Mauthausen (mkoe) - Über 10.000 Menschen, darunter die Überlebenden des ehemaligen Konzentrationslagers,
aus dem In- und Ausland haben am 6. Mai in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen an der Befreiungsfeier teilgenommen.
Der gemeinsame Auszug aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem ehemaligen Konzentrationslager gilt als symbolischer
Akt der Befreiung am 5. Mai 1945, vor 73 Jahren.
In Erinnerung an die Befreiung der Häftlinge aus dem Konzentrationslager Mauthausen am 5. Mai 1945 wurde im
Rahmen der alljährlichen Internationalen Befreiungs- und Gedenkfeier gedacht. Mehr als 10.000 Besucherinnen
und Besucher aus dem In- und Ausland nahmen auch dieses Jahr, am 73. Jahrestag, teil. Veranstaltet wird die Internationale
Gedenk- und Befreiungsfeier seit Jahrzehnten vom Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) in enger Zusammenarbeit
mit der Österreichischen Lagergemeinschaft Mauthausen (ÖLM) und dem Comité International de Mauthausen
(CIM). Im Gedenkjahr 2018 widmen sich die Gedenk- und Befreiungsfeiern dem Thema „Flucht und Heimat“ und der Auslöschung
Österreichs im Jahr 1938. Schon im August 1938 trafen die ersten Häftlinge in Mauthausen ein und es wurde
mit der Errichtung des Konzentrationslagers begonnen. Im Dezember 1938 waren bereits knapp 1.000 Häftlinge
interniert.
Diesjähriges Schwerpunktthema: „Flucht & Heimat“
Zwischen 1933 und 1945 flohen Millionen von Menschen vor den Gräueltaten des nationalsozialistischen Regimes
und seiner Verbündeten. Die nationalsozialistische Terrorherrschaft schuf in den 1930er Jahren neben politischen,
religiösen oder wirtschaftlichen Ursachen ein neues Motiv der Flucht: Rassismus. Bis heute ist die Geschichte
Europas immer wieder von Fluchtbewegungen gekennzeichnet. Kriege im ehemaligen Jugoslawien, im Irak, in Afghanistan
oder in Syrien sowie fundamentalistischer Terror sind Ursachen für Flucht und den Verlust der Heimat.
Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen Komitee Österreich schlägt eine Brücke zur Gegenwart:
„Menschen, die vor 80 Jahren in ein anderes Land flüchten mussten haben alles verloren. Ihre Heimat wurde
zu einem fremden Ort. Auch heute müssen Menschen flüchten. Es liegt an uns, ihnen zumindest ihre Würde
zu erhalten."
Seit 2006 sind die Gedenk- und Befreiungsfeiern jedes Jahr einem speziellen Thema gewidmet, das zur Geschichte
des ehemaligen KZ-Mauthausen bzw. zur NS-Vergangenheit Österreichs in Beziehung steht. Der Gegenwartsbezug
bildet bei jedem Jahresthema einen essentiellen Bestandteil und soll vor allem für junge Menschen die Auseinandersetzung
mit der Zeit und Ideologie des Nationalsozialismus konkreter fassbar machen.
Internationale Beteiligung an der Gedenk- und Befreiungsfeier
Die Gedenkfeier in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen begann mit einem ökumenischen Wortgottesdienst mit
Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer, Pfarrerin Dr. Hannelore Reiner und Erzpriester Ioannis Nikolitsis. Gefolgt
von der Verlesung des Mauthausenschwurs in mehr als 20 verschiedenen Sprachen – ein wichtiger symbolischer Akt
an diesem Ort, wo von 1938 bis 1945 Deutsch die einzig erlaubte Sprache war.
Im Anschluss begrüßte MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi die tausenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer,
insbesondere die KZ-Überlebenden und die zahlreichen Jugendlichen. Im Zuge der gemeinsamen Befreiungsfeier
erfolgten die Kranzniederlegungen unter anderem durch Bundespräsidenten Dr. Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler
Sebastian Kurz, Nationalratspräsidenten Mag. Wolfgang Sobotka, Staatssekretärin Mag. Karoline Edtstadler,
Bundespräsidenten a.D. Dr. Heinz Fischer, IKG-Präsident Deutsch, Altbischof Dr. h.c. Maximilian Aichern
sowie internationalen und nationalen Delegationen und Jugendorganisationen und weitere. Während der Kranzniederlegung
hielten die Vertreterinnen und Vertreter der Opferorganisationen aus Deutschland, Polen, Russland und Ungarn ihre
Gedenkreden in den jeweiligen Landessprachen.
