Innenressort erhält deutlich mehr Personal, Opposition bleibt skeptisch
Wien (pk) - Die deutliche Personalaufstockung im Innenministerium stand am 17. April im Mittelpunkt der
Budgetberatungen des Nationalrats zu den Bereichen Inneres sowie Asyl und Migration. Noch heuer wird es 941 zusätzliche
Planstellen für die Exekutive und die Verwaltung geben. 2019 ist ein weiteres Plus von 1.238 Stellen, davon
700 Ausbildungs-Planstellen, vorgesehen. Damit können temporäre Engpässe in einzelnen Dienststellen,
etwa durch Karenzierungen, Arbeitszeitreduktionen oder Versetzungen, künftig leichter kompensiert werden.
Außerdem ist geplant, die Grenzraumüberwachung auszuweiten sowie einen besonderen Fokus auf aktuelle
Kriminalitätsentwicklungen – Stichwort Cybersicherheit, Bekämpfung von Extremismus – zu richten. Umstritten
ist die berittene Polizei, Innenminister Herbert Kickl will einen Probebetrieb mit 12 Pferden und 24 BeamtInnen
starten.
Insgesamt stehen für den Bereich Inneres im Jahr 2018 – ohne den nunmehr getrennt dargestellten Bereich Asyl
und Migration – Budgetmittel in der Höhe von 2,84 Mrd. € zur Verfügung. Das sind um 122,4 Mio. € mehr
als 2017 aufgewendet wurden (vorläufiger Erfolg). Für 2019 sind 2,85 Mrd. € budgetiert. Neben den zusätzlichen
Personalaufwendungen schlagen etwa auch diverse Anschaffungen wie Hubschrauber, Schutzwesten und Sondereinsatztechnik
zu Buche. Rückläufig sind dagegen die Ausgaben für Asyl und Migration: Sie sinken von rund 700 Mio.
€ im Jahr 2017 auf 420 Mio. € 2018 und 370 Mio. € 2019 (Näheres zu den Budgetzahlen siehe Parlamentskorrespondenz
Nr. 376/2018).
Opposition sieht falsche Prioritätensetzung und kritisiert unambitionierte Ziele
Trotz des Rekordbudgets äußerte sich die Opposition in der Debatte skeptisch. Mit der Höhe des
Budgets könne man zwar zufrieden sein, sagte Abgeordneter Rudolf Plessl, er und seine FraktionskollegInnen
Angela Lueger, Reinhold Einwallner und Irene Hochstetter-Lackner bezweifeln aber, dass die Mittel richtig eingesetzt
werden. Es müsse vor allem mehr Polizei auf der Straße geben, forderte Plessl. Mit dem Ausbau des Grenzschutzes
setze man falsche Prioritäten. Hochstetter-Lackner vermisst eine klare Strategie sowie Maßnahmen, um
die Polizei von Bürokratie zu entlasten. Einig sind sich die SPÖ-MandatarInnen außerdem, dass die
900.000 € für die berittene Polizei an anderer Stelle besser eingesetzt wären.
Was die zusätzlichen Planstellen betrifft, gab Lueger zu bedenken, dass es auch eine ausreichende Zahl an
qualifizierten BewerberInnen brauche. Der Innenminister habe keinen Plan B, falls die Rekrutierung nicht im vorgesehenen
Ausmaß gelinge. Auch in der Vergangenheit seien zugesagte Personalaufstockungen nicht eingehalten worden,
hielt Plessl ergänzend fest. Er hinterfragte in diesem Zusammenhang außerdem die Budgetzahlen. Kritisiert
wurde von Lueger darüber hinaus, dass die erste Tranche der 24.000 neuen ballistischen Schutzwesten erst Ende
2018 geliefert wird und diese damit während der EU-Ratspräsidentschaft noch nicht zur Verfügung
stehen.
Seitens der NEOS warf Stephanie Krisper der Regierung eine "Sicherheitspolitik mit Scheuklappen" vor.
Auch ihre Fraktion sei für eine personelle Aufstockung bei der Exekutive und eine bessere Ausrüstung,
sagte sie, das, was die Regierung mache, sei aber populistische Symbolpolitik. Statt ein sicherheitspolitisches
Gesamtpaket vorzulegen, würden die Budgetmittel einseitig zu Lasten des Rechtsstaats und auf Kosten der Justiz
verteilt. Mehr Polizei lasse sich offenbar besser verkaufen als eine schlagkräftige Staatsanwaltschaft. Durch
die Einsparungen bei der Justiz werde es zu einem "Flaschenhals" im Sicherheitsbereich kommen, fürchtet
Krisper. Ein besonders "hanebüchenes Projekt" ist für sie die berittene Polizei, mit den Mitteln
könnte man viele StaatsanwältInnen finanzieren.
