Linz (voestalpine) - Ein EU-gefördertes Leuchtturmprojekt in Sachen CO2-reduzierte Energiezukunft und Dekarbonisierung
der Stahlproduktion nimmt Gestalt an: Das Projektkonsortium „H2FUTURE“ bestehend aus voestalpine, Siemens, VERBUND
sowie Austrian Power Grid und den wissenschaftlichen Partnern K1-MET und ECN gab am voestalpine-Standort Linz am
16. April offiziell den Bau der weltweit größten Pilotanlage zur Herstellung von „grünem“ Wasserstoff
frei. Mit sechs Megawatt Anschlussleistung ist es die wirkungsvollste und modernste Anlage ihrer Art. Die Partner
aus Industrie und Energiewirtschaft wollen damit an künftigen „Breakthrough-Technologien“ forschen, um den
globalen Klimazielen langfristig gerecht zu werden. Der Vollbetrieb der Anlage ist für Frühjahr 2019
geplant.
Die CO2-Emissionen bis 2050 um rund 80 Prozent zu reduzieren, ist das zentrale Klimaziel, für dessen Erreichung
sich sowohl Energieversorger als auch Industrie bestmöglich rüsten und gemeinsam neue Wege gehen müssen.
Genau hier setzt das Forschungsprojekt H2FUTURE an. Weltweit werden jährlich über 600 Milliarden Kubikmeter
Wasserstoff verbraucht, von denen mehr als 95 Prozent durch einen CO2-lastigen Prozess hergestellt werden. Auf
dem Werksgelände der voestalpine in Linz entsteht nun die derzeit größte und modernste Elektrolyseanlage
zur Erzeugung von „grünem“ – sprich CO2-freiem – Wasserstoff. Mit dem EU-geförderten 18-Millionen-Euro-Projekt
werden künftig die Einsatzmöglichkeiten von „grünem“ Wasserstoff in den verschiedenen Prozessstufen
der Stahlerzeugung sowie das Zusammenspiel mit dem Regelenergiemarkt des Stromnetzes getestet. Für die Bereiche
Industrie, Transport und Energie ist CO2-freier Wasserstoff ein wichtiger Energieträger der Sektorkopplung
und kann wesentlich zum Erreichen der Klimaziele beitragen. Die neue Anlage soll ein technologischer Meilenstein
auf dem Weg zur Energiewende und damit zur schrittweisen Dekarbonisierung der Stahlindustrie sein.
Klare Vision: Stahlerzeugung mit minimalen Emissionen
Nach dem Projektstart zu Beginn 2017 schreitet der Bau der Pilotanlage am voestalpine-Standort Linz inzwischen
zügig voran. Das Fundament steht und die Errichtung der Hallenkonstruktion läuft. In den Sommermonaten
werden die Kernkomponenten zur Elektrolyse geliefert und noch binnen Jahresfrist soll die Inbetriebnahme beginnen.
Der Start des umfangreichen zweijährigen Versuchsprogramms ist für Frühjahr 2019 geplant. „Mit der
Errichtung der neuen Pilotanlage für die Herstellung von CO2-freiem Wasserstoff setzen wir einen weiteren
Schritt in Richtung langfristiger Realisierung einer Technologietransformation in der Stahlindustrie. Das Ziel
dabei ist es, echte ‚Breakthrough-Technologien‘ zu erforschen, die in etwa zwei Jahrzehnten im großtechnischen
Stil anwendbar sein könnten“, so Wolfgang Eder, Vorstandsvorsitzender der voestalpine AG. Die Zukunftsvision
des Technologie- und Industriegüterkonzerns sieht vor, von Kohle bzw. Koks über Brückentechnologien
mit Erdgas (z. B. heute schon in der Direktreduktionsanlage in Texas) letztlich zur möglichst umfassenden
Anwendung von „grünem“ Wasserstoff zu gelangen. „Voraussetzung dafür ist, dass erneuerbare Energie in
ausreichendem Umfang und zu konkurrenzfähigen Bedingungen als Basis zur Verfügung steht“, ergänzt
Herbert Eibensteiner, im voestalpine-Vorstand zuständig für die Steel Division.
