Wien (meduni) - Die neurodegenerative Erkrankung Morbus Alzheimer ist die häufigste Ursache für Demenz.
Eine Forschungsgruppe um die Molekularbiologen Fabian Dorninger und Johannes Berger des Zentrums für Hirnforschung
der MedUni Wien untersuchte die Veränderungen von bestimmten Lipiden („Cholin-Phospholipiden“) im Blutplasma
von gesunden und an Alzheimer erkrankten älteren Menschen. Es konnte nachgewiesen werden, dass die normale,
altersbedingte Veränderung der Blutwerte auch bei erkrankten PatientInnen auftritt, jedoch in deutlich stärkerem
Ausmaß. Die Studie wurde im „Journal of Alzheimer’s Disease“ veröffentlicht.
In Österreich leben aktuell 115.000 bis 130.000 Menschen mit einer Demenzerkrankung. Schätzungen zufolge
soll sich diese Zahl bis ins Jahr 2050 verdoppeln. Bei Demenz kommt es durch das Absterben von Gehirnzellen zum
Abbau kognitiver und sozialer Fähigkeiten. In sechzig bis achtzig Prozent aller Fälle liegt die Ursache
in der Grunderkrankung Morbus Alzheimer, einer fortschreitenden Beeinträchtigung des Gedächtnisses und
Denkens.
Um Alzheimer möglichst früh diagnostizieren zu können, forschen medizinische NeurowissenschafterInnen
nach geeigneten Biomarkern im Blut. In der medizinischen Literatur gelten Phospholipide, die in der Zellmembran
enthalten sind, als vielversprechend. Die Forschungsgruppe um Johannes Berger analysierte tiefgefrorene Blutproben
der TeilnehmerInnen an der über mehrere Jahre laufenden „Vienna Transdanube Aging Study“ (VITA-Studie) des
Ludwig Boltzmann Instituts für Altersforschung.
Dabei wurden 174 ProbandInnen von deren 75. Geburtstag an über 7,5 Jahre hinweg auf beginnende Demenz untersucht.
Einige der zu Anfang des Studienzeitraumes noch gesunden ProbandInnen erkrankten an Morbus Alzheimer. Blutuntersuchungen
zu Beginn und Ende der Studie ermöglichten die detaillierte Analyse von Veränderungen der Lipide im Blutplasma
während des normalen Alterns und bei beginnendem Morbus Alzheimer.
Die Analysen der Lipide, die in Zusammenarbeit mit der Johns Hopkins University (Baltimore, USA) durchgeführt
wurden, zeigten eine charakteristische Veränderung der Cholin-Phospholipid-Blutwerte bereits im gesunden Alterungsprozess.
Interessanterweise fanden die ForscherInnen bei an Morbus Alzheimer Erkrankten genau die gleichen Veränderungen
der Cholin-Phospholipid-Werte vor, jedoch in deutlich stärkerem Ausmaß. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse
lässt sich Morbus Alzheimer, zumindest auf der Ebene der untersuchten Lipide, als massiv beschleunigte Form
des normalen Alterns charakterisieren.
Dieses Studienergebnis, das mit Unterstützung des österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) zustande
kam, ist ein wesentlicher Schritt und eine neue Grundlage zur weiteren Erforschung eines passenden Biomarkers,
der das frühzeitige Erkennen von Morbus Alzheimer ermöglichen und damit eine erfolgreichere therapeutische
Behandlung ermöglichen könnte. Zudem könnten die charakteristischen Lipidveränderungen auch
als Beurteilungskriterium für den therapeutischen Erfolg in klinischen Studien dienen.
Journal of Alzheimer’s Disease
Alterations in the Plasma Levels of Specific Choline Phospholipids in Alzheimer’s Disease Mimic Accelerated Aging.
Fabian Dorninger, Ann B. Moser, Jianqiu Kou, Christoph Wiesinger, Sonja Forss-Petter, Andreas Gleiss, Margareta
Hinterberger, Susanne Jungwirth, Peter Fischer, Johannes Berger
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