Die EU-Kommission schlägt ein modernes Budget vor für eine Union, die schützt,
stärkt und verteidigt
Brüssel/Berlin (ec) - Die Europäische Kommission hat am 2. Mai einen Vorschlag für ein modernes
und langfristiges Budget für den Zeitraum von 2021 bis 2027 vorgelegt. Während von Europa erwartet wird,
für Sicherheit und Stabilität in einer instabilen Welt zu sorgen, hinterlässt gleichzeitig der Brexit
eine beträchtliche Lücke im EU-Haushalt. „Heute ist ein wichtiger Moment für unsere Union. Die neue
Haushaltsplanung bietet die Chance, unsere Zukunft als neue, ambitionierte Union der 27 zu gestalten, in der alle
Mitgliedstaaten in Solidarität miteinander verbunden sind“, sagte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
„Der konjunkturelle Rückenwind verschafft uns zwar eine Atempause, wird uns aber nicht vor Einsparungen in
einigen Bereichen verschonen. Wir werden die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung sicherstellen, indem
wir erstmals einen Mechanismus für Rechtsstaatlichkeit vorschlagen. Das ist gemeint, wenn von verantwortungsvollem
Umgang mit Steuergeldern die Rede ist.“
Der präsentierte Vorschlag wird dieser doppelten Herausforderung gerecht, indem Ausgaben gekürzt und
gleichermaßen neue Mitteln genutzt werden. Die Finanzierung der neuen und wichtigsten Prioritäten der
Union wird fortgesetzt oder aufgestockt, was Kürzungen in anderen Bereichen unausweichlich macht. „Mit dem
heutigen Vorschlag haben wir einen pragmatischen Plan vorgelegt, wie man mit geringeren Mitteln mehr erreichen
kann. Nun sind Parlament und Rat am Zug. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir eine Einigung vor den Wahlen
zum Europäischen Parlament im nächsten Jahr anstreben müssen“, so Juncker weiter.
Der Vorschlag der Kommission bringt die Haushaltsplanung der Union in Einklang mit unseren politischen Prioritäten.
Dies ist im Sinne der positiven Agenda, die von Präsident Jean-Claude Juncker in seiner Rede zur Lage der
Union am 14. September 2016 präsentiert und von den Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten am
16. September 2016 in Bratislava und am 25. März 2017 in der Erklärung von Rom beschlossen wurde. Diese
Haushaltsplanung rückt jene Bereiche in den Fokus, in denen die Union mehr als jeder andere Akteur bewirken
kann. Es ist ein Budget für ein Europa, das schützt, stärkt und verteidigt.
Der für Haushalt und Humanressourcen zuständige Kommissar Günther H. Oettinger erklärte hierzu:
„Bei diesem Budget-Vorschlag geht es um echten europäischen Mehrwert. Wir investieren noch mehr in Bereichen,
in denen ein einzelner Mitgliedstaat allein keine Lösungen finden kann oder in denen ein gemeinsames Handeln
einfach effizienter ist. Beispiele dafür sind Forschung, Migration, Grenzkontrolle oder Verteidigung. Und
wir finanzieren weiterhin Maßnahmen in traditionellen, aber modernisierten Politikbereichen wie der Gemeinsamen
Agrarpolitik und der Kohäsionspolitik. Denn es ist in unser aller Interesse, dass unsere landwirtschaftlichen
Produkte hohen Standards genügen und Regionen wirtschaftlich aufholen.“
1. Ein fokussierter Haushalt: Balance zwischen Ambitionen und Ressourcen
Die Europäische Union mit 27 Mitgliedern hat ihre politischen Prioritäten festgelegt und braucht nun
zu deren Verwirklichung die notwendigen Ressourcen.
Die Kommission schlägt generell eine langfristige Haushaltsplanung vor, in der 1135 Mrd. Euro an Mitteln für
Verpflichtungen (zu Preisen von 2018)[1] im Zeitraum von 2021 bis 2027 veranschlagt werden. Dies entspricht 1,11
Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) der EU-27; Allgemeines Factsheet. Diesen Mitteln für Verpflichtungen
stehen 1105 Mrd. Euro (oder 1,08 Prozent des BNE) an Mitteln für Zahlungen (zu Preisen von 2018) gegenüber
[2]. Das beinhaltet die Einbeziehung des Europäischen Entwicklungsfonds (EDF) in den EU-Haushalt. Der EDF
– bislang ein zwischenstaatliches Abkommen – ist das wichtigste Instrument der EU zur Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit
mit Ländern in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean. Von der Größenordnung her
ist das vergleichbar mit der derzeitigen Haushaltsplanung für den Zeitraum 2014-2020 (inklusive des Europäischen
Entwicklungsfonds).