Alma Zadic von der Liste Pilz erinnerte an die Ankündigung von Innenminister Kickl, das subjektive Sicherheitsgefühl
der Bevölkerung verbessern zu wollen. In den im Budgetentwurf genannten Wirkungszielen schlage sich dieses
Vorhaben aber nicht nieder, sagte sie. Auch insgesamt seien die Wirkungsziele "ausgesprochen unambitioniert".
Angesichts des größten Sicherheitsbudgets der Zweiten Republik müsste eigentlich mehr drinnen sein.
ÖVP und FPÖ über Rekordbudget erfreut
Erfreut über das Rekordbudget des Innenressorts äußerten sich hingegen u.a. Werner Amon (ÖVP),
Hans-Jörg Jenewein (FPÖ) und Günther Kumpitsch (FPÖ). Es sei wie Ostern und Weihnachten zusammen,
hielt Amon fest. Kumpitsch sprach von einem Tag der Freude. Fehlentwicklungen in den vergangenen Jahren würden
Schritt für Schritt behoben. Man zeige den Willen, der Bevölkerung bestmöglichen Schutz vor Terrorgefahren,
vor Kriminalität, vor illegaler Migration und vor Ausnützung des Sozialsystems zu geben. Jenewein betonte,
dass die richtigen Prioritäten gesetzt würden.
Die Kritik der SPÖ ließen weder Jenewein noch sein Fraktionskollege David Lasar gelten. Sicherheitspolitik
habe bei der SPÖ noch nie einen besonders hohen Stellenwert genossen, meinte Jenewein. Lasar führt die
Einwände auf "blanken Neid" zurück.
Ausdrücklich begrüßt wurde von den Abgeordneten der Koalitionsparteien nicht nur die Personalaufstockung,
sondern auch die Investitionsoffensive. So wies ÖVP-Abgeordneter Hermann Gahr unter anderem auf den Ausbau
des Digitalfunks hin. Sein Parteikollege Karl Mahrer hob die flächendeckende Ausstattung der Exekutive mit
ballistischen Sicherheitswesten und mit Smartphones und Tablets hervor. Letzteres werde auch zu einer bürokratischen
Entlastung beitragen. Mit dem Budget sei eine effektive und effiziente Kriminalitätsbekämpfung gewährleistet.
Als Tiroler begrüßte Gahr auch den Ausbau des Grenzschutzes.
Auf massive Zuwächse bei der Cyberkriminalität verwies Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP). Das sei sowohl
ein wirtschaftliches als auch ein demokratiepolitisches Problem, meinte sie. Die Abgeordnete begrüßte
daher die vorgesehene Personalaufstockung im Bereich Cybersicherheit. Zudem wolle man im Rahmen des Projekts "Gemeinsam.Sicher"
auch präventiv tätig sein und die BürgerInnen über Cyberkriminalität aufklären.
FPÖ-Abgeordneter Werner Herbert verteidigte die berittene Polizei. Man habe in vielen europäischen Großstädten
gute Erfahrungen damit gemacht, sagte er. Die für den Probebetrieb anfallenden Kosten von 900.000 € hält
er nicht für unverhältnismäßig.
Die Bedeutung des Zivildiensts hob Andreas Hanger (ÖVP) hervor. Zivildiener würden jährlich insgesamt
15 Millionen Stunden leisten, unterstrich er. Ein Viertel von ihnen bleibe außerdem nach dem Zivildienst
ehrenamtlich tätig. Ein bisschen mit Sorge erfülle ihn der Geburtenrückgang, sagte Hanger, aus diesem
Grund ist auch das Zivildienst-Budget 2018 und 2019 etwas geringer dotiert als in den vergangenen Jahren. Beim
Innenministerium verbucht ist auch die Gedenkstätte Mauthausen: Nikolaus Prinz (ÖVP) zeigte sich über
die hohen Besucherzahlen erfreut.
