Oxford/Bochum/St. Pölten/Wien (orf) - Wohin führen uns digitale Technologien? Wie funktioniert der
globale Datenkapitalismus? Wie kann sich die Demokratie in der digitalen Welt von Big Data behaupten? Und welche
Rolle spielen dabei die öffentlich-rechtlichen Medien? Diese und andere Fragen standen am 19. März im
Mittelpunkt des ORF-DialogForums „Digitale Weltherrschaft vs. Demokratie“, das in Kooperation mit der Wochenzeitung
„DIE ZEIT“ veranstaltet wurde.
Nach einer Keynote von Viktor Mayer-Schönberger, Professor am Oxford Internet Institute, diskutierten unter
der Leitung von Klaus Unterberger, ORF Public Value, Barbara Thomaß, Professorin am Institut für Medienwissenschaft
an der Ruhr-Universität Bochum, Stefan Kappacher, Redakteur bei Ö1, Medienmagazin #doublecheck (jeden
1. Freitag / Monat, 19.05 Uhr, Ö1), Lara Hubmann, Studentin an der FH St. Pölten, und Joachim Riedl,
Redakteur und Verantwortlicher für die Österreichausgabe der Wochenzeitung „DIE ZEIT“.
In seiner Keynote zum Thema „Dezentrale Strukturen in den neuen, datenreichen Märkten“ analysierte Viktor
Mayer-Schönberger die beobachtbare Machtkonzentration in der digitalen Welt: „Die heute so erfolgreichen datenreichen
Märkte – man denke an Amazon, Google, Facebook, Apple – sind von einem kommerziellen Anbieter organisiert,
der darüber hinaus auch noch von allen Marktteilnehmern alle Informationen sammelt und ihnen Empfehlungen
für ihre Entscheidungen am Markt gibt. Das ist kein idealer Markt, sondern vielmehr die Verwirklichung planwirtschaftlicher
Utopien. Demokratie stirbt dort, wo sie Dezentralität und Vielfalt aufgibt.“ Seine Schlussfolgerung: „Es ist
ziemlich offensichtlich, was dringend notwendig wäre: in Wirtschaft und Demokratie Vielfalt und Dezentralität
sicher zu stellen. Dafür bedarf es des Fokus auf die Sicherstellung inhaltlicher Vielfältigkeit jenseits
des Filters, etwa durch Stärkung, nicht Schwächung des ‚Public Value‘-Auftrags des ORF.“
In der anschließenden Diskussion betonte Joachim Riedl, „DIE ZEIT“, die Dimension der digitalen Zeitenwende:
„Wir befinden uns in einem Schwebezustand, das Alte existiert nicht mehr, aber die Zeit nach der Zeitwende hat
sich noch nicht herauskristallisiert. Sehr viel von dieser Verunsicherung hat auch mit dem unguten Gefühl
zu tun, dass wir nicht wissen, wohin der technologische Transformationsprozess führt.“
Für Barbara Thomaß von der Ruhr-Universität Bochum sind dafür nicht nur kommerzielle Geschäftsmodelle,
sondern vielmehr demokratische Institutionen relevant: „Wir haben mit den ‚Öffentlich-Rechtlichen‘ eine sehr
stabile Institution geschaffen, deren Kern die öffentlich-rechtliche Finanzierung ist. Dieses Konstrukt muss
durch das Vorantreiben der Digitalisierung in das 21. Jahrhundert getragen werden.“
Stefan Kappacher, Ö1, betonte die Bedeutung von Qualitätsjournalismus im Zusammenhang mit manipulativ
verbreiteten Falschmeldungen: „Die Antwort auf Fake News muss eine journalistische sein, um so die Vorzüge
von Qualitätsmedien auszuspielen. Da haben die öffentlich-rechtlichen Medienunternehmen wie etwa der
ORF eine wesentliche Bedeutung.“
Lara Hubmann, FH St. Pölten, bezog sich in ihrem Vortrag auf die Mediennutzung der „Digital Natives“: „Wir
brauchen nicht nur kritische Medien, sondern auch kritische Mediennutzer/innen, die reflektiert denken. Wir sollten
uns dabei auf unsere ethischen Grundbedürfnisse besinnen, das sind Resonanz und das Zurechtfinden in einer
sich ständig verändernden Umgebung. Die Medien sollten uns bei diesem Prozess begleiten.“
Eine Aufzeichnung des ORF-DialogForums ist am Donnerstag, dem 12. April, um 23.15 Uhr in ORF III zu sehen und nach
der TV-Ausstrahlung sieben Tage als Video-on-Demand in der ORF-TVthek (http://TVthek.ORF.at)
und auf zukunft.ORF.at abrufbar.
Das ORF-DialogForum ist eine Initiative des ORF, das Gespräch mit seinem Publikum, den österreichischen
Institutionen, den Organisationen und Gruppen der Gesellschaft zu beleben.
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