Finanzminister setzt auf Investitionen in die Zukunft und Sparen im System
Wien (pk) - Mit den Worten "Wir starten in eine neue Zukunft. Es beginnt eine gute Zeit" eröffnete
Finanzminister Hartwig Löger am 21. März seine erste Budgetrede im Parlament. Ein klarer Beweis dafür
sei, dass es im nächsten Jahr erstmals seit 1954 wieder einen Budgetüberschuss in der Höhe von 541,2
Mio. € geben wird. "Aufgrund der Altlasten der Vorgängerregierung" werde dies heuer noch nicht möglich
sein, bedauerte der Minister, der von einem negativen Saldo von rund 2,16 Mrd. € im Jahr 2018 ausging. Mit dem
Doppelbudget für 2018 und 2019 werde eine Trendwende eingeleitet und die Weichen in die richtige Richtung
gestellt, war Löger überzeugt. Bei der Ausarbeitung der Budgets habe man sich an folgenden sechs Grundsätzen
orientiert: konsequenter Abbau der Schulden, Förderung von Leistung, Entlastung der BürgerInnen, Sparen
im System, Nutzen der guten Konjunktur sowie Engagement für Europa.
All jenen, die Sorgen bezüglich eines möglichen Sozialabbaus geäußert haben, versicherte er
mit Nachdruck, dass nicht bei den Ärmsten gespart wird. "Wir geben im Budget im Jahr 2018 49,6% und im
Jahr 2019 50,7% für soziale Sicherheit aus". Gerade durch konsequentes und diszipliniertes Sparen im
System und durch positive Wachstumsimpulse der Entlastung könne der Sozialstaat langfristig abgesichert werden.
Dennoch müsse man den Mut haben, "alte Zöpfe" abzuschneiden und ineffiziente Gewohnheiten aufzugeben.
Im zweiten Teil seiner 75 Minuten langen Rede ging Löger noch näher auf die Mittelzuteilungen für
die einzelnen Ressorts ein, wobei er insbesondere die Investitionen in die Bereiche Bildung und Forschung, Digitalisierung
und Sicherheit hervorstrich. Die größten Herausforderungen liegen seiner Ansicht nach bei den Themen
Pensionen und Pflege; hier müssen endlich echte Reformen angegangen werden, denn die Zeit der Worte sei vorbei.
Löger: Mehr Generationengerechtigkeit und Abkehr von der Schuldenpolitik
Die Bevölkerung habe am Wahltag deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es zu Veränderungen kommen muss,
betonte der Finanzminister. Diesem Auftrag entsprechend wolle er eine neue budgetpolitische Zeitrechnung einleiten,
die vor allem durch eine Abkehr von einer permanenten Schuldenpolitik geprägt ist. In der Vergangenheit wurde
bedauerlicherweise auch in Zeiten der Hochkonjunktur Politik auf Pump betrieben. Dieser untragbare Zustand, der
sich vor allem auf die nächsten Generationen negativ auswirkt, müsse ein Ende haben. Die Politik der
letzten Jahrzehnte habe unglaubliche 290 Mrd. € an Staatsschulden aufgebaut. Jedes einzelne Kind, jeder einzelne
Jugendliche trage derzeit einen Schuldenrucksack von rund 33.000 € auf seinen Schultern.
Dank einer intensiven und disziplinierten Zusammenarbeit mit allen Regierungsmitgliedern wurde ein Ergebnis erzielt,
das sich sehen lassen kann, hob Löger hervor: "2019 wird der Bund erstmals seit 65 Jahren weniger ausgeben
als er einnimmt und einen Budgetüberschuss von 541,2 Mio. € erzielen. Das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit
wird 2018 minus 0,4 % betragen; im Jahr 2019 wird es ein Nulldefizit geben. Wichtig sei zudem, dass die enorme
Schuldenquote von knapp 84% des Bruttoinlandsprodukts kontinuierlich reduziert werde. Aufgrund der guten Konjunktur
und der Abkehr vom Schuldenmachen werde sie 2018 74,5% und 2019 70,9% des BIP ausmachen. Eine weitere Absenkung
bis 2022 in Richtung 60% sei machbar, da die Regierung die konjunkturell richtigen Impulse setzen wird.
