Endbericht der Kommission wurde heute präsentiert
Graz (stadt) - Der rund 1.000 Seiten umfassende Abschlussbericht der Straßennamenskommission liegt
vor: 1.630 Verkehrsflächen der Landeshauptstadt wurden untersucht, 793 davon sind personenbezogen, 86 „unverdächtig"
Die verbleibenden 707 wurden effektiv geprüft: 625 davon weisen keine historisch kritischen Ansätze auf,
82 (das sind rund zwölf Prozent) jedoch sehr wohl. Und darunter wiederum stufte die heterogen zusammengesetzte
Kommission 20 als höchst bedenklich ein. Handelsempfehlungen waren nicht im Auftrag inkludiert. Nachdem der
Bericht dem Gemeinderat in der nächsten Sitzung präsentiert wird, will man sich fraktionsübergreifend
Gedanken machen, welche Maßnahmen getroffen werden sollen (Umbenennung, Zusatztafeln, etc.). Auch an BürgerInnenbeteiligung
wird gedacht.
Lob an die Stadt für Bereitschaft zum Diskurs
Am 3. Juli 2014 wurde der Auftrag zur Prüfung sämtlicher Grazer Straßennamen vom Gemeinderat
erteilt. Eine 14-köpfige Kommission unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Stefan Karner und seiner Stellvertreterin
Prof. Dr. Karin Schmidlechner formierte sich und durchleuchtete über knapp vier Jahre hinweg insgesamt 1.630
Verkehrsflächen (Straßen und Plätze) in der Landeshauptstadt hinsichtlich ihres Namens. Die Mitglieder,
die aus den unterschiedlichsten Bereichen stammen, diskutierten in vielen Stunden und meist äußerst
heftig. Einstimmig fielen jedoch stets ihre Beschlüsse und so auch jener, aus 82 kritisch zu bewertenden Straßennamen
20 als höchst bedenklich zu extrahieren. „Es ist eine äußert schwierige und auch besonders sensible
Aufgabe. Viele Tatbestände lassen sich heute nicht mehr rekonstruieren, wir kennen oft nicht die Gründe
für die einstige Zuerkennung des Straßennamens, es fehlen wichtige biografische Daten und so weiter",
versuchte Karner die Problematik, die sich der Expertenrunde immer wieder stellte, zu beschreiben.
In jedem Fall hat die Kommission ihren Auftrag erfüllt und mit dem rund 1.000 Seiten umfassenden Werk eine
wichtige Grundlage für die weitere Vorgehensweise und für die Aufarbeitung geschaffen. „Es lag nicht
an uns, Empfehlungen oder unsere Meinung abzugeben", betonte Karner. Der Historiker bedankte sich jedoch bei
den Mitgliedern der Stadtregierung, lobte die Bereitschaft der Stadt, hier Aufklärungsarbeit zu leisten und
vermerkte: „Wir hatten bei unserer Arbeit stets freie Hand, es wurde nie und von niemanden dreingeredet."
Nichts ist ausgeschlossen
Der Ansatz Karners, Verkehrsflächen als Denkmäler zu betrachten, gefiel Bürgermeister Nagl besonders
gut. „Wir werden unsere restlichen Denkmäler auch unter die Lupe nehmen." Der vollständige Bericht
der Straßennamenskommission wird in der nächsten Gemeinderatssitzung im April präsentiert und davor
in den Ausschüssen diskutiert. Danach will man über die weitere Vorgehensweise - ob nun Zusatztafeln
montiert oder Namen geändert werden, vielleicht auch künstlerische Interventionen zum Zug kommen - genau
prüfen und verantwortungsvoll abwiegen. Auch die Bevölkerung soll dabei zu Wort kommen, wie ein Vorschlag
von Schmidlechner lautete. „Ich schließe nichts aus, wünsche mir aber eine gemeinsame Vorgehensweise",
betonte Nagl. In Salzburg beispielsweise habe man es so gelöst, dass Zusatztafeln, formuliert von einer HistorikerInnen-Kommission,
angebracht wurden.
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