Jerusalem/Wien (rk) - Das Jüdische Museum Wien, ein Museum der Wien Holding, zeigt von 11. April bis 25.
November 2018 im Extrazimmer des Museums Dorotheergasse die neue Ausstellung „Teddy Kollek. Der Wiener Bürgermeister
von Jerusalem“. Kaum eine andere Persönlichkeit hat Jerusalem im 20. Jahrhundert so geprägt wie er.
Vom Auswanderer zum Bürgermeister
Der aus Wien stammende Teddy Kollek (1911–2007) war von 1965 bis 1993 Bürgermeister von Jerusalem. Nach
dem Sechs-Tage-Krieg 1967 und der Wiedervereinigung führte er die vernachlässigte Stadt zu neuem Glanz
und entwickelte sie zu einer modernen Metropole. So gründete er unter anderem das heute international herausragende
Israel Museum. Teddy Kollek, dessen Eltern ihn als begeisterte Zionisten nach Theodor Herzl benannt hatten, war
bereits 1934 nach Palästina ausgewandert, wo er seine politische Karriere im Büro des Staatsgründers
David Ben Gurion begann. In den 28 Jahren seiner Amtszeit setzte er sich in Jerusalem für ein friedliches
Zusammenleben seiner multireligiösen BewohnerInnen ein. Mit der Gründung der gemeinnützigen Jerusalem
Foundation legte er einen Grundstein dafür. Als kulturelles und kommunalpolitisches Vorbild galt ihm das Wien
seiner Jugend. Auf Einladung des Wiener Bürgermeisters Helmut Zilk eröffnete Teddy Kollek am 18. November
1993 das Jüdische Museum Wien.
Jugend in Wien
Teddy Kolleks Familie stammte aus Wien. Sein Vater Alfred arbeitete für das Bankhaus Rothschild und war
in den Provinzen der Monarchie tätig. So wurde Teddy Kollek, benannt nach Theodor Herzl, im ungarischen Nagyvaszony
geboren. 1918 siedelte sich die Familie wieder in Wien an, im dritten Bezirk, Landstraße 147. Teddy fand
bei der zionistischen Jugendbewegung „Blau-Weiss“ eine neue Heimat und gehörte rasch zu den leitenden FunktionärInnen.
Hier lernte er auch seine spätere Frau Anna Helene (später Tamar) Schwarz kennen. Die ebenso kluge wie
bescheidene Frau stammte aus der berühmten Rabbiner-Familie Schwarz: Ihr Großvater, Arye Schwarz, war
Leiter der Israelitisch-theologischen Lehranstalt und ihr Vater, Arthur Zacharias Schwarz, katalogisierte die hebräischen
Handschriften in Österreich. Als überzeugte ZionistInnen verließen Teddy und Tamar Wien 1934, um
als PionierInnen in Israel ein neues Leben zu beginnen. Sie gehörten zu den MitbegründerInnen des Kibbuz
Ein Gev beim See Genezareth. Schon hier kam Teddy Kollek als „Ortsvorsteher“ mit den arabischen Nachbarn in Kontakt,
wobei sich sein diplomatisches Talent bewährte.
Karriere in Israel
Während des Zweiten Weltkriegs war Teddy Kollek in England, wo er erfolgreich Spenden für den jüdischen
Überlebenskampf in Palästina sammelte. Nach der Staatsgründung Israels im Mai 1948 arbeitete Teddy
Kollek als Büroleiter von Ministerpräsident David Ben Gurion. Als solcher initiierte er den Bau des Israel
Museums in Jerusalem. Nach dessen feierlicher Eröffnung 1965 wurde Teddy Kollek von Ben Gurion aufgefordert,
sich um das Amt des Bürgermeisters von Jerusalem zu bewerben, was ihm auch auf Anhieb gelang.
