Eine Ausstellung im Rahmen des Gedenk- und Erinnerungsjahrs 2018, kuratiert von der Gedenkstätte
Yad Vashem – Museumsabteilung, Jerusalem von 11. April – 30. Juni 2018
Wien (segal) - "Der Abgeordnete Popper hat behauptet, der Antisemitismus wird einmal zugrunde gehen. Gewiß,
meine Herren, wird er einmal zugrunde gehen, aber erst dann, wenn der letzte Jude zugrunde gegangen sein wird."
Das ist ein Zitat von Dr. Karl Lueger aus der Rede in der Sitzung des Hauses der Abgeordneten des österreichischen
Reichsrats am 26. Mai 1894, Stenographisches Protokoll Seite 14622.
Dr. Karl Lueger (1897-1910), Bürgermeister von Wien, nützte die Ängste des Kleinbürgertums
und der Gewerbetreibenden vor Konkurrenzdruck und Industrialisierung, indem er die Verantwortung dafür dem
Einfluss der Juden zuschrieb. Er war damit der erste Politiker, der Antisemitismus erfolgreich als Mittel der Politik
einsetzte.
Antisemitismus in Österreich vor 1938. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts entstanden in Europa die ersten Ideen
von biologisch verschiedenen "Menschenrassen", darunter auch die Vorstellung des Bestehens einer besonderen,
von anderen Menschen unterschiedenen jüdischen "Rasse". Dies wurde zur Grundlage des heute nach
wie vor vorhandenen und verbreiteten rassistisch begründete Antisemitismus, der Jüdinnen und Juden bestimmte,
angeblich angeborene negative Eigenschaften zuschreibt und sie für vermeintliche oder tatsächliche Missstände
in Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur verantwortlich macht.
Schon in den Stunden vor und vor allem dann nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Österreich in den
Morgenstunden des 12. März 1938 fielen alle Schranken - gewalttätiger Antisemitismus und Hass auf politische
Gegner brachen hervor. Jüdinnen und Juden wurden aus Wohnungen gezerrt und unter dem boshaften Beifall der
Umstehenden öffentlich gedemütigt. Geschäfte wurden beschmiert und geplündert, Nationalsozialisten
und deren Sympathisanten nutzten die ersten Wochen nach dem "Anschluss" zu schrankenlosen Bereicherungen.
Die Propaganda für die inszenierte Volksabstimmung am 10. April 1938 über den "Anschluss" Österreichs
an Nazi Deutschland war allgegenwärtig.
Erst im Mai 1938 wurden diese "Arisierungen" in geregelte Bahnen gelenkt, um Gewinne aus den Beraubungen
auch für den NS-Staat und für verdiente NS-Unterstützer zu sichern. Dieser Raubzug sowie Berufsverbote
und Wohnungskündigungen sollten jegliche Existenzgrundlage der jüdischen Bevölkerung zerstören
und diese möglichst rasch aus dem Deutschen Reich vertreiben. Außerdem konnten so in ihrem Ausmaß
auch von Historikern und Historikerinnen nur schwer zu beziffernde Werte unter der Bevölkerung verteilt werden.
Unzählige Österreicherinnen und Österreicher profitierten auf diese Weise auf die eine oder andere
Art von dieser nationalsozialistischen Beraubungspolitik - sie erhielten Wohnungen, Möbel, sonstige Vermögenswerte,
Arbeitsplätze, unliebsame geschäftliche Konkurrenz wurde beseitigt. Das NS-Regime konnte sich so die
Unterstützung zahlreicher "Volksgenossen" sichern.
Die Ausstellung "Shoah - wie war es menschlich möglich?" von Yad Vashem erzählt die gesamte
Geschichte der Shoah. Besucherinnen und Besucher erhalten einen fundierten historischen Überblick über
die schrecklichen Ereignisse dieses präzedenzlosen Menschenverbrechens an den Jüdinnen und Juden in Europa
zwischen 1933 und 1945.
Die Ausstellung nimmt sich der wichtigsten Aspekte der Shoah an, zeigt dabei auch persönliche Geschichten
und lässt Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zu Wort kommen.
19 Tafeln wurden dazu von der Museum Division von Yad Vashem entwickelt, 4 weitere Tafeln mit Österreich-Bezug
wurden in Wien hinzugefügt, deren Erarbeitung von Univ. Doz.in Dr.in Brigitte Bailer-Galanda und Universitätsprofessor
DDr. Oliver Rathkolb wissenschaftlich begleitet wurde.
Neben den chronologischen Ereignissen widmet die Ausstellung sich auch thematischen Kapiteln: der jüdische
Reaktion, der Haltung der Mehrheit der Menschen, der ‚Gerechten unter den Völkern' (Righteous Among The Nations).
"Es war mir ein großes Anliegen, diese wichtige Ausstellung gerade im Gedenkjahr 2018 nach Wien zu bringen
und hier zu zeigen", sagt Milli Segal, Ausstellungsleiterin für Österreich. "Ich bedanke mich
sehr herzlich beim Beirat für das Gedenk- und Erinnerungsjahr 2018 und dem BM für Bildung, Wissenschaft
und Forschung, für die Förderung sowie bei Univ. Prof. Dr. Heinz Engl, Rektor der Universität Wien,
für die Bereitschaft, die Ausstellung an der Universität zu zeigen. Mein großer Dank gilt auch
Univ. Doz.in Dr.in Brigitte Bailer-Galanda und Univ. Prof. DDr. Oliver Rathkolb für die Unterstützung
beim Zustandekommen der Österreich Tafeln."
"Ich bin selbst Jüdin der 2. Generation, der Generation, die ohne Großeltern und mit Eltern,
die mit Glück die Shoah überlebt haben, aufgewachsen ist", so Milli Segal. "Es ist mir wichtig,
aufzuzeigen, was geschehen kann, wenn Menschenverachtung und das Nicht- zurückschrecken vor Mord an Unschuldigen
die Oberhand gewinnt. Es gibt keine Sicherheit, dass solche Gräueltaten nicht wieder geschehen können!
Daher dürfen wir nicht aufhören, durch Projekte wie diese Ausstellung, dafür Sorge zu tragen, dass
wir uns erinnern."
11. April – 30. Juni 2018
Öffnungszeiten:
Montag – Freitag 8 – 22 Uhr, Samstag/Sonntag 8 – 19 Uhr
Ort: Universität Wien - Hauptgebäude
1010 Wien, Universitätsring 1 (1. Stock, Bibliotheksgang)
Der Eintritt ist frei
Dies Ausstellung wurde von der Museumsabteilung Yad Vashem
(Bereich Wanderausstellungen) produziert.
Design: Tarazi Studio Ausstellungsorganisation für Österreich: Agentur Milli Segal
Umsetzung für Österreich: Werkstatt Lichtenthal Werbe GmbH
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