Mehr Effizienz, weniger CO2: Fernwärme könnte in vielen Fällen noch umweltfreundlicher
werden, wenn man zusätzlich Wärmepumpen einsetzt, zeigt eine Studie der TU Wien.
Wien (tu) - Wärmepumpentechnik für die Heizung zu Hause ist längst nichts Ungewöhnliches
mehr. Doch für große Fernwärmenetze werden Wärmepumpen heute kaum eingesetzt. Die Energy Economics
Group der TU Wien schloss nun das großangelegte, vom Klima- und Energiefonds geförderte, Forschungsprojekt
„P2H-Pot“ ab, in dem das Potenzial von Wärmepumpen im Fernwärmebereich untersucht wurde. Das Ergebnis:
In vielen Fernwärmenetzen könnte die Wärmepumpentechnik eine wesentliche Effizienzsteigerung bringen,
CO2-Emissionen sparen und durch Nutzen von überschüssigem Strom aus alternativen Quellen das Stromsystem
stabilisieren. Ein Marktanteil von Wärmepumpen von 10-30% bei der Erzeugung von Fernwärme bis zum Jahr
2050 ist für viele Fernwärmenetze realistisch.
Kaltes wird kälter und Warmes wird wärmer
Wenn man kalte und warme Objekte in Kontakt bringt, gleichen sie ihre Temperaturen an. Eine Wärmepumpe hat
gewissermaßen die Aufgabe, das Gegenteil zu erreichen: Etwas Kaltes – etwa ein kühler Luftstrom – wird
noch weiter abgekühlt, dabei wird Energie frei, die man nutzt, um etwas Warmes noch wärmer zu machen.
Das kann nach den Gesetzen der Thermodynamik freilich nie ganz von selbst geschehen, es ist nur möglich, wenn
zusätzliche Energie aufgewendet wird, etwa in Form von elektrischem Strom. Wärmepumpen liefern dabei
eine relativ große Wärmemenge mit relativ geringem Aufwand an elektrischer Energie.
So ist es naheliegend, darüber nachzudenken, ob man dieses Grundkonzept nicht auch dort einsetzen könnte,
wo gewaltige Wärmemengen für viele Haushalte erzeugt werden müssen – nämlich im Fernwärmenetz.
„Es ist klar, dass die CO2-Emissionen im Energiesektor gesenkt werden müssen, und dazu können auch die
Fernwärmenetze einen Beitrag leisten“, sagt Gerhard Totschnig von der Energy Economics Group (Institut für
Energiesysteme und Elektrische Antriebe) der TU Wien. Er leitete ein Forschungsprojekt, in dem zweieinhalb Jahre
lang analysiert wurde, ob der Einsatz von Wärmepumpen im Fernwärmebereich Vorteile bringen kann.
„Wir haben unterschiedliche österreichische Fernwärmenetze analysiert und nachgerechnet, ob der Einsatz
von Großwärmepumpen im Zeitraum 2030 bis 2050 technisch und ökonomisch sinnvoll ist“, sagt Gerhard
Totschnig. Zu berücksichtigen sind dabei nicht nur die stündlich aufgelöste Simulation der zu erwartenden
Effizienzen von Strom zu Wärme, sondern auch Steuern und Netzgebühren und Projektionen über künftige
Kosten von Energieträgern und CO2 Emissionszertifikaten. Entscheidend ist auch die Verfügbarkeit von
günstigen Niedertemperaturwärmequellen (Rauchgas, Abwärmequellen, Geothermie) und die Konkurrenz
zu anderen Wärmequellen in der Region – etwa direkt nutzbarer Hochtemperaturabwärme aus Industrieanlagen
oder Müllverbrennungs-KWK-Anlagen. „Aus diesen Gründen hängt die Wirtschaftlichkeit und das Potential
von Wärmepumpen von den Gegebenheiten im Einzelfall ab und muss genau durchgerechnet werden“, erklärt
Gerhard Totschnig.
Positive Ergebnisse
„Wenn wir Szenarien eines zukünftigen Energiesystems entwickeln, mit hohem Anteil erneuerbarer Energieträger
und niedrigen CO2-Emissionen, dann sehen wir, dass Großwärmepumpen in der Fernwärme einen bedeutenden
Marktanteil erreichen können“, ist Totschnig überzeugt. In den meisten Fernwärmenetzen, so ergaben
die Analysen, wird ein Einsatz von Wärmepumpen bereits im Jahr 2030 wirtschaftlich sein. Wie stark sie eingesetzt
werden, hängt nicht zuletzt davon ab, wie sich die Brennstoff- und CO2 Preise entwickeln, erklärt Totschnig:
„Wenn man von einer starken Dekarbonisierung des Energiesystems ausgeht, dann ist ein Anteil der Wärmepumpen
an der Fernwärmeerzeugung großteils zwischen 10 und 30%, je nach Fernwärmenetz unterschiedlich,
im Jahr 2050 zu erwarten.“ Besonders bei größeren Biomasse-Heizwerken und Biomasse-Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen
sind Wärmepumpen eine wirtschaftliche Lösung – ganz speziell in Kombination mit Rauchgaskondensation.
Ein Vorteil des Einsatzes von Wärmepumpen wäre die Stabilisierung des Stromsystems: „Insbesondere in
der Übergangszeit und im Sommer würde man Wärmepumpen genau dann einsetzen, wenn billiger Strom
zur Verfügung steht. So könnten etwa Überschüsse genutzt werden, wenn Windkraftwerke gerade
viel Energie liefern“, erklärt Gerhart Totschnig. So könnte man auch einen wichtigen Beitrag für
ein flexibleres, stabiles Stromnetz mit einem hohen Anteil an erneuerbarer Energie liefern.
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