Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Regierungsvertreter bei Chinas Staatsspitze
- Unterzeichnung bilateraler Verträge – "Sogenannte Handelskriege sind das letzte, was wir brauchen!"
Peking/Wien (apa/prk) - Es war ein Empfang mit allen militärischen Ehren und einer jubelnden Kinderschar:
Bundespräsident Alexander Van der Bellen und fünf Vertreter der schwarz-blauen Bundesregierung sind am
Sonntagnachmittag (Ortszeit) in Peking mit der Staatsspitze Chinas zusammengetroffen.
"Sie haben den Frühlingswind gebracht", sagte Präsident Xi Jinping zur Begrüßung.
Alexander Van der Bellen nahm den Ball auf: "Der März in Wien war kalt, hier grünen die Bäume.
Wir freuen uns darüber."
Der Bundespräsident wurde von Bundeskanzler Sebastian Kurz, Umweltministerin Elisabeth Köstinger, Wirtschaftsministerin
Margarete Schramböck sowie Außenministerin Karin Kneissl und Infrastrukturminister Norbert Hofer sowie
WKÖ-Präsident Christoph Leitl begleitet. Xi nahm dies erfreut zur Kenntnis. So eine große Delegation
aus Österreich habe es noch nie gegeben. "Das ist ein Zeichen - ein Zeichen, wie wichtig der Besuch ist."
Österreich sei ein wichtiger Partner, China bereit, die Freundschaft zu vertiefen, sagte Staatspräsident
Xi. Dass die neue Bundesregierung den Ausbau der Seidenstraße in ihr Programm aufgenommen habe, sei besonders
erfreulich. Nach den Gesprächen sollen mehrere bilaterale Verträge unterzeichnet werden. Darunter eine
Absichtserklärung, die "Seidenstraßeninitiative" auf Basis bestehender bilateraler Vereinbarungen
fortzusetzen. Dazu soll auch der Ausbau der nötigen Bahnverbindungen "diskutiert" werden.
Zuvor war die Delegation mit Regierungschef Li Keqiang zusammengetroffen. Generell stehen bei dem Staatsbesuch
Wirtschaftsfragen im Zentrum. Kritische Fragen wie Menschenrechtsthemen würden nur in persönlichen Gesprächen
erörtert, hieß es bereits im Vorfeld der Treffen.
Zumindest ein Teil der Delegation - darunter über 200 Personen aus den Bereichen Wirtschaft, Umwelt, Wissenschaft
und Kultur - wird im weiteren Verkauf der bis Freitag dauernden Reise auch das Boao-Forum in Hainan und die Regionalmetropole
Chengdu besuchen, wo anlässlich der Visite die Eröffnung eines österreichischen Generalkonsulats
ansteht.
Gastgeber beim Bankett im Goldenen Saal der Großen Halle des Volkes war nach den Delegationsgesprächen
Staatspräsident Xi Jinping. Von Österreich wurde dabei eher Wert darauf gelegt, die "gegenseitige
Affinität im Kulturbereich" zu betonen. Eine besondere Note brachte daher Anna Cäcilia Pföß
ins Spiel. Sie ist erst sieben Jahre alt und damit auch ein kleines Wunderkind wie der Komponist Wolfgang Amadeus
Mozart. Sie geigte auf jenem aus Salzburg mitgebrachten Instrument auf, das schon "Wolferl" als kleiner
Bub in Händen gehalten hatte.
Die kleine Anna Cäcilia trug Werke des in Salzburg geborenen Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)
sowie österreichische und chinesische Volksweisen vor. Am Klavier begleitet wurde sie vom Präsidenten
der Stiftung Mozarteum, Johannes Honsig-Erlenburg.
