Brüssel/Berlin (ec) - In den vergangenen sechs Jahren haben sich schätzungsweise neun Millionen Menschen
an einer Europäischen Bürgerinitiative beteiligt. Bislang waren vier Initiativen darin erfolgreich, über eine Million Unterschriften zu sammeln. Das geht
aus dem am 28. März veröffentlichten Bericht über die Erfahrungen mit der Bürgerinitiative
hervor. Frans Timmermans, Erster Vizepräsident der Kommission, betonte, dass die Europäische Bürgerinitiative
ein wichtiges Instrument der politischen Willensbildung und grenzübergreifende Debatten sei. „Aber unser Ehrgeiz
geht noch weiter: Unser Vorschlag zur Änderung der Verordnung wird es leichter machen, Initiativen auf den
Weg zu bringen und zu unterstützen. Außerdem sollen sich junge Menschen künftig schon ab 16 beteiligen
können", so Timmermans.
Vier Initiativen erhielten die notwendige Zahl von einer Million Unterstützungsbekundungen. Der Initiative
„Stop Vivisection“ hat die Kommission nicht-legislative Maßnahmen folgen lassen. Auf die Initiative „Right2Water“
hat sie mit einem geänderten Vorschlag für die Trinkwasser-Richtlinie reagiert. Im Anschluss an die Bürgerinitiative
„Verbot von Glyphosat und Schutz von Menschen und Umwelt vor giftigen Pestiziden“ hat die Kommission einen Gesetzgebungsvorschlag
angekündigt, mit dem wissenschaftliche Beurteilungen und Entscheidungsfindungen transparenter sollen.
In den vergangenen drei Jahren sind bereits Verbesserungen vorgenommen worden. Die Juncker-Kommission verfolgt
einen politischeren Ansatz: Alle Anträge auf Registrierung (die Voraussetzung für die Sammlung von Unterstützungsbekundungen
ist) werden vom gesamten Kommissionskollegium gehört, und in einigen Fällen wurde die teilweise Registrierung
einer Bürgerinitiative genehmigt. Infolge dieser Maßnahmen wurden deutlich mehr Initiativen registriert
als zuvor: Wurden im vorangegangenen Dreijahres-Zeitraum noch 60 Prozent aller vorgeschlagenen Initiativen zur
Registrierung zugelassen, waren es seit April 2015 90 Prozent.
Nach dem ersten Bericht der Kommission vom März 2015 über die Anwendung der Verordnung über die
Bürgerinitiative wurde eine Überprüfung eingeleitet, um die Wirksamkeit des Instruments zu verbessern.
Dabei wurde auch die Öffentlichkeit konsultiert. Anschließend schlug die Kommission am 13. September
2017 eine neue Verordnung vor, die nun vom Europäischen Parlament und vom Rat verabschiedet werden muss.
Die neue Verordnung wird die Europäische Bürgerinitiative zugänglicher und weniger aufwendig machen
und Organisatoren und Unterstützern die Handhabung erleichtern. Die Kommission ruft dazu auf, dass ihr Änderungsvorschlag
Ende 2018 verabschiedet wird, damit er im Januar 2020 in Kraft treten kann.
Die Vorschläge werden mit den Interessenträgern am „EBI-Tag“ erörtert‚ den der Europäischen
Wirtschafts- und Sozialausschuss am 10. April veranstaltet.
Hintergrund
Die Europäische Bürgerinitiative wurde mit dem Vertrag von Lissabon eingeführt. Seit dem Wirksamwerden
der daraus resultierenden Verordnung über die Europäische Bürgerinitiative im April 2012 haben die
Bürgerinnen und Bürger Europas die Möglichkeit, ein bestimmtes Thema auf die politische Tagesordnung
der Kommission setzen zu lassen.
Ist eine Europäische Bürgerinitiative formal registriert, so können eine Million Bürger aus
mindestens einem Viertel der EU-Mitgliedsstaaten die Europäische Kommission dazu auffordern, im Rahmen der
Befugnisse der Kommission einen Rechtsakt vorzulegen.
Laut der einschlägigen Verordnung muss eine Europäische Bürgerinitiative folgende Grundvoraussetzungen
erfüllen: Die geplante Initiative darf nicht offenkundig außerhalb des Rahmens liegen, in dem die Kommission
befugt ist, einen Rechtsakt vorzuschlagen, sie darf nicht offenkundig missbräuchlich, unseriös oder schikanös
sein und nicht offenkundig gegen die Werte der Union verstoßen.
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