Als Finanzminister habe er die Verantwortung dafür, positive Anreize zu schaffen, damit möglichst alle
ihren Beitrag zur Gemeinschaft leisten können. Es dürfe nicht dazu kommen, dass der Einkommensunterschied
zwischen arbeitenden und nichtarbeitenden Menschen so gering ist, dass es sich gar nicht lohnt, die Anstrengungen
eines Arbeitsalltages in Kauf zu nehmen. Er halte auch wenig von einem Leistungsbegriff, der ausschließlich
als etwas definiert wird, was man sich holt, weil es einem angeblich zusteht. Diese Haltung sei eine Bedrohung
für die staatliche Solidargemeinschaft. Erst aus der Bereitschaft jedes einzelnen, Leistung zu erbringen,
entstehe die Grundlage für die Wertschöpfung einer Gesellschaft.
Erstes Entlastungspaket in der Höhe von 1,9 Mrd. €; Abgabenquote soll bis 2022 auf 40% gesenkt werden
Da die Regierung die Leistungsbereitschaft der BürgerInnen schätzt, habe man unverzüglich damit
begonnen, diejenigen, die mit ihren Abgaben und Steuern das Land erhalten, zu entlasten. Ziel sei eine deutliche
Absenkung der Abgabenquote in Richtung 40% bis zum Jahr 2022. Einige Maßnahmen der Regierung seien schon
bekannt, wie etwa der Familienbonus Plus, der einen Steuerbonus bis zu 1.500 € pro Kind und Jahr vorsieht und bereits
mit 1. Jänner 2019 in Kraft treten wird. Davon profitieren 950.000 Familien und mit ihnen 1,6 Millionen Kinder,
unterstrich der Ressortchef. Dies sei das größte Familienförderungspaket, das es je in Österreich
gegeben hat. Die dafür veranschlagten 1,5 Mrd. € habe man im Budget durch Einsparungen im System refinanziert,
hob Löger hervor. Da von einer steuerlichen Entlastung naturgemäß nur diejenigen profitieren können,
die auch Steuern zahlen, werden auch alleinerziehende und alleinverdienende Mütter und Väter 250 € jährlich
erhalten. Auch durch die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge ab 1.7.2018 werden Menschen mit geringen
Einkommen profitieren. Als weitere Entlastungen hob Löger die Reduktion des Mehrwertsteuersatzes von 13% auf
10% im Bereich der Tourismuswirtschaft, die Abschaffung der Mietvertragsgebühren sowie die Halbierung der
Flugabgabe hervor.
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Sparen im System: Bei Förderungen, Mietkosten, ausgegliederten Einheiten und Beamten
Bis jetzt sind die meisten sogenannten Steuererleichterungen nach dem Prinzip verlaufen, "was ich dir in die
rechte Tasche stecke, nehme ich dir dann aus der linken wieder heraus", erinnerte Löger. Dies sei ein
mehr als fragwürdiges Vorgehen, weil es nämlich dazu geführt habe, dass die Abgabenquote über
viele Jahre auf einem Rekordniveau geblieben ist. Auch damit müsse Schluss sein. Da die Regierung keine neuen
Steuern und auch keine Steuererhöhungen wolle, müsse im System gespart werden. "Einfach ausgedrückt
– wir sparen bei uns selbst", betonte der Finanzminister, und zwar konkret bei den vielen Förderungen
des Bundes, den Kosten der ausgegliederten Einheiten und den Mietkosten der Bundesgebäude. Durch dieses Vorhaben
sowie das Beenden "konjunkturell überflüssiger Maßnahmen der Vorgängerregierung"
werden in Summe nachhaltig 2,5 Mrd. € eingespart, rechnete der Minister vor. Gleichzeitig habe man sich darauf
geeinigt, dass Pensionierungen im öffentlichen Dienst eingeschränkt nachbesetzt werden. Bürokratieabbau,
Verwaltungsvereinfachungen sowie Prozessoptimierung und Digitalisierung seien Grundlage für konsequente Einsparungen
im System.
