Opposition fordert in Budgetdebatte mehr Mittel für Gewaltschutz
und Prävention
Wien (pk) - Auch beim Thema Frauen und Gleichstellung prallten am 18. April im Nationalrat die unterschiedlichen
Zugänge und Einschätzungen von Opposition und Regierung aufeinander. Die Opposition kritisierte vor allem
die Reduktion gegenüber dem Vorjahr, wo eine Überschreitungsermächtigung ein Budget von 10,65 Mio.
€ ermöglicht hatte. Die Mittel im Doppelbudget 2018 und 2019 seien aber in der Höhe von jeweils 10,17
Mio. € festgeschrieben. Sie sieht dadurch vor allem die Institutionen, die im Bereich des Gewaltschutzes und der
Gewaltprävention arbeiten, gefährdet. In diesem Sinne legten auch die Frauensprecherinnen von SPÖ,
NEOS und Liste Pilz einen Antrag zum Ausbau von Gewaltschutzmaßnahmen und Gewaltpräventionsmaßnahmen
vor. Dem hielten die Rednerinnen sowie Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß entgegen, dass die Voranschläge
für 2018 und 2019 eine Fortschreibung der letzten Jahre seien und die Mittel für Frauen und Gleichbehandlung
trotz Sparkurs keine Kürzung hinnehmen mussten. Mitverhandelt wurde in der Debatte auch der Bundesfinanzrahmen
bis 2022.
SPÖ, NEOS und Liste Pilz: Budget gefährdet ausreichenden Gewaltschutz für Frauen
Als erste in der Debatte trat die ehemalige Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek ans Rednerpult, die vehement
kritisierte, dass für viele Initiativen kein Budget vorhanden beziehungsweise vorgesehen sei. Gegenüber
dem Vorjahr müsse das Frauenbudget mit 500.000 € weniger auskommen. 200.000 € habe die Ministerin von den
Förderungen hin zu den Aufwendungen umschichten müssen, um überhaupt dem gesetzlichen Auftrag nachkommen
zu können, rechnete Heinisch-Hosek vor. Diese Mittel fehlen unter anderem auch den Frauenberatungseinrichtungen,
die von den Kürzungen so schwer betroffen seien, dass einige sogar vor dem Zusperren stünden. Ihr zufolge
bringt auch die Mindestsicherung den Frauen wenig. Heinisch-Hosek sprach in diesem Zusammenhang von einem Armutszeugnis.
Sie vermisste zudem Initiativen der Frauenministerin zum Gedenkjahr und zu 100 Jahre Frauenwahlrecht.
Von einem "minimalen Budget" sprach auch Sabine Schatz. Mario Lindner (beide SPÖ) meinten, es sei
eine Unverschämtheit, dass sich der Bundeskanzler sowie der Vizekanzler zusammen ein "Körberlgeld"
von 66 Mio. € leisteten, es für Frauen und Gleichbehandlung aber nicht mehr Geld als "läppische
10 Mio. €" gebe. "Das sind 2,28 € für jede Frau in Österreich", kritisierte Schatz, noch
viel beschämender sei, wofür die Mittel ausgegeben würden. "Die Gleichstellung von Frauen und
Männern sollte in einer Gesellschaft den höchsten Stellenwert haben", bedauerte außerdem Selma
Yildirim (SPÖ).
Geht es nach Mario Lindner (SPÖ), würden sich gerade im Frauenbudget die Prioritäten der Regierung
abzeichnen. "Das ist ein Skandal und den Frauen in Österreich nicht würdig", so der Abgeordnete.
Mit Blick auf die sonst ausschließlich weibliche Rednerliste meinte er außerdem, dass Frauen- und Gleichstellungspolitik
nicht nur Frauensache sein sollte.
Verena Nussbaum (S) vermisst im Frauenbudget Maßnahmen zur Reduzierung des Gender Pay Gap. Ihre Fraktion
stehe für Einkommenstransparenz ein, die Gehälter von Frauen und Männern müssten endlich offengelegt
werden. Zudem seien nur 1000 € für den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen budgetiert. "Es ist extrem
peinlich, wie wenig ihnen die Frauen in unserem Land wert sind", so Nussbaum in Richtung Regierung.
Ähnlich harsche Kritik kam von Claudia Gamon seitens der NEOS und Stephanie Cox von der Liste Pilz. Beide
halten eine Reduktion von 500.000 € gerade angesichts der zahlreichen Frauen, die von Gewalt betroffen sind, ebenfalls
für inakzeptabel. Österreich hat das beste Gewaltschutzgesetz der Welt, es wird aber nicht ausreichend
finanziert, sagte Cox. Beiden Mandatarinnen fehlt zudem die Budgetierung für die von der Ministerin bis 2022
versprochenen zusätzlichen Betreuungsplätze für Gewaltopfer. Bereits jetzt würden 80 Plätze
fehlen, nicht einmal das Niveau der Opferberatung sei mit den vorhandenen Mitteln aufrechtzuerhalten, stellten
Gamon und Cox kritisch fest. Cox wies darauf hin, dass jede fünfte Frau von körperlicher, sexueller und
psychischer Gewalt betroffen sei, weshalb man es hier mit einem Sicherheitsthema zu tun habe, dem man sich gemeinsam
und jetzt stellen müsse, zumal die Fakten auf dem Tisch liegen.
Claudia Gamon vermisst Visionen, wie man Gleichstellung erreicht, und warf der Ministerin vor, bei jeder konkreten
Frage zu antworten, die Planung sei noch nicht abgeschlossen. Man wisse auch nicht, ob die Ziele, die die Ministerin
angekündigt hat, überhaupt budgetiert sind.
