Eigenes Amtssitzabkommen für die OSZE; Einspruch gegen Beitritt Tunesiens zu Urkundenübereinkommen
Wien (pk) - Im Juli 2017 haben sich 122 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen für ein völkerrechtliches
Nuklearwaffenverbot ausgesprochen. Mit der einstimmigen Ratifizierung im Nationalrat vom 21. März ist Österreich
eines der ersten Länder, das den entsprechenden Atomwaffen-Verbotsvertrag ratifiziert. Einhellige Zustimmung
gab es außerdem für das eigene Amtssitzabkommen für die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit
in Europa (OSZE) sowie den Einspruch Österreichs gegen den Beitritt Tunesiens zu internationalem Urkundenübereinkommen.
Parlamentsfraktionen über globales Wettrüsten besorgt
Der Atomwaffen-Verbotsvertrag ist ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen zur weltweiten nuklearen Abrüstung
und untersagt den Vertragsstaaten, Atomwaffen zu entwickeln, herzustellen oder an andere Staaten weiterzugeben.
Die Vertragsstaaten verpflichten sich außerdem dazu, keinen anderen Staat bei der Entwicklung oder Einsetzung
von Atomwaffen zu unterstützen oder ihn dazu zu verleiten. Nicht toleriert werden dürfen zudem Kernwaffen
anderer Staaten auf dem eigenen Hoheitsgebiet.
Das Abkommen beinhaltet auch die Möglichkeit für einen Beitritt bzw. ein Abrüstungsverfahren für
jene Staaten, von denen bekannt ist oder angenommen wird, dass sie derzeit Kernwaffen besitzen - darunter Frankreich,
das Vereinigte Königreich, China, Nordkorea, Russland, Israel oder die USA. Der Vertrag tritt in Kraft, sobald
50 Staaten unterzeichnet haben.
"Hinter diesem Anliegen stehen wir felsenfest", unterstrich Markus Tschank die Position der Freiheitlichen
und erinnerte an die verheerenden Auswirkungen der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki in der Mitte
des 20. Jahrhunderts. Das Schreckensszenario eines atomaren Dritten Weltkrieges dürfe niemals Realität
werden, sagte Tschank, das damalige atomare Wettrüsten bzw. die politische Stimmung zwischen Ost und West
sei heute vergleichbar angespannt. Großmächte wie die USA hätten sich sicherheitspolitisch nicht
weiterentwickelt, das Anti-Atomwaffen-Abkommen sei in erster Linie eine Reaktion der UNO auf die Nichteinhaltung
des Atomwaffensperrvertrags von 1968.
Angesprochen wurden aktuelle globale Herausforderungen wie der Klima- und Ressourcenmangel, diktatorische Entwicklungen
sowie das globale Wettrüsten auch von Reinhold Lopatka und Stefan Schnöll (beide ÖVP). Sorgen bereitet
den Abgeordneten etwa die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, kleinere Atomwaffen mit vergleichsweise
geringerer Sprengkraft produzieren zu wollen. Umso wichtiger sei die Rolle Österreichs als Brückenbauer
und Vermittler in der Anti-Atom-Politik, so Lopatka und Schnöll.
Seitens der SPÖ bezeichnete Petra Bayr das Abkommen als wichtigen Schritt für die Vision einer atomwaffenfreien
Welt. Es werde zwar noch ein weiter Weg sein, bis man dort ankomme, sie sei allerdings stolz, was Österreich
bisher in der Anti-Atompolitik geleistet habe. Etwa habe die in Wien gegründete NGO ICAN (International Campaign
to Abolish Nuclear Weapons) zur Abschaffung von Atomwaffen 2017 den Friedensnobelpreis erhalten. Vor diesem Hintergrund
nicht nachvollziehen könne sie, warum UNO-Initiativen in den Budget-Wirkungszielen für 2018 und 2019
reduziert werden sollen.
Im Zusammenhang mit einer im Ausschuss vertagten Allparteien-Entschließung zur Ausweitung des UNO-Mandats
MINURSO in der Westsahara appellierte Bayr zudem an Außenministerin Kneissl, keine fremdbestimmte Außenpolitik
zu machen. Hier habe man dem marokkanischen Botschafter und Frankreich nachgegeben, bemängelte sie.