Gute Konjunkturlage müsse für Reformen genutzt werden
Finanzminister Hartwig Löger räumte ein, dass die konjunkturelle Großwetterlage auf globaler, auf
europäischer und auf nationaler Ebene derzeit sehr erfreulich ist. Es gebe positive Entwicklungen beim Wirtschaftswachstum
(2018: 3,2%, 2019: 2,2 %), beim privaten Konsum (plus 1,8% bzw. 1,6 %) sowie den Exporten, die 2018 mit einer Zuwachsrate
von 5,5% aufwarten (2019: 4,5%). Auch die öffentlichen Investitionen bleiben mit plus 1,1% bzw. 1,2% stabil
auf hohem Niveau. Es handle sich dabei jedoch um kein Geschenk des Himmels, sondern um die Summe der Leistungen
all jener, die durch fleißige Arbeit und durch engagiertes unternehmerisches Agieren einen Beitrag zur Steigerung
der Wertschöpfung in unserem Land erbracht haben. Besonders erfreulich sei in diesem Zusammenhang auch, dass
die Zufriedenheit von Seiten der UnternehmerInnen sprunghaft angestiegen ist. Diese gute Ausgangslage müsse
aber nun genutzt werden, unterstrich Löger. Sie sei ein Auftrag an die Regierung, gerade jetzt die erforderlichen
Reformschritte zu setzen und die notwendige Trendwende einzuleiten.
EU: Keine negativen Auswirkungen für die NettozahlerInnen und keine Reformen auf Kosten der kleineren Länder
Gerade in einer "Zeit voller gefährlicher Bruchlinien" ist es für Österreich überlebenswichtig,
Teil der Europäischen Union zu sein, betonte Löger. Die Übernahme des Ratsvorsitzes ab 1. Juli werde
eine große Herausforderung darstellen, da einige wichtige Themen, wie etwa der Brexit, einer Lösung
zugeführt werden müssen. Aus finanzieller Sicht stehe dabei für ihn im Vordergrund, dass die Nettozahler
nicht für den Ausfall des britischen Beitrags einspringen. Umso wichtiger werde es sein, dass es schon vor
dem Inkrafttreten des mehrjährigen Finanzrahmens Gewissheit darüber gibt, welche finanziellen Folgen
der Brexit hat. "Was wir uns selbst abverlangen – nämlich das Sparen im System – das müssen wir
auch auf Unionsebene durchsetzen." Als Finanzminister und Anwalt der SteuerzahlerInnen werde er sich grundsätzlich
dafür einsetzen, dass sich die EU nicht in Richtung einer Schuldenunion entwickelt. Auch Konzepte, die u.a.
die Einrichtung eines europäischen Finanzministers beinhalten, sehe er kritisch. Er werde jedenfalls keine
Änderung der Spielregeln akzeptieren, die darauf hinausläuft, dass diejenigen, die ordentlich wirtschaften,
die Schulden anderer automatisch übernehmen müssen. Positiv sah der Finanzminister hingegen jene Pläne,
die auf eine Weiterentwicklung des ESM in Richtung eines Europäischen Währungsfonds oder die Stärkung
des Sicherheitsnetzes bei der Abwicklung von Banken abzielen; da werde Österreich dabei sein.
Budgetschwerpunkte: Von Asyl und Integration bis zu den Pensionen
Nach der Darstellung der sechs Grundsätze, auf denen das Doppelbudget aufgebaut ist, ging der Finanzminister
detaillierter auf die einzelnen Kapitel ein. Wichtig war ihm dabei hervorzuheben, dass es bei den Zukunftsthemen
keine Einsparungen gibt. Das Gegenteil sei der Fall, zeigte Löger auf, die Regierung verstärke sogar
die Investitionen in Bildung und Forschung, in die Digitalisierung und die Sicherheit des Landes.
So steigen etwa die Ausgaben für die Bildung auf 8,82 Mrd. € bzw. auf 8,84 Mrd. € in den beiden kommenden
Jahren, 2022 sollen sie 9,52 Mrd. € erreichen. Die viel beklagte Finanzierungslücke in der Bildung sei daher
geschlossen. Da die heimischen Hochschulen bei den internationalen Rankings nicht an der Spitze liegen, investiere
die Regierung schwerpunktmäßig in Wissenschaft und Forschung. Von 2017 bis 2022 wachsen die Auszahlungen
für diesen Sektor um 13,2%. Damit finanziere man u.a. eine Erhöhung des Universitätsbudgets um 1,6
Mrd. €, den Ausbau der Studienbeihilfen um 300 Mio. € und die Forcierung des erfolgreichen Fachhochschulsektors
mit 41 Mio. €. Weiters werde die Forschungsprämie auf 14% erhöht (500 Mio. €) und die Spitzenforschung
mit 230 Mio. € unterstützt.
