Der Anschluss im März 1938 und die politischen und gesellschaftlichen Prozesse, die dazu
geführt haben, sind Thema der Sonderausstellung
Eisenstadt (blms) - Am Abend des 26. April wurde die Ausstellung „Schicksalsjahr 1938 - NS-Herrschaft im
Burgenland“ im Landesmuseum Burgenland von Landeshauptmann Hans Niessl und Bundespräsident a.D. Dr. Heinz
Fischer, Regierungsbeauftragter für das Jubiläumsjahr 2018, eröffnet. Es ist eine gemeinsame Ausstellung
des Landesmuseums mit dem Österreichischen Jüdischen Museum. Die Ausstellung erzählt mittels Fotos,
originalen Dokumenten und privaten wie offiziellen Filmaufnahmen die Ereignisse des schicksalhaften Jahres 1938
mit dem Ende des Ständestaates und dem Beginn der Naziherrschaft im Burgenland und somit den Weg des Burgenlandes
in den „Anschluss“.
Die Ausstellung bietet viel Raum für erzählte Geschichte sowie eine virtuelle Rekonstruktion der 14
burgenländischen Synagogen und Bethäuser der Zwischenkriegszeit. Sie ist ein Beitrag des Landes Burgenland
zum österreichischen Gedenkjahr 1938 und soll an eines der dunkelsten Kapitel unserer Geschichte erinnern
und gleichzeitig Mahnung für die Zukunft sein. Ausstellungsorte sind das Landesmuseum Burgenland und das Österreichische
Jüdische Museum Eisenstadt. Ausstellungsdauer: 26. April 2018 – November 2019.
Niessl und Fischer verwiesen darauf, wie wichtig es sei, die Vergangenheit zu kennen und in Erinnerung zu halten,
um die Gegenwart zu verstehen. „Die Gegenwart ist geprägt von der Vergangenheit und diese wiederum von der
Vorvergangenheit. Die Geschehnisse im Jahr 1938 sind nur erklärbar, wenn wir auf die 1. Republik zurückschauen,
und auf die Fehler, die wir dort gemacht haben. Und auch auf die Fehler, die nach Ende des 1. Weltkrieges gemacht
wurden“, so Fischer. Sich mit den Ereignissen im Jahr 1938 auseinanderzusetzen „bedeutet etwas Gutes für unsere
Zukunft zu tun, für unsere Demokratie. Denn für die Demokratie muss man etwas tun, die fällt einem
nicht in den Schoß.“
Der Landeshauptmann erinnerte daran, dass es „bereits in der Nacht auf den 12. März 1938 es zu wilden antisemitischen
Ausschreitungen kommt – Hausdurchsuchungen, Konfiszierungen von Bargeld und Schmuck sowie Verhaftungen waren der
Auftakt zur Vertreibung der Juden, Roma und Sinti aus dem Burgenland.“ Der Großteil der burgenländischen
Juden sei nach Wien geflüchtet. „Ende November 1938 haben an die 1.700 Juden aus dem Burgenland in Wien auf
eine Ausreisemöglichkeit gewartet. Anfang 1939 haben sich nur mehr 12 Juden im Burgenland befunden“, so Niessl.
Auch 80 Jahre nach dem Anschluss „müssen wir uns dem dunkelsten Kapitel unserer Geschichte stellen. Wir haben
die Verantwortung des Erinnerns“, betont Niessl. Die Erinnerungspolitik und Gedenkkultur in Österreich sie
lange Zeit von Verschweigen, Verdrängung und Bagatellisierung geprägt gewesen. Das habe sich sehr geändert.
Im Burgenland wurden Projekte wie „Erinnerungszeichen“ (seit 2010) – dieses Projekt verbindet die Sanierung und
Pflege jüdischer Friedhöfe und die Bewusstseinsbildung bei Jugendlichen, indem mit Schulen kooperiert
wird – der Erinnerungsweg „Jüdisches Leben in Rechnitz“ (2015) oder die Gedenkstätte „Garten der Erinnerung“
in Frauenkirchen (2015) umgesetzt. 2017 folgte die Eröffnung einer Gedenkstätte zur Erinnerung an die
Jüdische Gemeinde Mattersdorf / Mattersburg.
Auch im Gedenkjahr 2018 wird im Burgenland ein breites Spektrum an Initiativen im Sinne von Bewusstseinsbildung
und Gedenkarbeit gesetzt, um alle Bevölkerungsgruppen zu erreichen und einzubinden – ganz besonders die Jugend.
Der 9. November 2018 steht an Schulen des Landes ganz im Zeichen des Jubiläumjahres. Der Tag ist reserviert
für die Präsentation und Umsetzung von Projekten, die von den Schülern erarbeitet wurden.
Niessl: „Wir sind gefordert, die Erinnerung wach zu halten: an eine einst blühende jüdische Kultur im
Burgenland, an die vielen Roma und Sinti im Burgenland und ebenso an das Schicksalsjahr 1938 und auch an das grausame
Ende, an die Verfolgung, Vertreibung, Ermordung. Damit wir nicht Gefahr laufen, dass sich die Geschichte in irgendeiner
Form wiederholt.“ Nationalismus, Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus, Gewaltverherrlichung und Unmenschlichkeit
dürften in unserer Gesellschaft nie wieder einen Platz haben – weder in unserem Land noch in einem gemeinsamen
Europa.
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