Kurze Videobeiträge von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die aufgrund der Verfolgung des nationalsozialistischen
Terrorregimes aus Österreich fliehen mussten, wurden während der gemeinsamen Feier eingespielt. Auch
dieses Jahr wurde die Internationale Befreiungsfeier von den Schauspielerinnen und Moderatorinnen Mercedes Echerer
und Konstanze Breitebner mehrsprachig begleitet.
Den Höhepunkt des Festakts bildete der gemeinsame Auszug – ähnlich der ersten Befreiungsfeiern der KZ-Überlebenden
– aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Ende der Feierlichkeit. Auch dieses Jahr wurde der Auszug aus Mauthausen
von den KZ-Überlebenden Dušan Stefancic, Yauhen Chrol, Nikolai Kireev, Shaul Spielmann, Andrew Sternberg und
weitere mit Jehuda Gurvich an der Spitze angeführt, begleitet von den Zeitzeugen Anna Hackl und Tommy Frankl,
GIs der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika und Schülerinnen und Schüler der NMS Mauthausen.
Damit wird die Befreiung der KZ-Inhaftierten im Jahr 1945 symbolisiert.
Die Internationale Befreiungsfeier stellt die weitaus größte Gedenk- und Befreiungsfeier weltweit dar.
Auch dieses Jahr wurde ein beeindruckendes Zeichen für ein „Niemals wieder“ gesetzt.
Statements:
Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen
„An Mauthausen zu erinnern bedeutet Trauer und Fassungslosigkeit angesichts eines Symbols für Terror,
Leid und Unmenschlichkeit. Es bedeutet aber auch, ganz entschieden die Verantwortung für die Fundamente unseres
Staates heute zu übernehmen: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Toleranz und Menschenwürde!“
Bundespräsident a. D. Dr. Heinz Fischer
„Die Befreiungsfeier in Mauthausen am 6. Mai hat eine jahrzehntelange und zum Symbol gewordene Tradition. Mauthausen
ist, so wie viele andere ehemalige Konzentrationslager zu einem Erinnerungsort geworden, an dem den Opfern des
Nationalsozialismus, der Menschenverachtung und Menschenvernichtung gedacht wird. Ich bin dankbar, dass diese Tradition
des Gedenkens und Erinnerns jetzt schon seit über zwei Generationen aufrechterhalten wird. Verschiedene alarmierende
Signale und Entwicklungen in Europa zeigen, wie wichtig das ist.“
Nationalratspräsident Mag. Wolfgang Sobotka
„Die Gedenkstätte Mauthausen ist auf ewig ein Ort der Verantwortung. Ein Ort, der uns stets daran erinnern
wird, zu welchen Verbrechen Menschen fähig sind und warum wir unter keinen Umständen zulassen dürfen,
dass nationalsozialistische Denke auch nur im Ansatz geduldet oder unwidersprochen zur Kenntnis genommen wird.“
Über das Mauthausen Komitee Österreich
Die Überlebenden des KZ-Mauthausen übergaben im Jahr 2000 dem Mauthausen Komitee Österreich
offiziell ihr Vermächtnis. Dieses Vermächtnis der KZ-Überlebenden bildet die Grundlage der Aktivitäten
des MKÖ. Neben der Gedenkarbeit für die Opfer der Verbrechen des NS-Regimes, insbesondere jene, die im
KZ-Mauthausen und in den Außenlagern gefangen gehalten wurden, sind Aktivitäten gegen Rechtsextremismus
sowie die engagierte anti-faschistische und anti-rassistische Arbeit vor allem mit jungen Menschen weitere wichtige
Schwerpunkte. In den vergangenen Jahren führte das MKÖ mit mehr als 100.000 Jugendlichen Zivilcourage-Trainings,
Begleitungen durch die KZ-Gedenkstätte Mauthausen sowie an Orten ehemaliger Außenlager, die Vor- und
Nachbereitung der KZ-Gedenkstättenbesuche, Anti-Rassismus-Workshops wie den Workshop "Wir sind alle"
sowie die neuen thematischen Rundgänge "denk mal wien" sowie diverse anlass- und themenbezogene
Jugendprojekte durch.
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