Auch beim Thema Sicherheit nimmt die Regierung viel Geld in die Hand, führte Löger weiter aus: 700 Mio.
€ gehen 2018 bis 2023 in die Aufstockung und Ausbildung der Polizei, 250 Mio. € für 2018 und 2019 in Maßnahmen
zur Terrorbekämpfung. In der Landesverteidigung ergeben sich ebenfalls budgetäre Steigerungen um 10%
bis 2020. Weitergeführt wird dabei auch der Grenzschutz. Für Asyl und Migration sind im Budget 2018 420
Mio. € vorgesehen; dieser Betrag sinkt 2019 um 50 Mio. € und nimmt bis 2022 auf 185 Mio. € ab.
Im Bereich Arbeit wurde einiges redimensioniert, da die Arbeitslosenrate erfreuerlicherweise sinkt und die Nachfrage
nach Arbeitskräften steigt. Für 2018 sind 8,32 Mrd. € veranschlagt, informierte Löger, von einem
Kahlschlag könne daher keine Rede sein. Bei älteren ArbeitnehmerInnen gehe es darum, dass sie nachhaltige
und langfristige Jobs finden und nicht kurzfristige durch Steuergeld finanzierte Scheinjobs. Wie bereits angekündigt
strebe die Regierung eine Neuregelung der Mindestsicherung an. Im Sinne der Fairness müsse klar gemacht werden,
dass die Mindestsicherung nur eine Überbrückungshilfe sei und nicht als Dauerlösung gesehen werden
könne.
Einen Paradigmenwechsel kündigte Löger in Bereichen Infrastruktur und Wirtschaft an, wobei vor allem
die Digitalisierung als Chance begriffen werden müsse. Die Breitbandoffensive, das Forcieren von e-Government
und die Entbürokratisierung seien dabei die drei wichtigsten Pfeiler. Dank der guten Zusammenarbeit mit Verkehrsminister
Hofer war es möglich, in dessen Ressort Einsparungen und Umschichtungen vorzunehmen. Der Zuschuss zu den ÖBB
beträgt 2018 jedenfalls 5,2 Mrd. € und steigt 2019 auf 5,4 Mrd. €.
Eine der größten Herausforderungen ist nach Ansicht des Finanzministers der Bereich der Pensionen, wo
nachhaltige und neue Ideen entwickelt werden müssen. Wenn man sich vor Augen hält, dass jeder vierte
Euro des Budgets für Pensionen ausgegeben wird, sei klar, dass Handlungsbedarf besteht. Österreichs Pensionsausgaben
machen derzeit 13,8% des BIP aus und sie werden immer weiter steigen – bis 2040 um weitere 1,1%. Wenn wir nicht
bald auf die Entwicklungen reagieren, könnte das System und damit die Menschen leiden, appellierte Löger.
Die zweite große Herausforderung, die seit Jahren einer Lösung harre, sei das Pflegesystem. In den Jahren
2018 bis 2019 steigen die Mittel in diesem Bereich um 322,1 Mio. €. Es brauche eine umfassende und ausgewogene
Lösung, um der steigenden Lebenserwartung der Menschen gerecht zu werden.
Löger gab zu bedenken, dass in knapp hundert Tagen nicht die Welt verändert werden könne. Die Regierung
nehme aber ihre Verantwortung wahr und setzte die richtigen Maßnahmen. Um den sozialen Frieden nachhaltig
zu sichern, werde man konsequent weiterarbeiten und nach folgenden Prinzipien vorgehen: Ausgaben prüfen, Prioritäten
hinterfragen, Maßnahmen nach Effizienz und Effektivität bewerten, Sparpotentiale heben und nützen,
keine neue Schulden machen, Budgetüberschüsse erarbeiten und Schulden abbauen. "Wagen wir doch gemeinsam
den Start in eine neue Zukunft", schloss Löger.
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