EU-Parlament billigt strengere Regeln für Autoindustrie
Strassburg/Berlin (ec) - Das Europäische Parlament hat am 19. April grünes Licht für den
Kommissionsvorschlag für eine grundlegende Überarbeitung der Rahmenvorschriften für die Typgenehmigung
von Fahrzeugen gegeben.
EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska begrüßte das Ergebnis der Abstimmung: „Ein Vorwurf, den
wir im Rahmen des Dieselgate-Skandals zu hören bekamen, war, dass die EU nicht tätig geworden sei. Tatsächlich
war aber unser Handlungsspielraum sehr begrenzt. Wir haben uns nun auf eine grundlegende Reform geeinigt, mit der
Kommission die Befugnis erhält, dafür zu sorgen, dass Hersteller mit betrügerischen Machenschaften
nicht mehr durchkommen.“
Kommissarin Bienkowska erklärte weiter: „Die neuen Vorschriften werden uns sauberer Fahrzeuge bescheren, die
uns einen Schritt näher an emissionsfreies Fahren bringen, und sicherere Autos, so dass wir an die Einführung
autonomen Fahrens denken können.“
Die gestrige Abstimmung im Europäischen Parlament folgt auf die politische Einigung mit dem Rat im Dezember.
Sobald der Rat die neuen Regeln formal angenommen hat, wird die Verordnung im Amtsblatt der EU veröffentlicht.
Die Verordnung wird ab dem 1. September 2020 verbindlich für alle neuen Fahrzeuge.
Die neuen Vorschriften regeln das Verfahren für die Bescheinigung, dass ein Fahrzeug alle Anforderungen erfüllt,
um auf den Markt gebracht zu werden, und die strenge Überprüfung der laufenden Einhaltung der EU-Vorschriften
durch den Hersteller.
Die wichtigsten Bausteine der neuen Regelung sind:
1. Bessere Qualität und stärkere Unabhängigkeit bei der Typgenehmigung und den Prüfungen,
bevor ein Fahrzeug in Verkehr gebracht wird:
- Die technischen Dienste müssen regelmäßig
und unabhängig auf der Grundlage strenger Leistungskriterien überprüft werden, damit sie von einem
Mitgliedstaat für die Prüfung und Kontrolle der Übereinstimmung neuer Fahrzeugmodelle benannt werden
bzw. ihre Benennung behalten können. Die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten können eine Benennung
bei Unregelmäßigkeiten anfechten.
- Die nationalen Typgenehmigungsbehörden werden von der
Kommission überprüft, um dafür zu sorgen, dass die einschlägigen Bestimmungen in der gesamten
EU umgesetzt und konsequent durchgesetzt werden.
- Der Vorschlag der Kommission, das Vergütungssystem
zu ändern, um eine direkte Bezahlung der technischen Dienste durch die Hersteller zu vermeiden, wurde nicht
aufrechterhalten.
2. Mehr Kontrollen von Fahrzeugen, die bereits auf dem EU-Markt sind
- Während es bei den bisherigen Bestimmungen hauptsächlich
um die Prüfung von der Fertigungsstraße entnommenen Prototypen vor der Genehmigung geht, müssen
die Mitgliedstaaten künftig regelmäßig Fahrzeuge stichprobenartig prüfen, die bereits auf
dem Markt der betreffenden Länder sind. Die Ergebnisse der Prüfungen werden öffentlich zugänglich
sein.
- Alle Mitgliedstaaten werden nun in der Lage sein, in ihrem
Hoheitsgebiet sofort Schutzmaßnahmen gegen nichtkonforme Fahrzeuge zu ergreifen, und müssen nicht wie
zurzeit noch abwarten, bis die Behörde, die die Typgenehmigung erteilt hat, tätig wird.
3. Europäische Aufsicht
- In Zukunft wird die Kommission Kontrollen unabhängig
von den Mitgliedstaaten durchführen und hat die Möglichkeit, EU-weite Rückrufe zu starten. Sie wird
befugt sein, die Benennung technischer Dienste anzufechten und Verwaltungsstrafen von bis zu 30 000 EUR je vorschriftswidriges
Fahrzeug gegen Hersteller oder technische Dienste zu verhängen.
- Die Kommission wird den Vorsitz in einem neuen Forum für
die Durchsetzung von Rechtsvorschriften führen, um eine einheitlichere Auslegung der einschlägigen EU-Rechtsvorschriften,
vollständige Transparenz bei Regelverstößen sowie eine bessere und koordiniertere Marktüberwachung
durch die Mitgliedstaaten sicherzustellen.
- Das geltende Verbot von Abschalteinrichtungen, zu dessen
ständiger Überwachung und Durchsetzung die nationalen Behörden verpflichtet sind, wird in der neuen
Verordnung aufrechterhalten, sie geht jedoch noch einen Schritt darüber hinaus. In Zukunft müssen die
Fahrzeughersteller Zugang zu den Softwareprotokollen der jeweiligen Fahrzeuge gewähren. Diese Maßnahme
geht Hand in Hand mit dem Gesetzgebungspaket zu Emissionen im praktischen Fahrbetrieb: So wird es sehr schwer,
Emissionsvorschriften zu umgehen. Vorgesehen ist auch die Verpflichtung der Hersteller, ihre Emissionsminderungsstrategie
offenzulegen, wie dies in den USA geschieht.
- Die Verordnung über die Typgenehmigung ergänzt
eine Reihe anderer wichtiger Initiativen der Kommission für saubere Mobilität, darunter die seit dem
1. September 2017 verbindlich vorgeschriebenen neuen und verbesserten Tests für Kraftfahrzeugemissionen und
Vorschläge für neue CO2-Emissionsziele, um den Übergang zu emissionsarmen und emissionsfreien Fahrzeugen
zu beschleunigen.
|