Sobotka: Rolle der SeniorInnen in unserer Gesamtgesellschaft ist enorm wichtig
Wien (pk) - Menschen der älteren Generation leben heute anders als noch vor 20 Jahren. Viele von ihnen
stehen mitten im Leben, arbeiten, betreiben Sport und erwarten sich, auch in den Medien der Wirklichkeit entsprechend
dargestellt zu werden.
Das Bild, das Medien und Werbung in der Öffentlichkeit prägen, stand am 20. März im Mittelpunkt
der alljährlich im Parlament stattfindenden Veranstaltung des Österreichischen Seniorenrates und des
Österreichischen Journalisten-Clubs (ÖJC). Seit Jahren prämiert eine Jury aus SeniorInnen- und JournalistenvertreterInnen
gemeinsam Beiträge in Journalismus und Werbung sowie zutreffende Bilder über ältere Menschen. Die
"Senioren-Rose" erhalten wirklichkeitsgetreue Darstellungen aus dem Leben von SeniorInnen, die "Senioren-Nessel"
aber jene, die immer noch lebensfremde Klischees über ältere Menschen verbreiten.
Zur Verleihung der "Senioren-Rose" und der "Senioren-Nessel" für das Jahr 2018 begrüßte
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka nahezu 200 TeilnehmerInnen und Gäste im Redoutensaal der Hofburg,
unter ihnen die Präsidentin des Österreichischen Seniorenbundes, Volksanwältin a.D. Ingrid Korosec,
und mit dem Präsidenten des Österreichischen Journalisten-Clubs, Fred Turnheim, auch den Vorsitzenden
der zehnköpfigen ExpertInnen-Jury, die die PreisträgerInnen auswählt. Als Moderatorin führte
Heilwig Pfanzelter durch den Abend. Die Laudationes für die PreisträgerInnen hielten die JurorInnen Irmgard
Bayer und Andreas Wohlmuth.
Sobotka: Weitergabe von sozialer Empathie und Haltung ist wesentlich
Für Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka stand das Miteinander der Generationen im Vordergrund. Rose
und Nessel - aus gärtnerischer Sicht betrachtet - seien beide aus dem Garten nicht wegzudenken. Die beiden
Pflanzen - die eine Kulturpflanze, die andere ein Beikraut und für die Biodiversität enorm wichtig –
seien ein Symbol, wie wir Dinge unterschiedlich sehen können. Auch wie bewusst wir Dinge wahrnehmen und wie
diese Bewusstseinsmachung die Gesellschaft prägt. Für NR-Präsident Sobotka ist es eine enorm wichtige
Idee, die mediale Öffentlichkeit alljährlich mit der Verleihung von Senioren-Rosen und Nesseln in Richtung
realistische Darstellung älterer Menschen zu sensibilisieren.
Die Rolle der Senioren sei aus unserer Gesamtgesellschaft nicht wegzudenken, denn die Weitergabe von sozialer Empathie
und auch die Vermittlung von Haltung und Erfahrung würden die nachfolgenden Generationen nachhaltig und langfristig
prägen. In einer Gesellschaft, in der Kinder rund acht Stunden täglich vor den Fernsehern und Computer/Smartphone
verbringen würden, ist das gemeinsame Leben mit der älteren Generation essentiell für das Lernen
von zwischenmenschlichen Beziehungen. Diese Arbeit werde kaum gesehen, aber von den Senioren überall in Österreich
getan. Dafür danke er all den engagierten und innovativen HelferInnen in den Vereinen und Organisationen.