100 zusätzlichen Betreuungsplätze für Opfer von Gewalt bis 2022
Dem hielt Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß entgegen, dass das Frauenbudget trotz Konsultierungspfad
nicht angegriffen worden sei. Seit 2009 stünden die gleichen Mittel zur Verfügung, diese seien auch von
ihren Vorgängerinnen nicht erhöht worden. Die Ministerin unterstrich, dass es sich beim Frauenthema um
eine Querschnittsmaterie handle und deshalb in allen Ministerien Berücksichtigung finde.
Sie wies zudem darauf hin, dass der Großteil ihres Budgets in die Gewaltschutzzentren und Interventionsstellen
fließt, die gemeinsam mit dem Innenministerium gefördert würden, wobei es immer zu einer Anpassung
komme. Sie wehrte sich auch gegen die Kritik der Planlosigkeit und bekräftigte, dass sie die 100 zusätzlichen
Betreuungsplätze für Opfer von Gewalt bis 2022 schaffen werde. Bevor sie diesen Plan jedoch umsetze,
möchte sie zuerst herausfinden, wo diese Plätze tatsächlich gebraucht werden.
Bogner-Strauß ging auch auf die Mädchen- und Frauenberatungsstellen ein, deren Arbeit sie als extrem
wichtig und treffsicher lobte. Auch hier sei die Budgetierung abgesichert. Ihr sei es ein Anliegen, die Förderanträge
so schnell wie möglich zu bearbeiten, um Planungssicherheit zu gewährleisten, betonte sie gegenüber
der Opposition.
Rückendeckung erhielt sie von Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP) und Carmen Schimanek (FPÖ). Schimanek
bezeichnete den Vorwurf der oppositionellen Rednerinnen als nicht ernstzunehmend, weil die Mittel für die
Frauen und Gleichbehandlung nicht gekürzt worden seien und es auch die SPÖ während ihrer Regierungstätigkeit
verabsäumt habe, ein nachhaltiges und ausreichenden Budget zur Verfügung zu stellen.
Jeitler-Cincelli kritisierte vor allem die bisherige Grundhaltung in der Frauenpolitik, die ihrer Meinung nach
viel zu sehr die Opferrolle herausgestrichen hätte. Dieser Regierung gehe es viel mehr um Empowerment der
Frauen sowie um Stabilität und Sicherheit. Vorrangige Aufgabe der Politik ist es ihr zufolge, Frauen ein selbstbestimmtes
Handeln zu ermöglichen. Außerdem sei es notwendig, die Entscheidungsfreiheit für die Frauen zu
gewährleisten, die Kinder bekommen wollen. In diesem Sinne hält Jeitler-Cincelli den Familienbonus für
eine klare Frauenförderungsmaßnahme.
Wie Frauenministerin Bogner-Strauß und Abgeordnete Jeitler-Cincelli unterstrich Schimanek, dass es sich bei
der Frauenpolitik um eine Querschnittsmaterie handle. In diesem Sinne wies sie auf zahlreiche Maßnahmen der
Regierung für die Frauen hin, wie etwa auf den Familienbonus, den Mindestlohn und die Mindestpension. Darunter
fielen auch die Forcierung der Frauensportförderung und die Förderung der Frauengesundheit. Zufrieden
zeigte sich Schimanek, dass die Kontrollen bei den islamischen Kinderbetreuungsstellen ausgeweitet werden und die
Kofinanzierung der Mädchen- und Frauenberatungsstellen durch das Innenministerium erhalten bleibt.
Hinter das Frauenbudget stellte sich ebenfalls Susanne Fürst (FPÖ). Es sei nicht wahr, dass die Regierung
bei den Frauen spare, ganz im Gegenteil. Man müsse das große Ganze sehen, das Frauenbudget sei in Österreich
u.a. durch die Aufstockung der Gelder für die Sicherheit milliardenschwer. Sicherheitspolitik sei nämlich
Frauenpolitik, meinte Fürst und Gewalt müsse im Vorhinein verhindert werden. "Herr Kickl ist vielmehr
Frauenminister als Innenminister", so Fürst. Auch ihre Fraktionskollegin Sandra Wassermann (FPÖ)
betonte die Verquickung zwischen Frauen- und Sicherheitspolitik. Es handle sich dabei um eine Querschnittsmaterie,
meinte sie, die subjektive Frauensicherheit sei in den letzten Jahren jedenfalls gesunken.
Kira Grünberg (ÖVP) rief ins Bewusstsein, dass Frauen mit Behinderungen im Vergleich mehr von Gewalt
betroffen sind. Diese Gewalterfahrungen seien vor allem oft durch Abhängigkeitsverhältnisse geprägt.
"Gewalt und Behinderung ist nach wie vor ein großes gesellschaftliches Tabu", so Grünberg,
Ziel müsse eine inklusive Gesellschaft sein, in der Geschlecht und Behinderung keine Rolle spielen.
Auch für Angela Baumgartner (ÖVP) steht außer Frage, dass mit dem Frauenbudget eine 100%ige Betreuungsquote
sichergestellt wird. "Jede Frau, die von Gewalt betroffen ist, kann Hilfe in Anspruch nehmen", so die
Abgeordnete. Tausenden Mädchen und Frauen werde etwa in den 130 Frauen- und Mädchenberatungseinrichtungen
Schutz und Hilfe geboten.
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