FPÖ: Zeit der "Asylromantiker" ist vorbei
Was den Bereich Asyl und Migration betrifft, begrüßten FPÖ-Abgeordneter Jenewein und sein Parteikollege
Hannes Amesbauer die in Aussicht gestellten Verschärfungen im Fremdenrecht. "Die Zeit der Willkommensklatscher
und Asylromantiker ist vorbei", hielt Amesbauer fest. Österreich müsse für Asylwerber aus aller
Herren Länder unattraktiver werden. Konkret verwies er etwa auf die Absicht, für straffällige AsylwerberInnen
Anschluss-Schubhaft zu verhängen, den Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft für anerkannte
Flüchtlinge zu erschweren, auf mitgeführtes Bargeld von in der Grundversorgung befindlichen AsylwerberInnen
zuzugreifen und Handy-Daten auszuwerten. Es sei auch richtig, Flüchtlingen, die ihre Heimat besuchen, den
Asylstatus abzuerkennen, sind Amesbauer und Jenewein überzeugt.
Kritik an den Budgetkürzungen im Bereich Asyl und Migration übte demgegenüber Abgeordnete Zadic
von der Liste Pilz. Man kürze in einem hochsensiblen Bereich und spare auf dem Rücken der Ärmsten,
bemängelte sie. Dadurch würde Integration verhindert. Dass es tatsächlich gelingen wird, die Ausgaben
für Flüchtlinge im vorgesehenen Ausmaß zu reduzieren, ist nach Meinung von NEOS-Abgeordneter Krisper
und SPÖ-Abgeordnetem Plessl aber ohnehin zweifelhaft. Angesichts der Einsparungen beim Bundesverwaltungsgericht
werde es in der Praxis schwierig sein, Asylverfahren zu beschleunigen, machten sie geltend.
FPÖ-Abgeordneter Kumpitsch sieht das allerdings anders. Er ist zuversichtlich, dass die Einsparungsziele durch
raschere Asylverfahren und mehr Außerlandesbringungen abgewiesener AsylwerberInnen erreicht werden. Künftig
werde "abgeschoben ohne Wenn und Aber", hob auch Lasar hervor. Efgani Dönmez (ÖVP) wies auf
den eklatanten Rückgang von Asylanträgen hin. Bei Integration spare man aber nicht, es werde weiterhin
flächendeckende Deutsch- und Wertekurse geben, versicherte er.
Kickl: Sicherheit Österreichs liegt bei Regierung in guten Händen
Mit zum Teil harschen Worten wies Innenminister Herbert Kickl die Kritik der Opposition zurück. SPÖ,
NEOS und die Liste Pilz versuchten krampfhaft, ein Haar in der Suppe zu finden, wohlwissend, dass ein Rekordbudget
vorliege, meinte er und appellierte an die Abgeordneten aus ihrer "autosuggestiven Depressionsschleife"
herauszukommen. Die Sicherheit des Landes sei bei der Regierung und bei ihm in den besten Händen, ist er überzeugt.
Noch nie habe eine Regierung so viel für die Sicherheit der Bevölkerung ausgegeben wie diese. Die Menschen
könnten der Regierung vertrauen, die zwar spare, aber nicht an der falschen Stelle.
Für Kickl ist das Rekordbudget nicht nur eine Kampfansage an die organisierte Kriminalität, Extremisten
und Islamisten, sondern auch eine Motivationsspritze für die Polizei. Es gebe ein riesiges Investitionspaket,
das unter anderem die Ausstattung der neuen Einsatzleitzentralen mit modernster Technologie und die Beschaffung
von Langwaffen, Schutzwesten und Schutzhelmen umfasse.
Als wichtigen Akt der Transparenz wertete Kickl die Trennung des Sicherheitsbudgets vom Budget für Asyl und
Migration. Damit werde klar ersichtlich, dass die Regierung im Asylbereich restriktiver vorgeht. "Dort wird
gekürzt." Kritik von SPÖ-Abgeordneter Nurten Yilmaz an der hohen Aufhebungsquote von BFA-Bescheiden
ließ der Innenminister nicht gelten: Nicht immer gehe es um die Frage, ob Asyl oder subsidiärer Schutz
zu Unrecht nicht zuerkannt wurde. Manchmal würden nur Ausreisefristen verlängert oder Einreiseverbote
verkürzt.
Irritiert über die Ausführungen Kickls zeigte sich neben Yilmaz auch SPÖ-Abgeordneter Reinhold Einwallner.
Wenn Kickl davon spreche, dass er eine Baustelle übernommen habe, müsse man schon darauf hinweisen, dass
es die ÖVP gewesen sei, die in den letzten Jahren den Innenminister gestellt habe, machten sie geltend. Kickl
stelle es so dar, als ob er ein Bürgerkriegsland übernommen habe, so Yilmaz. "Wie fühlen Sie
sich?" fragte sie an die Adresse von Nationalratspräsident und Ex-Innenminister Wolfgang Sobotka, der
gerade am Präsidium saß.
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