Herzstück mit enormem Wirkungsgrad
„In der Anlage schlägt ein hochtechnologisches Herz von Siemens. Wir spalten mit Hilfe von grünen
Elektronen Wasser in seine Grundkomponenten Wasserstoff und Sauerstoff“, erklärt Wolfgang Hesoun, Vorstandsvorsitzender
der Siemens AG Österreich. Für die Forschungsanlage in Linz hat Siemens das derzeit weltweit größte
PEM („Proton Exchange Membrane“)-Elektrolysemodul entwickelt. Mit einer Anschlussleistung von sechs Megawatt können
damit 1.200 Kubikmeter „grüner“ Wasserstoff pro Stunde produziert werden. Bei der Umwandlung von Strom in
Wasserstoff wird ein Rekord-Wirkungsgrad von 80 Prozent angestrebt. Der Wasserstoff kann gespeichert werden und
ist vielseitig einsetzbar: Als Grundstoff in der Industrie wie in Linz, aber auch als Treibstoff in der Mobilität
oder als Energieträger bei der Strom- und Gasversorgung. „Die DNA von Siemens ist saubere Energie: von Erzeugung
über Verteilung bis zur Anwendung. Effiziente Technologien sind ein wesentlicher Baustein, um den Klimawandel
mit seinen dramatischen Folgen einzudämmen“, erklärt Hesoun. Der globale Bedarf für Wasserstoff
wird sich bis 2050 auf rund 6 Billionen Kubikmeter verzehnfachen. Anlagen, wie jene in Linz sind die Voraussetzung,
um den steigenden Bedarf nahezu CO2-neutral abdecken zu können. „Auch energieintensive Industrien können
klimaneutral sein. Mit diesem herausragenden Projekt kommen wir dem globalen Dekarbonisierungsziel einen Schritt
näher“, sagt Roland Busch, Chief Technology Officer von Siemens und Mitglied des Vorstands von Siemens. „Die
Technologie unterstützt unsere Kunden dabei, den Wandel im Energiesektor und zugleich den Klimaschutz voranzutreiben.
Siemens selbst hat ehrgeizige Ziele: Bis zum Jahr 2020 werden wir die CO2-Bilanz unseres operativen Geschäfts
halbieren und bis 2030 klimaneutral sein“, sagt Busch.
Grünstrom für grünen Wasserstoff
Erst durch die Elektrolyse von Wasser mit Strom aus erneuerbaren Quellen entsteht „grüner“ Wasserstoff. VERBUND,
als Österreichs größtes Stromunternehmen und einer der führenden Hersteller von Strom aus
Wasserkraft in Europa, erzeugt mit seinen 128 Wasserkraftwerken knapp 100 % seiner Stromerzeugung aus erneuerbaren
Quellen. „Um volatile erneuerbare Energie aus Wind- und Sonnenkraft ins Energiesystem integrieren zu können,
brauchen wir in Zukunft noch mehr Speichermöglichkeiten. Neben unseren Pumpspeicherkraftwerken in den Alpen
und Batteriespeicher-Lösungen unterschiedlicher Dimensionen sehen wir großes Potenzial in der Energiespeicherung
mit grünem Wasserstoff“, so Wolfgang Anzengruber, CEO VERBUND. „Grüner“ Wasserstoff ist für uns
das perfekte Beispiel für die Sektorkopplung, die zur Dekarbonisierung von Energiewirtschaft, Industrie und
Transport dringend erforderlich ist.“ Beim H2FUTURE-Projekt liefert VERBUND den Strom aus erneuerbaren Energien
und ist zudem für die Entwicklung von netzdienlichen Services verantwortlich. Über Demand-Side-Management
wirkt der PEM-Elektrolyseur als dynamische Regellastkomponente, um zum Ausgleich von Schwankungen im zunehmend
volatileren Stromnetz beizutragen.