Einen Bezug zur Musik hat auch Xis Frau Peng Liyuan. Sie war früher eine bekannte Sängerin. Ihren letzten
Auftritt hatte sie dem Vernehmen nach vor rund zehn Jahren an der Wiener Staatsoper. Peng erhielt daher eine Musikedition
der Wiener Philharmoniker sowie eine Rose der Firma Swarovski. Der Präsident selbst wurde mit einem Teeservice
von Augarten bedacht. Dazu bekam er eine Skijacke der Firma Sportalm und Alpinski (Fischer) geschenkt. Hintergrund:
Peking trägt 2022 die Olympischen Winterspiele aus.
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Die Rede des Bundespräsidenten im Wortlaut
"Sogenannte Handelskriege sind das letzte, was wir brauchen!" - Bundespräsident Alexander
Van der Bellen hat am Dienstag bei seiner Rede beim Boao-Forum auf der chinesischen Tropeninsel eine Lanze für
wirtschaftliche "Offenheit und Innovation" gebrochen. Das korrelierte mit der Ankündigung von Chinas
Präsident Xi Jinping, China weiter zu öffnen.
Diese Begriffe dürften aber nicht zu Schlagworten werden, sondern müssten eine hohe Qualität aufweisen,
um sie zu einer Quelle des Wohlstands zu machen, sagte Van der Bellen. Handelskriege würden sich letztlich
"für alle" schlecht auswirken, erklärte Van der Bellen vor dem Hintergrund weltpolitischer
Verwerfungen wie des Konflikts um die von den USA verhängten Strafzölle. Von diesen ist auch China betroffen,
das seinerseits Maßnahmen setzte. Allerdings gibt es auch im Reich der Mitte noch zu viel Protektionismus
sowie politischen und staatlichen Einfluss auf die Wirtschaft, wodurch der freie Marktzugang eingeschränkt
ist.
In Gegenwart seines Gastgebers, des chinesischen Staats- und Parteichefs erinnerte der Bundespräsident daran,
dass China vor den von Deng Xiaoping eingeführten Reformen ein ökonomisch armes Land gewesen sei und
gratulierte zu den seit damals erfolgreich durchgeführten Reformen und Öffnungsprozessen.
Auch Xi ging in seiner rund halbstündigen Rede darauf ein, das heuer der 40. Jahrestag des Beginns der Öffnung
sei, die das chinesische Volk aus der Armut geführt habe. "Beim Durchschreiten des Flusses haben wir
aber auch die Steine gespürt." Diese "zweite Revolution" der Reformen einer sozialistischen
Marktwirtschaft müssten nun mit "Weisheit und Nachdruck" und umfassend fortgesetzt werden. Fortschritt
könne aber nur durch friedvolle Zusammenarbeit und integrativ erreicht werden. "Wir erleben einen Trend
der wirtschaftlichen Globalisierung und Konnektivität."
Die Welt sei ein globales Dorf geworden. "Wir müssen auch voneinander lernen." Die Entwicklung müsse
aber auch nachhaltig und umweltschonend sein, betonte Xi und legte auch ein Bekenntnis zum Klimaschutz ab. Die
Zukunft seines Landes liege "in einem modernen Sozialismus chinesischer Prägung". Um erfolgreich
zu sein, "müssen wir die Tore aber weiter öffnen". Das heiße etwa, das Investitionsumfeld
zu verbessern. Xi kündigte auch an, Importe zu erleichtern und etwa die Zölle für Einfuhren von
Autos zu senken. China werde jedenfalls ein neues "Gesicht der Offenheit" zeigen.
Die geforderte "Offenheit" müsse aber auch umfassend sein, appellierte der Bundespräsident
in seiner kurzen Rede und brachte Österreich als Beispiel. Der Außenhandel sei das Rückgrat der
österreichischen Wirtschaft. Sechs von zehn Euro würden durch Exporte verdient. "Ein freies, faires
und zuverlässiges weltweites Handelsregime ist entscheidend für Österreich."
