Nationalrat diskutiert mit Nachhaltigkeitsministerin EU-Vorhabensbericht zu Umwelt und Landwirtschaft
Brüssel/Wien (pk) - Klimaschutz, EU-Energiepaket, Gemeinsame Agrarpolitik – diese Schlagworte sorgten
für eine lebhafte Diskussion im Nationalrat, als der EU-Vorhabensbericht des Nachhaltigkeitsministeriums auf
der Tagesordnung der Sitzung vom 21. März stand. Während die Opposition klare Aussagen zur österreichischen
Klimapolitik vermisst, werten die Regierungsfraktionen die umweltpolitischen Pläne, nicht zuletzt in Hinblick
auf den EU-Vorsitz Österreichs im 2. Halbjahr 2018, als richtungsweisend.
Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger unterstrich mit Hinweis auf die integrierte Klima- und Energiestrategie,
Umwelt- und Klimaschutz stünden im Mittelpunkt der Arbeit ihres Hauses. Immerhin müssten heuer auf EU-Ebene
noch viele Umweltagenden beschlossen werden. Den Bericht nahm das Plenum mehrheitlich an, abgelehnt wurde ein SPÖ-Entschließungsantrag
gegen das geplante EU-Freihandelsabkommen mit Südamerika.
Maßnahmen gegen Klimaerwärmung steigern
Zur Umsetzung der Vorgaben aus dem Pariser UN-Klimaabkommen von 2015 müssen die EU-Mitgliedsstaaten bis zur
nächsten Klimakonferenz der Vereinten Nationen zu Jahresende noch eine gemeinsame Position finden, schreibt
das Nachhaltigkeitsministerium im Bericht über EU-Klimaschutzvorhaben. Entscheidende Frage bei den Verhandlungen
ist demnach, wie Maßnahmen, die den Temperaturanstieg der Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen, gesteigert
werden können. Besonders hinsichtlich der notwendigen Reduktion von Treibhausgas-Emissionen gibt es viel zu
tun: Gemäß aktuellem Reduktionsziel will die EU 40% an CO2 bis 2030 im Vergleich zu 1990 einsparen.
Köstinger sieht dichtes Arbeitsprogramm im Umweltbereich
Bundesministerin Köstinger umriss das Programm der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs im 2.
Halbjahr 2018. Extrem viele Vorhaben gelte es zu bewältigen, nannte sie beispielsweise den Abschluss der Brexit-Verhandlungen
und den mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union. Zahlreiche Vorhaben beziehungsweise EU-Legislativvorschläge
gebe es auch in den Bereichen Umwelt, Klima- und Energiepolitik, Landwirtschaft und Fischerei sowie in der Kohäsionspolitik.
Neben Vorschlägen der EU-Kommission zur Regelung der CO2-Emissionen bei PKWs und LKWs würden bei den
Ratssitzungen unter anderem die Zukunft der Abfallwirtschaft und eine Strategie zur Vermeidung von Plastik sowie
eine Waldstrategie im Zusammenhang mit dem Klimaschutz debattiert.
Das EU-Energiepaket ist für Köstinger ein wichtiger Meilenstein zur Umsetzung der Klimaziele unter dem
Dach der Energieunion, die ebenfalls unter Österreichs Vorsitz finalisiert werden soll. Im Agrarbereich plane
die EU-Kommission Legislativvorschläge im April beziehungsweise Mai vorzulegen, so die Ministerin, eine der
wichtigsten Fragen für das EU-Agrarmodell der Zukunft sei die Finanzierung. In der EU-Kohäsionspolitik
werde eine thematische Ausrichtung im Sinne einer effizienten Mittelverwendung bei vereinfachter Verwaltung angestrebt.
Opposition verlangt mehr Einsatz…
Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ) übersetzte die Ziele der heimischen Umweltpolitik mit "more of the same".
Besonders hinsichtlich Budgetierung vermisst Feichtinger genaue Angaben über Zukunftsprojekte, zumal auch
bei der Budgetrede von Finanzminister Hartwig Löger und bei Kanzler Sebastian Kurz' Schwerpunktsetzung zur
EU-Ratspräsidentschaft Klimafragen keine Rolle gespielt hätten. Dabei brauche es für eine erfolgreiche
integrierte Klima- und Energiestrategie unbedingt ausreichend Budgetmittel. Eine konkrete österreichische
Positionierung in der Umwelt- und Klimapolitik erkennt Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) nicht, verwies sie auf den
Bericht des Ministeriums über diesbezügliche EU-Vorhaben. Sie verlangt hier mehr Transparenz, das Schlagwort
Nachhaltigkeit allein reiche nicht aus. "Nachhaltigkeit bedeutet, dass wir künftigen Generationen einen
lebenswerten Planeten hinterlassen", verdeutlichte die ehemalige Gesundheitsministerin und kritisierte, die
Regierung denke vorrangig an die Vorteile für Wirtschaft und Landwirtschaft.
NEOS-Abgeordneter Michael Bernhard meinte ebenfalls, die zuletzt im Umweltausschuss behandelten Berichte des Ressorts
ließen kaum Schlüsse auf die Haltung Österreichs in der Umweltpolitik zu. "In den letzten
Jahren war die Umweltpolitik in der Geiselhaft des Bauernbundes", erboste sich Bernhard über mangelhafte
Maßnahmen zur Reduktion der CO2-Emmissionen, zur Zurückdrängung von Ölheizungen oder für
mehr thermische Sanierung. Für die Liste Pilz zitierte Martha Bißmann aus dem Vorhabensbericht "Atomkraft
ist keine Antwort auf den Klimawandel" und rief dazu auf, EU-Subventionen für Nuklearenergie zu streichen.
