Studie zeigt Wissensstand und Forschungslücken auf
Wien (universität) - Durch Nanopartikel in Düngern und Pflanzenschutzmittel erhofft man sich mehr
Effizienz und höhere Erträge. Doch inwieweit kann die Nanotechnologie diese Hoffnungen erfüllen?
Eine internationale Forschungsgruppe unter der Leitung von Mélanie Kah vom Department für Umweltgeowissenschaften
an der Universität Wien fasst in einer umfassenden Literaturstudie den aktuellen Wissensstand zur Wirkung
von Düngern und Pflanzenschutzmitteln mit Nanopartikeln zusammen. Demnach weisen die bisherigen Laborstudien
auf eine Effizienzsteigerung hin, es fehlen jedoch Studien unter Feldbedingungen. Viele Studien würden zudem
nano-spezifische Qualitätssicherungen bzw. adäquate Kontrollen vermissen lassen. Die aktuelle Studie
erschien im renommierten Fachjournal "Nature Nanotechnology".
Durch Nanopartikel in Düngern und Pflanzenschutzmitteln sollen der effizientere Einsatz der aktiven Wirkstoffe
und höhere Erträge erreicht werden – Befürworter erhoffen sich dadurch auch eine geringere Umweltbelastung.
Doch inwieweit unterscheiden sich Dünger und Pflanzenschutzmittel mit Nanomaterialien und deren konventionelle
Formen tatsächlich in ihrer Wirkung? Eine internationale Forschungsgruppe unter der Leitung von Mélanie
Kah vom Department für Umweltgeowissenschaften an der Universität Wien wertete in einer Meta-Analyse
bereits veröffentlichte Publikationen zu dieser Thematik aus. Die Literaturstudie bietet einerseits einen
Überblick über den aktuellen Wissensstand. Andererseits zeigt sie Wissenslücken auf, legt methodische
Schwierigkeiten dar und stellt Grundlagen für den Vollzug und die Zulassung bereit.
Mehr Forschungsarbeit notwendig
Unter dem Titel "A critical evaluation of nanopesticides and nanofertilizers against their conventional
analogues" veröffentlichte das Forschungsteam seine Arbeit in "Nature Nanotechnology". Die
Auswertung von 78 durchgeführten Studien zeigt, dass gemäß den erhobenen Daten die Wirksamkeit
von Nanoformulierungen im Vergleich zu konventionellen Produkten höher sein kann. Demnach weisen die bisherigen
Laborstudien auf eine Effizienzsteigerung hin, wobei der Medianwert bei 20 bis 30 Prozent liegt. Auch wenn durch
die höhere Effizienz weniger Dünger bzw. Pestizide ausgebracht werden müssten, bedeutet dies jedoch
nicht automatisch auch eine Reduktion der Umweltbelastung, so die StudienautorInnen. Zudem ist oft nicht klar,
wie die beabsichtigte Formulierungseigenschaft mit der Partikelgröße oder -oberfläche einhergeht.
Diese Information wäre sehr wertvoll, um auf einer mechanistischen Ebene zu verstehen, wie Formulierungen
durch Nanomaterialien verbessert werden können.
Zudem wurden die bisherigen Studien in der Mehrzahl im Labor durchgeführt: "Um die Wirkung von Nanopartikeln
einschätzen zu können, bräuchte es nun weitere Studien – insbesondere unter Feldbedingungen",
sagt Studienautorin Mélanie Kah. Aktuell gibt es keine wissenschaftlich fundierte Studie, welche die Effektivität
von Nanoformulierungen und deren Wirkung auf die Umwelt unter Feldbedingungen untersucht hat. Dies stellt eine
entscheidende Wissenslücke dar und verunmöglicht gegenwärtig eine fundierte und generelle Bewertung.
Nanotechnologie – die Erforschung und Konstruktion von kleinsten Partikeln mit Strukturgrößen von bis
zu 100 Nanometern – stößt auf Interesse und gleichzeitig auch auf Skepsis. Weltweit wird geforscht,
um die Auswirkungen von Nanopartikeln auf den Menschen und die Umwelt besser zu verstehen. Die Einsatzmöglichkeiten
von Nanopartikeln sind vielfältig: beispielsweise in der Elektro- und Energietechnik, bei Verbrauchsprodukten
wie Textilien, aber auch in der Medizin, dem Lebensmittelsektor und der Landwirtschaft. National und international
untersuchen Forschende Fragestellungen zur Nanotechnologie und erarbeiten Grundlagen, um die Chancen wie auch die
Risiken abschätzen zu können.
Mélanie Kah konzentriert sich auf die Erforschung des Umweltverhaltens von Nanopestiziden; seit 2015 ist
sie über das Elise-Richter-Programm des FWF am Department für Umweltgeowissenschaften der Universität
Wien tätig. Derzeit forscht sie im Rahmen eines Gastaufenthaltes bei CSIRO (Commonwealth Scientific and Industrial
Research Organisation), der staatlichen Behörde Australiens für wissenschaftliche und industrielle Forschung.
Publikation in "Nature Nanotechnology"
A critical evaluation of nanopesticides and nanofertilizers against their
conventional analogues: Melanie Kah, Rai Singh Kookana, Alexander Gogos & Thomas Daniel Bucheli.
Nature Nanotechnology, 7.5.2018
doi.org/10.1038/s41565-018-0131-1
http://dx.doi.org/10.1038/s41565-018-0131-1
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