Zur Finanzierung neuer und dringender Prioritäten muss die gegenwärtige Mittelausstattung aufgestockt
werden. Investitionen, die jetzt in Bereiche wie Forschung und Innovation, junge Menschen und digitale Wirtschaft,
Grenzmanagement, Sicherheit und Verteidigung fließen, werden zu Wohlstand, Nachhaltigkeit und Sicherheit
in der Zukunft beitragen. So werden beispielsweise die Mittel für Erasmus+ und das Europäische Solidaritätskorps
verdoppelt.
Zugleich hat die Kommission kritisch geprüft, in welchen Bereichen Einsparungspotenzial besteht und Effizienzgewinne
möglich sind. Die Kommission schlägt vor, die Finanzmittel für die Gemeinsame Agrarpolitik und die
Kohäsionspolitik moderat um jeweils ca. 5 Prozent zu kürzen, um den neuen Gegebenheiten in einer Union
mit 27 Mitgliedern Rechnung zu tragen. In diesen Politikfeldern wird es Modernisierungen geben, damit sich mit
geringerem Ressourceneinsatz immer noch gute Ergebnisse erzielen und sogar neue Prioritäten verwirklichen
lassen. Die Kohäsionspolitik wird z. B. eine immer wichtigere Rolle bei der Förderung von Strukturreformen
und der langfristigen Integration von Migranten spielen.
All das wird dazu führen, dass die Haushaltsplanung neu ausgerichtet wird und der Schwerpunkt zunehmend auf
Bereichen liegt, in denen mit dem EU-Haushalt am meisten bewegt werden kann.
2. Ein moderner, einfacher und flexibler Haushalt
Im Vergleich zur europäischen Volkswirtschaft und zu den nationalen Haushalten nimmt sich der EU-Haushalt
bescheiden aus. Und doch lässt sich damit viel Positives für die Menschen und die Unternehmen in der
EU bewirken. Voraussetzung dafür ist, dass die Gelder der Union in Bereichen investiert werden, in denen sie
eine größere Wirkung entfalten als die öffentlichen Ausgaben auf nationaler Ebene, also genau dort,
wo sie einen echten europäischen Mehrwert bringen können. Beispiele hierfür sind innovative Forschungsvorhaben,
an denen die besten Köpfe aus ganz Europa beteiligt sind, oder etwa die Ausstattung der Union mit Mitteln
für die Verteidigung und den Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger. Darauf können wir heute in
einer sich rasch wandelnden Welt nicht verzichten, in der Europa vor demografischen Herausforderungen steht, in
den benachbarten Ländern Instabilität herrscht und viele andere dringliche Probleme an den Staatsgrenzen
nicht haltmachen.
Die Kommission schlägt daher einen modernen, einfachen und flexiblen Haushalt vor.
Modern: Eine neue Union mit 27 Mitgliedern braucht eine neue und moderne Haushaltsplanung, die beweist, dass Europa
aus der Vergangenheit gelernt hat. Das bedeutet einen weiteren Abbau von Bürokratie für die Begünstigten
und die Verwaltungsbehörden. Hierfür sollen die Vorschriften auf der Grundlage eines einheitlichen Regelwerks
kohärenter gestaltet werden. Somit wird es leichter, Ergebnisse zu überwachen und zu messen und bei Bedarf
Änderungen vorzunehmen.
Einfach: Die Struktur des Haushaltsplans wird klarer und stärker an den Prioritäten der Union
ausgerichtet sein. Die Mittel sind gegenwärtig auf zu viele Programme und Instrumente, sowohl innerhalb als
auch außerhalb des Haushalts, verteilt. Die Kommission schlägt daher vor, die Anzahl der Programme um
mehr als ein Drittel (von derzeit 58 auf künftig 37) zu reduzieren. Beispielsweise ist vorgesehen, stark fragmentierte
Finanzierungsquellen in neu integrierten Programmen zusammenzufassen und die Nutzung von Finanzierungsinstrumenten
– auch mithilfe des Fonds „InvestEU“ – stark zu straffen.