Blecha: Stereotypen und Klischees gelte es zu überwinden
Seniorenrats- und Pensionistenverbands-Präsident Karl Blecha musste sich krankheitsbedingt entschuldigen und
übermittelte Grußworte. Für ihn stehe im Vordergrund der Verleihung, dass die Darstellung der älteren
Generation noch immer ein Thema ist, bei dem es unter den MedienmacherInnen, FotografInnen und WerberInnen große
Auffassungsunterschiede darüber gibt, wie diese Generation darzustellen und anzusprechen ist. Stereotypen
und Klischees würden allzu oft noch bedient. Senioren-Rosen erhalten daher nur jene, die sich Gedanken gemacht,
die recherchiert, die sich umgeschaut und die sich getraut haben, dem Jugendkult und der Oberflächlichkeit
zu widerstehen.
Korosec: wesentlicher gesellschaftlicher & politischer Faktor
Das wachsende Selbstbewusstsein älterer Menschen, ihre Expertise und Lebenserfahrung sowie die wertvolle Arbeit,
die SeniorInnen leisten, hob Ingrid Korosec, die Präsidentin des Österreichischen Seniorenbundes, hervor.
"Wir wollen keine beschönigenden, aber auch keine negativen Darstellungen in den Medien", sagte
Korosec und appellierte an die JournalistInnen, sich ihrer großen gesellschaftlichen Verantwortung bewusst
zu sein. Daher sei es so wichtig, mediale Leistungen mit der Senioren-Rose zu würdigen und bei Fehlleistungen
mit der Nessel zum Nachdenken anzuregen. SeniorInnen seien zu einem wichtigen Faktor in Gesellschaft und Politik
geworden. Im Jahr 2030 werde Österreich auf eine Bevölkerungszahl von über neun Millionen angewachsen
sein und ein Viertel davon werde zu den Senioren gehören. Alleine die ehrenamtliche Arbeit, die eine Wertschöpfung
von 2,5 Milliarden Euro für den österreichischen Staat erwirtschafte, zeige die Relevanz des Faktors
SeniorIn in Wirtschaft und Finanz.
Turnheim: Ein Plädoyer für Solidarität zwischen Jung und Alt
Der Präsident des Österreichischen Journalisten Clubs Fred Turnheim trat nachdrücklich für
die Solidarität zwischen Jung und Alt ein. Er ging in seinem Eröffnungsstatement auf die Notwendigkeit
und Finanzierung von freiem Journalismus ein. Durch eine falsche Darstellung von SeniorInnen entstehe eine Entsolidarisierung.
Eine sehr große Gruppe der österreichischen Bevölkerung werde dadurch an den Rand gedrängt.
Durch die bereits zum neunten Mal verliehene Auszeichnung der Senioren-Rose und Nessel habe man bereits ein Umdenken
erwirken können.
Senioren-Rosen für "Weil ich ein Mädchen bin"...
Die Senioren-Rose der Kategorie Werbung wurde von der Jury für den Spot von BIPA vergeben. BIPA und die Werbeagentur
Serviceplan haben einen Weihnachtsspot unter dem Motto "Weil ich ein Mädchen bin!" herausgebracht.
In entzückender Weise wird das Aussuchen eines Weihnachtsgeschenkes dargestellt und festgestellt, dass es
Liebe ist, wenn man jemanden auch noch nach 46 Jahren Ehe zu Weihnachten überrascht.
… und für Ö1-Radiosendung zum Thema Pflege demenzkranker Angehöriger…
Als zweite Nominierung für die Senioren-Rose wurde von der Jury Daphne Hruby für den Beitrag "Vergiss
mich nicht!" für die Ö1-Sendung "Journal Panorama" vom 12.07.2017 vorgeschlagen. Daphne
Hruby dokumentiert darin, wie Angehörige, die ihre demenzkranken Familienmitglieder selbst pflegen und beispielsweise
mit den Persönlichkeitsveränderungen umgehen, die die Demenz mit sich bringt.
Ausschlaggebend für die Jury war der tiefe Einblick in das Leben pflegender Angehöriger. Laudatorin Irmgard
Bayer nannte den Beitrag berührend, realistisch und ungemein höflich zugleich."