Besorgt über den wiederentflammten Rüstungswettlauf zeigte sich ebenfalls Harald Troch (SPÖ), das
Anti-Atomwaffen-Abkommen sei deshalb richtungsweisend. Eine Welt ohne Atomwaffen sei in humanitärer, sozialer
aber auch in ökologischer Hinsicht absolut notwendig. "Wir leben in einer Welt mit einem gigantischen
Risiko. Ein falscher Knopfdruck oder Alarm und ganze Landstriche sind entvölkert", sagte Troch, am Ende
gehe es um das Überleben der Menschheit selbst.
Von den NEOS machte Stephanie Krisper (NEOS) darauf aufmerksam, dass neun Staaten mehr als 17.000 Atomwaffen besitzen.
Im Hinblick auf die hitzige Situation etwa zwischen der USA und Nordkorea beurteilt auch sie diesen Umstand als
problematisch. Das Abkommen sei ein wichtiger Schritt, der Schutz von Menschenleben könne nur durch friedenserhaltende
bzw. –stiftende Politik gewährleistet werden. Deshalb stehe ihre Fraktion auch für mehr Anstrengungen
in einer gemeinsamen europäischen Sicherheitspolitik ein.
Ungeachtet des Konsens über die Gefahr von Nuklearwaffen haben die Parlamentsfraktionen darüber hinaus
in einer Entschließung festgehalten, dass die Sicherheit Europas und die Zusammenarbeit mit allen europäischen
Partnern in keiner Weise durch das Abkommen beeinträchtigt werden soll. Demnach fordern sie die Regierung
auf, sich weiterhin im Rahmen der Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, der strukturieren
Zusammenarbeit (PESCO) für die Sicherheit Europas einzusetzen und auch die Zusammenarbeit im Rahmen der NATO-Partnerschaft
für Frieden fortzusetzen. Zudem soll die Regierung aus ihrer Sicht das Anti-Atomwaffen-Abkommen zum Anlass
nehmen, weitere Initiativen in der nuklearen Abrüstung zu setzen.
Offizielles Amtssitzabkommen mit der OSZE
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bekommt ein eigenes Amtssitzabkommen.
Bisher sind Privilegien und Immunitäten der seit 1995 in Wien ansässigen Organisation wie die Befreiung
von der Sozialversicherungsbeitragspflicht bzw. freiwillige Beitragsleistungen im OSZE-Gesetz normiert, das allerdings
u.a. auf das Amtssitzabkommen mit den Vereinten Nationen verweist. Wie für internationale Organisationen mit
Völkerrechtscharakter üblich, werden diese rechtlichen Rahmenbedingungen nun in einem eigenen Amtssitzabkommen
geregelt. Für den Status der Organisation und deren MitarbeiterInnen bzw. die Ständigen Vertretungen
und Delegationen der teilnehmenden Staaten bzw. der Kooperationspartner wird sich dadurch nichts ändern. Damit
das Abkommen in Kraft treten kann, braucht es auch die Zustimmung des Bundesrats.
Nachdem die OSZE nun Völkerrechtscharakter habe, sei es höchste Zeit für das Amtssitzabkommen, unterstrich
Josef Lettenbichler (V). Österreich könne stolz sein, dass die OSZE als weltweit größte Sicherheitsorganisation
ihren Sitz in Wien hat.
Einspruch Österreichs gegen Beitritt Tunesiens zu internationalem Urkundenübereinkommen
Bedenken gegenüber der Echtheit und Richtigkeit sind der Grund für den Einspruch Österreichs gegen
den Beitritt Tunesiens zu einem internationalen Übereinkommen, das ausländische öffentliche Urkunden
von der Beglaubigung befreit. Seitens der Freiheitlichen verwies Roman Haider auf das niedrige Einkommensniveau
sowie die anhaltende Korruption in Tunesion, weshalb nicht auszuschließen sei, dass dort gefälschte
Urkunden erworben werden können. Auch Stefan Schnöll (ÖVP) ist der Meinung, dass die Urkundensicherheit
in dem Land keinesfalls gewährleistet ist. Tunesion sei zwar eines der wenigen Länder in der arabischen
Welt, das sich schrittweise zu einem demokratischen System entwickle, die Korruption sei allerdings noch immer
sehr stark vorhanden.
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