Wien (universität) - Bisherige Studien ließen vermuten, dass sexuell objektifizierte Frauen und Männer
visuell auf die gleiche Art und Weise verarbeitet werden wie Objekte. Ein internationales Forschungsteam um Giorgia
Silani und Helmut Leder von der Universität Wien untersuchte nun, unter welchen Bedingungen dieses Phänomen
auftritt und bestätigen damit diese Annahme. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich in der renommierten
Fachzeitschrift "PlosOne" veröffentlicht.
Die kontroversiell diskutierte "Sexualisierte-Körper-Inversions-Hypothese" behauptet, dass sexuell
objektifizierte Frauen und Männer visuell ähnlich verarbeitet werden wie unbelebte Objekte. Dies deutet
auf einen zugrundeliegenden kognitiven Mechanismus bei der Objektivierung von Menschen hin. Aufgrund eines Mangels
an vereinbaren Studienergebnissen wurde diese Behauptung bislang oft in Frage gestellt. Ein Team unter der Leitung
von Giorgia Silani in Zusammenarbeit mit Helmut Leder an der Fakultät für Psychologie der Universität
Wien hat, gemeinsam mit WissenschafterInnen an der Universität Triest und der SISSA, in einer Serie von Experimenten
untersucht, unter welchen Bedingungen das Auftreten dieses Phänomens durch visuelle Darstellungen beobachtet
werden kann.
Die Studie nutzte eine weit verbreitete, visuelle Zuordnungsaufgabe, bei der ein zuvor präsentierter Reiz
wiedererkannt werden muss. Mit der Methode untersuchten die WissenschafterInnen das Auftreten des Inversions-Effekts
– dieser führt zu einer schlechteren Leistung der Zuordnung, wenn Stimuli in einer eher ungewöhnlichen
Orientierung, nämlich auf dem Kopf stehend, dargestellt werden. Dazu verwendeten sie sexualisierte Zielreize
(Bilder von Frauen und Männern in Bademode und Unterwäsche), nicht sexualisierte Zielreize (Bilder von
Frauen und Männern in Alltagskleidung) sowie reale Objekte (Bilder von Häusern). Silani und ihre KollegInnen
manipulierten die visuellen Eigenschaften und Charakteristika der Stimuli um herauszufinden, ob dieser Effekt durch
Unterschiede in der Asymmetrie der Stimuli verursacht wird.
Die Präsentation asymmetrischer Stimuli – das sind Stimuli bei denen es einen eindeutigen Unterschied zwischen
der linken und rechten Hälfte des Bildes gibt – führte zu schwächeren Inversions-Effekten. Einen
deutlichen Unterschied in der Auftrittshäufigkeit des Inversions-Effektes gab es zwischen sexualisierten und
nicht-sexualisierten Zielreizen, wenn die Stimuli gleich schwierig zu erkennen waren. Dies deutet darauf hin, dass
sexualisierte Individuen visuell auf eine Art verarbeitet werden, die oft bei der Verarbeitung von Objekten beobachtet
wird. Durch die Aufzeichnung von Augenbewegungen konnten die AutorInnen diese Differenz zwischen sexualisierten
und nicht-sexualisierten Zielreizen mit einem speziellen Muster bei der visuellen Exploration der Bilder in Verbindung
bringen. Dabei haben sie eine geringere Anzahl an Fixationen in der Gesichtsregion der sexualisierten Zielreize
im Vergleich zu nicht-sexualisierten Zielreizen festgestellt, was darauf hindeutet, dass die "Sexualisierte-Körper-Inversions-Hypothese"
durchaus wahrscheinlich ist.
Publikation in PlosOne:
"Understanding the mechanisms behind the sexualized-body inversion
hypothesis: the role of asymmetry and attention biases." Carlotta Cogoni, Andrea Carnaghi, Aleksandra Mitrovic,
Helmut Leder, Carlo Fantoni, Giorgia Silani.
Doi: 10.1371/journal.pone.0193944
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