Von wirtschaftlicher Offenheit würden aber nicht nur kleine Länder wie Österreich profitieren, sondern
"jede Volkswirtschaft in Asien, Europa und darüber hinaus". Die Kontinente wüchsen technologisch
wie wirtschaftlich immer enger zusammen und vernetzten sich, erklärte der Bundespräsident und erwähnte
in diesem Zusammenhang die von China forcierte "Neue Seidenstraße". Dieser geplante Handelsweg
soll künftig China näher an Afrika und Europa heranbringen - und umgekehrt, so Alexander Van der Bellen
sinngemäß. Solche Kontakte und Projekte müssten immer auf beide Seiten ausgerichtet sein und dürften
nicht unilateral erfolgen, ließ Van der Bellen eine leise Mahnung durchblicken.
Zudem forderte Van der Bellen mit Nachdruck Nachhaltigkeit und "grüne Entwicklung" ein. Dieses Anliegen
sei ihm immer sehr am Herzen gelegen. "Ich bin überzeugt, dass eine grüne Wirtschaft für mehr
Wohlstand sorgen wird, nicht nur für diese Generation", sagte der Bundespräsident, der am Montag
in Peking auch an einem Öko-Forum teilgenommen hatte, bei dem Umwelt- und Nachhaltigkeitskonzepte für
China vorgestellt wurden. "Wir müssen das Klimaschutzabkommen von Paris und unser grünes Wachstums
aufrechterhalten und noch weiter tragen."
Ein weiterer entscheidender Faktor für Offenheit und Innovation sei ein gut funktionierendes System eines
effektiven Multilateralismus, hielt Van der Bellen in seiner Ansprache fest, ebenso die Gewährleistung einer
regelbasierten multilateralen Ordnung. "Asien war seit Jahrzehnten der Motor des Wachstums der Weltwirtschaft",
setzte der Bundespräsident fort. "In Verbindung mit der Erholung der europäischen Wirtschaft waren
die Aussichten auf eine Welt größeren Wohlstands noch nie besser", blickte Van der Bellen positiv
in die Zukunft. Aus wenn es noch einige Herausforderungen zu bewältigen gebe.
Beim Boao-Forum waren unter anderen auch UNO-Generalsekretär Antonio Guterres und IWF-Chefin Christine Lagarde
zugegen. Das Forum soll nach dem Vorbild des World Economic Forum (WEF) Davos die wirtschaftliche Integration fördern
und asiatische Länder unterstützen, ihre Entwicklungsziele zu erreichen.
Der Besuch des Boao-Forums erfolgte für Van der Bellen sowie Bundeskanzler Sebastian Kurz und Außenministerin
Karin Kneissl im Zuge ihres Staatsbesuchs in China, bei dem sie mit drei weiteren Mitgliedern der Bundesregierung
am Sonntag mit Präsident Xi zusammengetroffen waren. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck, Umweltministerin
Elisabeth Köstinger und Infrastrukturminister Norbert Hofer reisten aber bereits zu Wochenbeginn nach Hause
zurück.
Die Reise dient vordringlich der Vertiefung der wirtschaftlichen Kooperation. Am Mittwoch folgt in Chengdu ein
weiteres bilaterales Wirtschaftsforum. China ist Österreichs wichtigster Handelspartner in Asien und ein äußerst
bedeutender Exportmarkt. Gute Chancen gibt es für Produzenten hochwertiger Maschinen und Technologien. Österreichisches
Know-how ist beispielsweise auch in Sachen Umwelttechnik und Städtebau gefragt.
Derzeit sind österreichische Firmen mit 920 Niederlassungen in China vertreten. Der bilaterale Warenhandel
belief sich im Vorjahr auf 12,2 Milliarden Euro. Importe aus China erreichten einen Wert von 8,5 Milliarden Euro,
das waren 5,7 Prozent der Gesamteinfuhren. Die Exporte wiederum stiegen in diesem Zeitraum auf 3,7 Milliarden Euro.
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