Die TU Wien koordiniert ein Bildungsprojekt: Speziell in Roma-Gemeinden soll Kindern und Jugendlichen
spielerisch der Umgang mit digitalen Geräten nahegebracht werden.
Brüssel/Wien (tu) - Noch vor wenigen Jahrzehnten galt der Umgang mit Computern als technisches Spezialwissen
- heute gehört digitale Kompetenz zu den grundlegenden Kulturtechniken, ähnlich wie Lesen, Schreiben
und Rechnen. Um sich in der modernen Arbeitswelt zurechtzufinden, aber auch um soziale Kontakte zu pflegen und
sich als vernetzter Teil der Gesellschaft fühlen zu können, sind digitale Kompetenzen unverzichtbar geworden.
Speziell Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Schichten haben es aber oft schwer, diese digitalen
Grundfähigkeiten zu erwerben. Daher koordiniert die TU Wien das Erasmus-Projekt „Head in the Clouds: Digital
Learning to Overcome School Failure“, das sich insbesondere an Gemeinden mit Roma-Bevölkerung richtet. Gemeinsam
mit sechs Partnern aus fünf Ländern werden Materialien und Methoden für einen alternativen, von
Neugier getriebenen Unterricht entwickelt, um Kinder spielerisch an den Umgang mit Smartphone, Tablet und Computer
heranzuführen. Sie sollen auf ihrem Bildungsweg unterstützt werden, die Anzahl der Schulabbrüche
soll sinken. Das Projekt läuft im Sommer aus, die Projektpartner ziehen eine positive Bilanz.
8. April: Welttag der Roma
„Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Gruppen – Familien mit Migrationshintergrund, Geflüchtete
oder Angehörige von Minderheiten wie etwa den Roma – haben oft kaum Zugang zu digitalen Geräten, und
können diese wichtigen digitalen Kompetenzen kaum erlernen“, sagt Niina Novak vom Institut für Information
Systems Engineering der TU Wien, die das Bildungsprojekt koordiniert. „Wir arbeiten in unserem Projekt speziell
mit Partnern aus Regionen zusammen, in denen der Anteil an Roma hoch ist – in der Slowakei, im Kosovo und in Rumänien.“
Zehn bis zwölf Millionen Roma leben in Europa, davon rund sechs Millionen in der EU. Sie bilden damit Europas
größte ethnische Minderheit. „Noch immer haben viele von ihnen mit Ausgrenzung zu kämpfen“, sagt
Niina Novak. „Dem begegnet man am besten durch mehr Bildung – und Bildung vermittelt man heute am besten mit digitalen
Medien.“
Themenboxen für Kinder und Jugendliche
Die Grundidee des Bildungsprojekts ist es, Kinder und Jugendliche zum selbstbestimmten Lernen zu animieren. Dafür
wurden sogenannte „SOLE-Boxen“ (Self-Organized Learning Environments) entwickelt. Die Boxen beinhalten digitale
Geräte und Lehrmaterialien, die Kinder und Jugendliche animieren sollen, von sich aus auf eine bildungsfördernde
Entdeckungsreise zu gehen. Sie widmen sich unterschiedlichen Themengebieten – Videotechnik, Informationstechnologie
und Programmierung, aber auch Englisch, Umwelt und Alltagsherausforderungen. Zu allen Themen gibt es Aufgaben mit
unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden, um unterschiedliche Altersgruppen anzusprechen. Jede Box steht jeweils
zwei Monate lang in Schul- und Nachmittagsbetreuungszentren der Partnereinrichtungen zur Verfügung und wird
im Anschluss daran evaluiert.
„Zwei der Boxen liegen mir besonders am Herzen“, meint Niina Novak. „Die Box ‘IT 101‘ und die Box zum Thema Programmierung.“
Dabei werden Raspberry PIs als Mini-Computer eingesetzt, um ein Basisverständnis über Computer, Office
Softwareprogramme und Internetdienste zu vermitteln.
Der nächste Schritt ist das Erlernen der einfachen grafischen Programmiersprache Scratch – damit gelingt es,
erste Programme und Animationen zu entwickeln. Auch LEGO-Roboter oder die Online-Spielewelt Minecraft werden spielerisch
eingesetzt, um digitale Kompetenzen zu stärken.
Mehr als nur IT
„Diese Boxen sollen natürlich zunächst Wissen im IT-Bereich vermitteln. Aber darüber hinaus sollen
sie den Kindern auch zeigen, wie man Computer und Internet auch in allen anderen Wissensbereichen einsetzen kann,
um Neues zu lernen. Und gleichzeitig werden Teamfähigkeit und Sozialkompetenz geschult“, betont Niina Novak.
„Das Feedback von Kindern, Jugendlichen und Pädagogen ist durchgehend positiv.“ Aufgrund dieses Erfolgs ist
auch bereits ein Nachfolgeprojekt in Planung.
„Head in the Clouds“ soll keine Alternative zu herkömmlichem Unterricht sein, sondern eine Erweiterung, die
neue Möglichkeiten eröffnet. Mit digitalen Grundkompetenzen soll es möglich werden, getrieben von
Wissensdurst und Neugier den eigenen Bildungsinteressen nachzugehen.
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