Bischof Bünker predigt in ökumenischem Gedenkgottesdienst am 8. April – Ökumenische
Reisegruppe aus Tirol nimmt an Gedenken teil
Innsbruck/Wien/Dachau (epdÖ) – Ein ökumenischer Gedenkgottesdienst in der Versöhnungskirche
der KZ-Gedenkstätte Dachau erinnert am Sonntag, 8. April, an den ersten Gefangenentransport aus Österreich
in das bayrische Konzentrationslager im Frühjahr 1938. Am 2. April des Jahres war ein Zug mit 150 Juden und
politischen Gegnern der Nationalsozialisten in Dachau eingetroffen. Unter den 150 NS-Verfolgten befanden sich Funktionäre
der zuvor im „Ständestaat“ autoritär herrschenden „Vaterländischen Front“ ebenso wie von diesen
verfolgte Sozialdemokraten und Kommunisten, aber auch eine größere jüdische Gruppe. Das erste Mordopfer
aus diesem Transport war der jüdische Gewürzhändler Johann Kotanyi, der noch im April 1938 von den
SS-Schergen in den Suizid getrieben wurde. Auch wenn im ersten Transport nur Männer waren, so wurden später
auch österreichische Frauen ins KZ Dachau verschleppt. Im Gottesdienst wird namentlich an Fritzi Kohn aus
Wien erinnert. Für die junge Beamtin begann wegen ihrer jüdischen Herkunft die Verfolgung mit dem Einmarsch
der deutschen Wehrmacht in Österreich im März 1938. Schließlich verschleppten die Nazis sie nach
Auschwitz und von dort im Juli 1944 in eines der Kauferinger Außenlager des Konzentrationslagers Dachau.
Die SS beschuldigte sie der so genannten Rassenschande mit einem nichtjüdischen Mann und ermordete die schwangere
Frau am 15. September 1944. Sie wurde nur 27 Jahre alt.
Das Gedenken am 8. April widmet sich in mehreren Programmpunkten der Erinnerung an den Österreicher-Transport.
Neben dem Gottesdienst, in dem der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker predigen wird, sind auch
Führungen geplant.
Shoah-Überlebende als Ehrengäste – Ausstellung über österreichischen Widerstand
Im ökumenischen Gedenkgottesdienst steht die Erinnerung an die österreichischen Dachau-Häftlinge
im Mittelpunkt. Der emeritierte katholische Linzer Bischof Maximilian Aichern, geboren 1932, spricht über
seine prägenden Begegnungen mit deutschen Besatzern und Dachau-Überlebenden. Michael Bünker, Bischof
der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich und Generalsekretär der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen
in Europa, wird in seiner Predigt auf Menschen eingehen, die heute wegen ihres Eintretens für Gerechtigkeit,
Wahrheit und Menschenrechte verfolgt werden. Gedenkkerzen für die ermordeten Dachau-Häftlinge aus Österreich
entzünden neben den beiden Bischöfen auch Pfarrer Alfons Einsiedl, dessen Großvater Alois Renoldner
1938 als Gendarmerie-Oberst aus Österreich ins KZ Dachau verschleppt worden war, sowie für die gastgebenden
deutschen Kirchen Kirchenrat Björn Mensing, Landeskirchlicher Beauftragter für evangelische Gedenkstättenarbeit
und Pfarrer der Versöhnungskirche, und Pastoralreferent Ludwig Schmidinger, Bischöflicher Beauftragter
für KZ-Gedenkstättenarbeit in der Erzdiözese München und Freising und katholischer Seelsorger
an der Gedenkstätte Dachau.
Im Anschluss an den Gottesdienst singt Kantor Nikola David von der Liberalen jüdischen Gemeinde München
Beth Shalom ein Gedenkgebet an der jüdischen Gedenkstätte. Zudem ist in der Versöhnungskirche die
Ausstellung „Österreichischer Widerstand gegen Hitler“ zu sehen. Für interessierte Gottesdienstbesucherinnen
und -besucher wird am frühen Nachmittag auf Anfrage ein thematischer Rundgang durch die KZ-Gedenkstätte
„auf den Spuren“ der Österreicher angeboten. Als Ehrengäste haben die beiden Shoah-Überlebenden
Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde in München und Oberbayern, und Ernst
Grube, Vorsitzender der Lagergemeinschaft Dachau und des Kuratoriums der Stiftung Bayerische Gedenkstätten,
ihr Kommen zugesagt.
Superintendent Dantine: „Ökumenisches Gedenken sehr wichtig“
Die Ökumenische Initiative Tirol organisiert eine konfessionsübergreifende Gedenkfahrt zum deutsch-österreichischen
Gottesdienst. Superintendent Olivier Dantine begrüßt das gemeinsame Vorhaben: „Das Gedenken an die Ereignisse
vor 80 Jahren ist sehr wichtig, vor allem in Hinblick darauf, dass Evangelische insbesondere in Salzburg und Innsbruck
große Begeisterung für den so genannten Anschluss zeigten.“ Dass sich aus Tirol eine ökumenische
Gruppe auf den Weg nach Dachau mache, freue ihn besonders: „Gerade ökumenisches Gedenken ist besonders wichtig.“
Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) führt auf seiner Homepage eine
Liste mit den Namen und Biographien aller 150 Männer, die am 2. April 1938 nach Dachau gebracht wurden. Das
1933 gegründete KZ Dachau war das erste durchgängig betriebene nationalsozialistische Konzentrationslager.
Von den rund 200.000 Inhaftierten starben bis 1945 nach unterschiedlichen Angaben etwa 30.000 bis 40.000 Personen.
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