Wien (fwf) - Unterstützt vom Wissenschaftsfonds FWF wurden an der Medizinischen Universität Wien Methoden
entwickelt, um Aufnahmen mit der neuen Generation von Magnetresonanz-Tomographen zu verbessern. Mit hochempfindlichen
7 Tesla-Scannern können vor einer Operation präzise Landkarten des Gehirns angefertigt werden, um lebenswichtige
Areale nicht zu schädigen.
Der 7-Tesla-Scanner zählt zu der neuesten Generation von MR-Tomographen, die derzeit noch erprobt wird. Er
ermöglicht eine bis zu vierfach höhere Auflösung, was besonders in der Neurologie enorme Erleichterungen
schafft. Quelle: Centre for Advanced Imaging, The University of Queensland
Wer im Zuge einer Operation in das menschliche Gehirn schneiden muss, hat besser eine genaue Landkarte dabei. Das
Denkorgan ist stark durchblutet, dicht in Furchen und Gräben gepackt und verdrahtet lebenswichtige Körper-
und Geistesfunktionen in funktionellen Arealen. Um eine präzise Karte zu erstellen, werden Patientinnen und
Patienten mit funktioneller Magnetresonanz-Tomographie (fMRT) vermessen. Ihr Gehirn wird – vereinfacht gesprochen
– bei verschiedenen Aufgaben in kurzen Abständen aufgenommen und die Aktivität entlang der drei Raumachsen
verortet. So soll sichergestellt werden, dass beim Entfernen erkrankten Gewebes lebenswichtige Areale für
Motorik, Sprache und Gedächtnis verschont bleiben. Aus dem Zusammenspiel von Mensch und Maschine ergeben sich
Verzerrungen, die korrigiert werden müssen, damit Gehirn-Anatomie und -Funktion wie Schablonen zusammenpassen.
Hochempfindlich in jeder Hinsicht
Aktuell kommen Tomographen zum Einsatz, deren Magnetfeld 3 Tesla stark ist. Die nächste Generation Ultra-Hochfeld-Scanner
mit 7 Tesla (7T) wird aber bereits erprobt: „7T-Scanner lösen Signale noch höher auf und geben mehr Kontrast.
Sie sind aber auch anfälliger für Verzerrungen, welche die funktionelle Bildgebung verfälschen.
Um also die Vorteile von 7T auszuspielen, müssen wir zunächst die Probleme von 7T lösen“, beschreibt
Projektleiter Simon Robinson die Ausgangslage für ein Forschungsprojekt an der Medizinischen Universität
Wien (MUW), das vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützt wurde. Österreichs einziger 7T-Scanner, einer
von weltweit 50 Stück, steht seit 2008 im High Field MR Centre der MUW.
Mit der höheren Magnet-Feldstärke kann die Gehirnfunktion schneller und mit höherer Auflösung
abgebildet werden: „So können wir etwa erkennen, ob sich das Sprachzentrum durch einen Tumor verschoben hat.
Leider nehmen Verzerrungen des Magnetfelds durch Knochen, Gewebe oder Luft ebenfalls zu. Das wirkt sich auf die
funktionellen Bilder aus“, beschreibt der Projektleiter von der Universitätsklinik für Radiologie und
Nuklearmedizin im Gespräch mit scilog. Ohne Bildkorrektur würden funktionelle Areale nicht genau genug
in der Anatomie verortet.
Individuelle Vermessung
In dem Projekt konnte die Kliniknähe als Vorteil ausgespielt und über interne und externe Projektpartner
Expertise in Physik, Programmierung, klinischer fMRT und Neurologie eingebunden werden. Das Team um Simon Robinson
arbeitete bei der Entwicklung einer Methode zur 7T-Bildkorrektur mit Menschen, die entweder Epilepsie oder einen
Hirn-Tumor haben. Das fMRT reagiert darauf, dass körpereigene Moleküle (in diesem Fall Hämoglobin
im Blut) das Magnetfeld im Gehirn verändern. In unzähligen Aufnahmen werden minimale Veränderungen
registriert (z.B. Durchblutung, Sauerstoffverbrauch etc.) und so verortet, wo im Gehirn der Patientinnen und Patienten
die Denk-Aufgaben oder motorischen Übungen „verarbeitet“ werden.
Neuer Standard für fMRT-Untersuchungen
In fünfjähriger Forschung wurde ein dynamisches Bildkorrekturverfahren entwickelt, das sich als internationaler
Standard für alle fMRT-Studien eignet: für die präoperative Planung, aber auch für Grundlagenforschung
in der Neurowissenschaft. Vor Beginn der funktionellen Messungen wird der Anteil der Maschine an den Signalen genau
bestimmt. Diese Korrekturfaktoren werden nach den Messungen in der Bildberechnung abgezogen. Mithilfe von 7T entsteht
so eine präzise 3D-Landkarte des individuellen Gehirns, in der funktionelle Hirnareale genau mit der Gehirnanatomie
zusammenpassen. Neurologinnen und Neurologen können dann entscheiden, ob eine Operation sinnvoll und möglich
ist, und welche Teile des Gehirns um jeden Preis geschont werden müssen. In einem Folgeprojekt will das Team
die Methode weiterentwickeln, um den bestmöglichen Einsatzort für Sonden zur Tiefhirnstimulation bei
Parkinson-Patientinnen und -patienten zu bestimmen.
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