Entsprechende Zahlungen an den Atommeiler Hinkley Point C in Großbritannien etwa böten Österreich
die Gelegenheit, sich für einen gesamteuropäischen Atomausstieg einzusetzen. Energiesparen und erneuerbare
Energien müssten forciert werden, 45% mehr erneuerbare Energieträger seien nötig, um die Erderwärmung
tatsächlich auf weniger als 2°C zu beschränken, unterstrich Bißmann. Sie erwartet von den Abgeordneten,
beim Klimaschutz über parteipolitische Grenzen hinweg an einem Strang zu ziehen. Vorreiter solle Österreich
auch beim Verbot von Mikroplastik sein.
Große Bedenken äußerte schließlich Doris Margreiter (SPÖ) in Bezug auf das anvisierte
Freihandelsabkommen mit der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft MERCOSUR, das die EU-Kommission aktuell
verhandelt, um Importe über Rohstoffe hinaus auszuweiten. Österreichs Standards zum Schutz der Umwelt
und des ländlichen Raums würden dabei aufs Spiel gesetzt, warnt Margreiter in einem eigenen Antrag vor
der Unterzeichnung des Abkommens. Als Gründe für ihre Ablehnung nennt sie Praktiken wie Pestizidnutzung
und Brandrodung in der südamerikanischen Landwirtschaft, Hygienemängel der Produkte und nicht zuletzt
die Erhöhung der Einfuhrkontingente in die EU, worunter die heimische Landwirtschaft massiv leiden würde.
"Es braucht fairen und gerechten Handel", appellierte die Sozialdemokratin, die durch das Freihandelsabkommen
einen Schaden für den Standort Österreich befürchtet.
Regierungsparteien sehen Zukunftsmodell für Umwelt und Wirtschaft
Klar positiv werteten hingegen die RednerInnen der ÖVP die umweltpolitischen Pläne der Regierung. Budgetäre
Angaben im Bereich Umwelt hätten vor der Präsentation des Budgets gar nicht gegeben werden können,
richtete Johannes Schmuckenschlager der SPÖ aus, wobei er anmerkte, eine Mittelerhöhung garantiere keine
automatische Verbesserung: "Mehr Geld ist nicht mehr Effizienz". Anlässlich des heutigen internationalen
Tag des Waldes würdigte Schmuckenschlager den hohen Mehrwert der Waldbewirtschaftung für Klimaschutz
und Wirtschaft. Nur mit einer ökonomisch, ökologisch und sozial verträglichen Herangehensweise ließen
sich die Klimaziele realisieren, betonte Schmuckenschlager, der sich außerdem nachdrücklich gegen den
Einsatz von Palmöl, zum Beispiel in Biodiesel, aussprach.
Ein klares Bekenntnis zum Klimaschutz und zur Ressourcenschonung sowie gegen Atomkraft liest Martina Diesner-Wais
(ÖVP) aus dem Bericht des Nachhaltigkeitsministeriums. "Wir in Österreich sind im Bereich der erneuerbaren
Energien Vorreiter", erinnerte sie außerdem an den 70%igen Anteil dieser Energieformen bei der Stromproduktion.
Bis 2030 wolle die Regierung den Anteil auf 100% steigern. Der Schutz von Wasser werde den Ratsvorsitz ebenso prägen
wie der Erhalt der Biodiversität, für die man eine eigene Strategie ausarbeite, kündigte Diesner-Wais
an. Maßgeblich sei in all diesen Bereichen die Landwirtschaft, die schon deswegen unterstützt werden
müsse. Aus dem breiten Themenspektrum des Berichts griff ihr Fraktionskollege Josef Smolle folglich die Landwirtschaft
heraus. Die EU stehe in der Agrarpolitik vor intensiven Verhandlungen über die Förderungen. Als "wesentlicher
Träger des Umweltschutzes", der wiederum die Grundlage für erfolgreichen Tourismus bilde, spielten
landwirtschaftliche Betriebe in Österreich eine herausragende Rolle, sagte Smolle, der wie Johann Rädler
(ÖVP) drohende Kürzungen bei EU-Agrarförderungen dezidiert ablehnt. In Sachen Nachhaltigkeit gibt
es laut Rädler im Energiebereich und im Verkehrssektor noch "Luft nach oben".
Den Einsatz der Regierung gegen Atomkraftwerke in der EU begrüßte namens der FPÖ Walter Rauch.
Es gehe für Österreich darum, beim Kampf gegen Nuklearenergie "ein Zeichen zu setzen". Das
Arbeitsprogramm der Regierung zur EU-Ratspräsidentschaft nannte Rauch hinsichtlich Klima- und Umweltschutz
sowie Landwirtschaft "ambitioniert", aber wichtig. Gerade bei der Kreislaufwirtschaft sieht er viel Zukunftspotential,
ebenso im Schutz der Biodiversität. Der Naturschutz sollte jedenfalls in mehreren Politikbereichen forciert
werde, schenkte er in diesem Zusammenhang dem Schutz der Ressource Wasser besonderes Augenmerk.
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