Die Pflegefinanzierung stellt Länder Städte und Gemeinden vor finanzielle Herausforderungen.
Städtebund und KDZ präsentierten Zahlen und Zusammenhänge zum komplexen Thema Pflegefinanzierung
Wien (rk) - Das durchschnittliche jährliche Wachstum der Pflegekosten für den Zeitraum 2015 bis
2030 liegt gemäß einer Prognose für den Fiskalrat, abhängig vom Szenario, zwischen 4,4 und
6,2 Prozent. Während die Ausgaben für das Pflegegeld mit durchschnittlich jährlich 2,5 bis 5,2 Prozent
wachsen, entwickeln sich die Nettoausgaben für Pflegedienstleistungen mit jährlich 5,8 bis 7,8 Prozent
deutlich dynamischer. Ebenfalls eine überdurchschnittliche Entwicklung wird im Bereich der geförderten
24-Stunden-Pflege mit jährlich 4,2 bis 7,0 Prozent prognostiziert. Die Dynamik der Ausgabenentwicklung betrifft
damit die Länder und Gemeinden besonders stark.
Komplexe und stark verflochtene Pflegefinanzierung
Die Finanzierung der Pflege ist gekennzeichnet durch einen hohen Komplexitätsgrad und eine starke Verflechtung
zwischen den Gebietskörperschaftsebenen. Als wichtigster Ausgabenbereich beim Bund zeigt sich das Pflegegeld
mit 2.587 Mio. Euro im Jahr 2016, welches von Ländern und Gemeinden mit 372 Mio. Euro ko-finanziert wird.
Für stationäre, teilstationäre und mobile Pflegedienstleistungen geben die Länder insgesamt
1.941 Mio. Euro aus, welche über die Sozialhilfeumlage durch die Gemeinden mit 783 Mio. Euro ko-finanziert
werden. Zusätzlich fließen hier auch die Mittel aus dem Pflegefonds ein, welcher gemeinsam von Bund,
Ländern und Gemeinden dotiert wird. Hinzu kommen 151 Mio. Euro für die 24-Stunden-Pflege, welche von
Bund und Ländern gemeinsam bezahlt wird.
Insgesamt ergibt sich dadurch eine Netto-Belastung der öffentlichen Hand in der Höhe von 4.680 Mio. Euro.
Die höchsten Netto-Ausgaben bestehen mit 2.542 Mio. Euro beim Bund (54,3 Prozent). Von den Ländern werden
1.187 Mio. Euro (25,4 Prozent) und von den Gemeinden 951 Mio. Euro (20,3 Prozent) in das formelle Pflegesystem
finanziert.
Verschiebung der Finanzierung zur Gemeindeebene
Während das Pflegegeld seit 2012 – und daher ein Großteil der Ausgaben des Bundes stabil geblieben
ist –, kam es bei der 24-Stunden-Pflege zu einer Steigerung um 70 Prozent. Der ebenfalls betragsmäßig
sehr bedeutende Bereich der Pflegedienstleistungen stieg um 17 Prozent, wohingegen die Sozialhilfeausgaben der
Gemeinden um 23 Prozent anwuchsen.
Mindereinnahmen durch den Entfall des Pflegeregresses
Noch nicht konkret bestimmbar sind die Einnahmenentgänge durch den Entfall des Pflegeregresses. Nach Schätzungen
des Österreichischen Städtebundes und der Bundesländer werden die Mehrausgaben für die Länder
und Gemeinden gemeinsam zwischen 530 bis 650 Mio. Euro liegen. Für die Gemeinden (ohne Wien) bedeutet dies
eine zusätzliche Belastung von 138 bis 173 Mio. Euro. Wien selbst rechnet mit mindestens 100 Mio. Euro zusätzlicher
Belastung. In sämtlichen Modellen sind Mehrausgaben aufgrund einer stärkeren Nutzung von stationären
Einrichtungen noch nicht eingerechnet, wodurch nochmals deutliche Ausgabensteigerungen erwartet werden können.
Dem gegenüber steht eine vom Bund vorgesehene Kompensation in Höhe von 100 Mio. Euro, daher nur ein Bruchteil
der wahrscheinlichen Mehrausgaben.
Dringender Handlungsbedarf
Um den Herausforderungen im Pflegebereich zu begegnen, bedarf es einerseits klarer Strategien zur Ausgabendämpfung
im Pflegebereich, um mit Strukturreformen trotz der bestehenden demografischen und gesellschaftlichen Entwicklungen
die Finanzierbarkeit des Pflegebereiches sicherstellen zu können. „Hierzu würde sich eine stärker
wirkungsorientierte Steuerung mit evaluierbaren Zwischenetappen anbieten, welche von allen Gebietskörperschaften
und Akteuren mitgetragen wird“, betont Karoline Mitterer, wissenschaftliche Mitarbeiterin des KDZ - Zentrum für
Verwaltungsforschung.
Andererseits wäre zur Sicherung der Pflegefinanzierung ein Ausarbeiten eines Konzeptes zur langfristigen Finanzierung
unter Einbeziehung der betroffenen Institutionen und Gebietskörperschaften notwendig, wie dies im aktuellen
Regierungsprogramm auch vorgesehen ist. Die Möglichkeiten sind dabei vielfältig – etwa über die
Einführung einer Pflegeversicherung oder über eine steuerbasierte Finanzierung. Diese Möglichkeiten
wären als erster Schritt auf jeden Fall rasch zu evaluieren, um für die Zukunft gewappnet zu sein.
„Die Abschaffung des Pflegeregresses ist ein wichtiger Schritt, doch jetzt braucht es ein umfassendes Finanzierungskonzept,
um die Finanzierung der Pflege auf zukunftstaugliche Beine zu stellen“, sagte Thomas Weninger, Generalsekretär
des Österreichischen Städtebundes.
„Im Paktum zum Finanzausgleich wurde ein Kostendämpfungspfad vereinbart. Wird keine Gegenfinanzierung gefunden,
so werden sich Städte und Gemeinden nicht mehr an die Vereinbarung halten können“, warnt Weninger.
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