Flaggschiffprojekt der EU-Kommission
Das Projektvolumen für die neue Anlage beläuft sich auf etwa 18 Millionen Euro für sechs Konsortiumspartner
über eine Laufzeit von viereinhalb Jahren. Rund 12 Millionen Euro davon stammen aus Fördermitteln der
Europäischen Kommission, konkret dem Joint Undertaking für Fuel Cells & Hydrogen (FCH JU). „Das H2FUTURE-Projekt
ist eines der Flaggschiff-Projekte des FCH JU, die aus dem EU-Programm Horizon2020 finanziert werden. Es zeigt,
dass großindustrielle Produktionsprozesse wie die Stahlproduktion auch nachhaltig umsetzbar sind und in absehbarer
Zukunft eine praktikable Option darstellen. Darüber hinaus ist dieses Projekt ein eindrucksvolles Beispiel
für erfolgreiche Sektorkopplung. Beide Aspekte belegen deutlich, dass Wasserstoff ein wichtiges Puzzleteil
zur Erreichung der europäischen Klimaziele ist", so Bart Biebuyck, Executive director, Fuel Cells and
Hydrogen Joint Undertaking (FCH JU).
voestalpine
Die voestalpine ist ein in seinen Geschäftsbereichen weltweit führender Technologie- und Industriegüterkonzern
mit kombinierter Werkstoff- und Verarbeitungskompetenz. Die global tätige Unternehmensgruppe verfügt
über rund 500 Konzerngesellschaften und -standorte in mehr als 50 Ländern auf allen fünf Kontinenten.
Sie notiert seit 1995 an der Wiener Börse. Mit ihren qualitativ höchstwertigen Produkt- und Systemlösungen
aus Stahl und anderen Metallen zählt sie zu den führenden Partnern der europäischen Automobil- und
Hausgeräteindustrie sowie weltweit der Luftfahrt- und Öl- & Gasindustrie. Die voestalpine ist darüber
hinaus Weltmarktführer in der Weichentechnologie und im Spezialschienenbereich sowie bei Werkzeugstahl und
Spezialprofilen. Im Geschäftsjahr 2016/17 erzielte der Konzern bei einem Umsatz von 11,3 Milliarden Euro ein
operatives Ergebnis (EBITDA) von 1,54 Milliarden Euro und beschäftigte weltweit rund 50.000 Mitarbeiter.
Siemens Österreich
Siemens Österreich zählt zu den führenden Technologieunternehmen des Landes. Insgesamt
arbeiten für Siemens in Österreich rund 10.300 Menschen. Der Umsatz lag im Geschäftsjahr 2017 bei
rund 3,4 Milliarden Euro. Die Geschäftstätigkeit konzentriert sich auf die Gebiete Elektrifizierung,
Automatisierung und Digitalisierung. Dazu gehören im Wesentlichen Systeme und Dienstleistungen für die
Energieerzeugung, -übertragung und -verteilung ebenso wie energieeffiziente Produkte und Lösungen für
die Produktions-, Transport- und Gebäudetechnik. Darüber hinaus ist das Unternehmen mit seiner börsennotierten
Tochtergesellschaft Siemens Healthineers AG ein führender Anbieter bildgebender medizinischer Geräte
wie Computertomographen und Magnetresonanztomographen sowie in der Labordiagnostik und klinischer IT. Automatisierungstechnologien,
Software und Datenanalytik spielen in all diesen Bereichen eine große Rolle. Mit seinen sechs Werken, weltweit
tätigen Kompetenzzentren und regionaler Expertise in jedem Bundesland trägt Siemens Österreich nennenswert
zur heimischen Wertschöpfung bei. Im abgelaufenen Geschäftsjahr betrug alleine das Fremdeinkaufsvolumen
der Siemens AG Österreich bei rund 11.000 Lieferanten – etwa 6.900 davon aus Österreich – über 1
Milliarde Euro. Siemens Österreich hat nicht nur die Geschäftsverantwortung für den heimischen Markt,
sondern auch für 18 weitere Länder in der Region Zentral- und Südosteuropa sowie Israel.
VERBUND
VERBUND ist Österreichs führendes Stromunternehmen und einer der größten Stromerzeuger aus
Wasserkraft in Europa. Rund 95 Prozent seines Stroms erzeugt das Unternehmen aus Wasserkraft. VERBUND handelt in
12 Ländern mit Strom und erzielte 2017 mit rund 2.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Jahresumsatz
von rund 2,9 Mrd. Euro. Mit Tochterunternehmen und Partnern ist VERBUND von der Stromerzeugung über den Transport
bis zum internationalen Handel und Vertrieb aktiv. Seit 1988 notiert VERBUND an der Börse Wien, 51 % des Aktienkapitals
besitzt die Republik Österreich.
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