, davon viele hochrangige Vertreterinnen und Vertreter der offiziellen Steiermark, an der Spitze Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer und Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer, welche auch Grußworte sprachen.

Für Landeshauptmann Schützenhöfer steht fest, dass sich das Gedenken nicht in leeren Ritualen erschöpfen darf, sondern eine ständige Herausforderung für eine präventive Erinnerungskultur sein muss, um aus der Vergangenheit Lehren für die Zukunft zu ziehen. „Friede, Freiheit und Demokratie sind keine ungefährdeten Selbstverständlichkeiten, sondern müssen täglich neu geschützt, errungen und gelebt werden. Die Orte und Zeichen der Erinnerung im ganzen Land sind dazu wichtige Ermahnungen und geben dafür wichtige Impulse. In diesem Sinne sollen wir alle unseren Beitrag leisten. Ich danke allen Beteiligten an diesem so wichtigen Projekt für ihr großes Engagement", so Schützenhöfer.

Landeshauptmann-Stellvertreter Schickhofer bekräftigte: „Vor 80 Jahren brannte sich der Gedanke des Nationalsozialismus in die Köpfe der Menschen. Er wütete in weiterer Folge wie ein Inferno in Europa und hinterließ nichts als Schutt und Asche. Wir dürfen nicht vergessen wozu ein Gedanke führen und welche Gräueltaten er heraufbeschwören kann. Ich danke den Autoren für die Veröffentlichung dieses Buches. Es stellt die Erinnerung an diese Taten sicher und würdigt die vielen Opfer des Nationalsozialismus."

Zwei Jahre lang arbeiteten die drei Autoren an dem Werk, welches nunmehr eine Lücke in der steirischen Literaturlandschaft schließt. „An wen und was man sich erinnert, ist wesentlich für die Frage, wer man als Mensch und Gesellschaft ist. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, seinen Verbrechen sowie seinen Opfern und jenen die sich dagegen zur Wehr gesetzt haben, trägt wesentlich dazu bei, uns unserer demokratischen und rechtsstaatlichen Grundwerte zu versichern", so Gerald Lamprecht, Historiker und Leiter des Centrums für Jüdische Studien der KFU-Graz.

Heimo Halbrainer, Historiker und Leiter von CLIO Graz betonte: „Mahnmäler und Gedenktafeln sind die Materialisationen des Geschichtsbewusstseins im Alltag. Sie machen sichtbar, welche Ereignisse und welche Personen von welchen gesellschaftlichen Gruppen zu bestimmten Zeiten für erinnerungswürdig gehalten werden und daraus abgeleitet, welche Sinngebung auch für die Zukunft Bestand haben sollte." Georg Rigerl, Kunstpädagoge und Fotograf beinahe aller Bilder im Buch, bekräftigte: „So wie Erinnerung verblasst, altern und verschwinden Denkmäler und werden wieder unsichtbar. Erinnerung lebendig und die Erinnerungslandschaften sichtbar zu halten erfordert immer wieder neue Anstrengungen. Dazu soll diese Dokumentation anregen und beitragen."

Über die Autoren:
Gerald Lamprecht
ist Historiker und Leiter des Centrums für Jüdische Studien der Karl-Franzens-Universität Graz. Seine Forschungsschwerpunkte sind jüdische Geschichte des 19. und 20. Jahrhundert, die Geschichte des Antisemitismus, Geschichte des Ersten Weltkriegs sowie NS-Herrschaftssystem, Verfolgungsgeschichte der Jüdinnen und Juden, Vermögensentzug und Gedächtnisgeschichte. Derzeit befasst er sich u.a. mit der Erfahrungs- und Erinnerungsgeschichte des Ersten Weltkrieges aus jüdischer Perspektive.

Heimo Halbrainer
ist Historiker, Leiter von CLIO Graz und Mitarbeiter am Centrum für Jüdische Studien der Universität Graz. Forschungsschwerpunkte und Publikationen zur NS-Herrschaft, zum Widerstand, jüdische Regionalgeschichte sowie dem Umgang mit der NS-Zeit nach 1945 (Erinnerungskultur und Justizgeschichte).

Georg Rigerl
Studium der Malerei, Grafik und Kunstpädagogik; 1975 bis 2013 Lehrtätigkeit am BG/BORG (HIB) Liebenau in Graz; Arbeit mit unterschiedlichen visuellen Medien.

 

 

 

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