… und für das ORF-Projekt #NewPictures - Die wirkliche Wirklichkeit
Nachdem der aktuelle Dienst des ORF für ein klischeehaftes Hintergrundbild bei einem Beitrag über Pensionskosten
2016 eine Senioren-Nessel erhalten hatte, wurde dies zum Anlass genommen, das Archiv zu modernisieren. Ausgestrahlt
wurden diese Bilder unter dem Titel "Die wirkliche Wirklichkeit – Jetzt im Archiv" auf Informationsmonitoren
des ORF.
Die Senioren-Rose ging an Michael Vielhaber für das ORF Projekt "#NewPictures", der den Preis persönlich
entgegen nahm. Michael Vielhaber wies darauf hin, dass die Verleihung der Senioren-Nessel im Vorjahr Motivation
für Verbesserungen gewesen sei. Gerade als öffentlich-rechtlicher Rundfunk hätte man einen Auftrag
und diesen gelte es wahrzunehmen. Man generiere Denken und Einstellungen durch Bilder und durch diese Neuerstellung
des Bildarchivs könne man auf realistische Bilder zurückgreifen.
Senioren-Nessel gab es nicht in jeder Kategorie…
Für das Jahr 2017 gab es seitens der Jury keine Nominierungen und somit auch keine Senioren-Nessel in der
Kategorie Journalismus. Seniorenrat und Journalisten Club werten dies als Erfolg ihrer langjährigen gemeinsamen
Bemühungen und als Zeichen einer positiven Entwicklung.
…"Sonst kommst Du ins Heim" – eine Nessel für XXXLutz …
Die wenig begehrte Senioren-Nessel in der Kategorie Werbung ging an XXXLutz und Demner, Merlicek & Bergmann
für einen XXXLutz-Werbespot "Du sollst immer viel Sparen" so lautet der Titel des Werbespots. Papa
Lutz sagt darin zu seiner Mutter wortwörtlich: "Spar‘ Dir den Kommentar, sonst kommst Du ins Heim."
Entgegengenommen wurde der Preis nicht persönlich.
…Profil setzt sich in der Kategorie Bild in die Nesseln
Für das Magazin Profil standen Freud und Leid bei der Verleihung knapp nebeneinander. Während ein Artikel
von Wolfgang Paterno und Eva Walisch für den Artikel "Vor dem Sterben fürchte ich mich nicht"
für eine Senioren-Rose nominiert war, ging die Nessel in der Kategorie Bild an die Profil-Redaktion für
das Titelbild der Ausgabe 28/2017 zum Artikel "Wie für unsere Alten sorgen?". Die Kritik der Jury
richtet sich gegen die vollkommen unpassende Verwendung eines Bildes von einem älteren Paar, das dem Sonnenuntergang
mit Stock und Rollator entgegen schreitet.
Sonderpreis der Jury, Senioren-Rose
Außerhalb der drei Kategorien Journalismus, Werbung und Bild beeindruckte die Jury im Jahr 2017 die Ausstellung
"Die Kraft des Alters" die noch bis vor kurzem im Belvedere zu sehen war. Dieser Sonderpreis gebührte
Sabine Fellner, der Kuratorin der Ausstellung. Sabine Fellner nahm den Preis mit großer Freude entgegen und
sie berichtete über ihre persönliche Motivation die Ausstellung zusammenzustellen. Sie zitierte einen
deutschen Kabarettisten mit den Worten: "Im Prinzip ist in unserer Gesellschaft das Altern erlaubt, es ist
nur nicht sehr gerne gesehen." Ihr Ziel war es, das Altern und auch die Kraft, die diesem Altern innewohne
sichtbar zu machen.
Bilder von Senioren und Seniorinnen am Rollator und knorrige Hände, die Tauben füttern, entsprechen nicht
mehr den aktiven, dynamischen und aufgeschlossen SeniorInnen unserer Zeit, und dieses Bild von sich selbst wollen
diese Menschen auch nicht in den Medien wiederfinden, sagte Moderatorin Helwig Pflanzelter.
|