Sein erstes Bestreben war es, die durch den Sechs-Tage-Krieg verursachten Zerstörungen zu beheben. Während
historische Substanz renoviert wurde, wuchsen neue Stadtteile an der Peripherie heran. Die von ihm gegründete
gemeinnützige Jerusalem Foundation verwaltete die in aller Welt gesammelten Spenden und setzte diese für
den Bau von Kindergärten, Schulen, Spitälern, Synagogen und kulturellen Institutionen ein. Hinzu kamen
die Jerusalem Cinematheque oder auch das Teddy-Kollek-Stadion. Als Vorbild hatte Teddy Kollek immer das Wien seiner
Jugend vor Augen, mit seinen großen Museen und Parkanlagen.
Geprägt war Kolleks Ära als Bürgermeister vor allem durch einen unerschütterlichen Glauben
an eine friedliche religiöse Koexistenz. Er suchte den Kontakt zu christlichen wie zu muslimischen Würdenträgern.
Gemeinsam konnten bahnbrechende Projekte realisiert werden. Dazu gehörte die Renovierung der Grabeskirche
sowie etwa die Errichtung der arabischen Zentralbibliothek oder des Sheik Jarrach Spitals im östlichen Teil
der Stadt. Auch auf dem Gebiet des Umweltschutzes wurde Pionierarbeit geleistet, indem Gärten angelegt und
ein umfassendes Aufforstungsprogramm durchgeführt wurden. KünstlerInnen, MusikerInnen, Filmstars – sie
alle lockte Teddy Kollek nach Jerusalem und mit ihnen avancierte die Stadt zu einer pulsierenden Metropole.
Geburtshelfer des Jüdischen Museums Wien
Das Österreich der Nachkriegszeit war mehrheitlich von der These von Österreich als erstem Opfer
der Nationalsozialisten geprägt, womit man sich von den Verbrechen des Nationalsozialismus distanzieren konnte
und keinerlei Verantwortung für die Mitschuld übernahm. Diese Haltung stieß in Israel auf großen
Missmut. Auch Teddy Kollek hatte kein Verständnis dafür und lehnte daher Kontakte zu führenden österreichischen
PolitikerInnen ab. Einen international renommierten Künstler wie Oskar Kokoschka lud er 1973 hingegen gerne
zu sich ein. Der Reinerlös von Kokoschkas Serie „Jerusalem Faces“ wurde schließlich auch der Jerusalem
Foundation gespendet. Die internationale Debatte um die Kriegsvergangenheit von Österreichs Bundespräsidenten
Kurt Waldheim führte zu Boykottmaßnahmen gegen die Republik Österreich, seitens israelischer und
amerikanischer Institutionen. Erst die bahnbrechende Rede von Bundeskanzler Franz Vranitzky im Nationalrat am 8.
Juli 1991, in der erstmals die Mitverantwortung der ÖsterreicherInnen an den Verbrechen des Nationalsozialismus
eingestanden wurde, konnte das Eis brechen. Der Wiener Bürgermeister Helmut Zilk bemühte sich sehr um
Teddy Kollek, woraus auch eine enge Freundschaft entstand. Das von Helmut Zilk initiierte Jüdischen Museum
Wien wurde am 18. November 1993 von Teddy Kollek eröffnet. Damit hatte Wien einen Ort erhalten, an dem ein
Bewusstsein für die österreichisch-jüdische Geschichte und Gegenwart Kultur und Religion und Geschichte
geschaffen wird und in historischer wie aktueller Perspektive vermittelt wird.
„Teddy Kollek. Der Wiener Bürgermeister von Jerusalem“ ist von 11. April 2018 bis 25. November 2018 im Extrazimmer
des Museums Dorotheergasse, einem Museum der Wien Holding, zu sehen. Zu der von Marcus G. Patka und Elke-Vera Kotowski
kuratierten und von Schuberth und Schuberth ZT-GmbH gestalteten Ausstellung erscheint auch ein zweisprachiger Katalog
im Eigenverlag des Museums mit zahlreichen Abbildungen. Das Museum Dorotheergasse - Palais Eskeles, 1010 Wien,
Dorotheergasse 11, ist von Sonntag bis Freitag 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der zweite Standort, des Museum Judenplatz,
Judenplatz 8, 1010 Wien, ist von Sonntag bis Donnerstag von 10 bis 18 Uhr, Freitag 10 bis 14 Uhr (Winterzeit) bzw.
17 Uhr (Sommerzeit) geöffnet.
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