Flexibel: Herausforderungen in jüngster Vergangenheit – vor allem die Migrations- und Flüchtlingskrise
im Jahr 2015 – haben gezeigt, dass die gegenwärtige EU-Haushaltsplanung für ein rasches und effizientes
Eingreifen unflexibel ist. Der Vorschlag der Kommission sieht daher mehr Flexibilität innerhalb der Programme
und zwischen den Programmen vor. Zudem ist geplant, die Instrumente zur Krisenbewältigung auszubauen und eine
neue „Unionsreserve“ einzuführen, um auf unvorhergesehene Ereignisse und Notfälle, etwa in den Bereichen
Sicherheit und Migration, reagieren zu können.
3. Der EU-Haushalt und die Rechtsstaatlichkeit: Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung
Eine sehr wichtige Neuerung der vorgeschlagenen Haushaltsplanung besteht darin, dass Finanzierungen durch die EU
stärker an die Rechtsstaatlichkeit gekoppelt sein werden. Die Achtung der Rechtsstaatlichkeit ist eine Grundvoraussetzung
für die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung und eine wirksame EU-Finanzierung. Die Kommission möchte
daher einen neuen MechanismusDiesen Link in einer anderen Sprache aufrufenEN••• einführen. Er soll den EU-Haushalt
vor finanziellen Risiken schützen, die auf generelle Rechtsstaatlichkeitsdefizite in den Mitgliedstaaten zurückgehen.
Mit den neuen Instrumenten könnte die Union den Zugang zu EU-Mitteln in einer Weise aussetzen, verringern
oder beschränken, die proportional zur Art, zur Schwere und zum Umfang der Rechtsstaatlichkeitsdefizite wäre.
Eine derartige Entscheidung würde vom Rat auf Vorschlag der Kommission im sogenannten Verfahren der umgekehrten
qualifizierten Mehrheit getroffen.[3]
4. Ein EU-Haushalt für eine starke und stabile Wirtschafts- und Währungsunion
Ein stabiler Euroraum ist die Grundvoraussetzung für Beschäftigung, Wachstum, Investitionen und soziale
Fairness in der gesamten Union. Im Dezember 2017 hat die Kommission in ihrem Fahrplan zur Vertiefung der europäischen
Wirtschafts- und Währungsunion dargelegt, wie innerhalb des Rahmens für die öffentlichen Finanzen
der EU neue Haushaltsinstrumente entwickelt werden könnten, um die Stabilität des Euroraums und die Konvergenz
in Richtung Euroraum zu unterstützen. Im neuen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) werden zwei neue Instrumente
vorgeschlagen:
- Ein neues, mit insgesamt 25 Mrd. Euro dotiertes Reformhilfeprogramm
wird alle Mitgliedstaaten finanziell und technisch unterstützen, die – insbesondere im Kontext des sogenannten
Europäischen Semesters – prioritäre Reformen anstreben. Darüber hinaus werden Mitgliedstaaten, die
dem Euroraum nicht angehören, den Euro aber einführen wollen, bei ihren Bemühungen durch eine Konvergenzfazilität
gezielt unterstützt.
- Eine Europäische Investitionsstabilisierungsfunktion
wird dazu beitragen, das Investitionsniveau bei schweren asymmetrischen Schocks zu halten. Anfangs werden Back-to-Back-Darlehen
von bis zu 30 Mrd. Euro aus dem EU-Haushalt vergeben, die mit einer finanziellen Unterstützung für die
Mitgliedstaaten zur Deckung der Zinskosten kombiniert sind. Diese Darlehen bieten zusätzliche Unterstützung
in Zeiten, in denen die Lage der öffentlichen Finanzen angespannt ist und prioritäre Investitionen unverzichtbar
bleiben.
5. Moderne Finanzierungsquellen für den EU-Haushalt
Neue Prioritäten erfordern neue Investitionen. Diese sollen – nach dem Vorschlag der Kommission – durch eine
Kombination aus frischem Geld (ca. 80 Prozent) sowie aus Umschichtungen und Einsparungen (ca. 20 Prozent) finanziert
werden.
Die Kommission schlägt auf der Grundlage der Empfehlungen der Hochrangigen Gruppe „Künftige Finanzierung
der EU“ vor, das gesamte bestehende Eigenmittelsystem zu modernisieren und zu vereinfachen sowie die Einnahmequellen
des Haushalts zu diversifizieren.
Neue Finanzierungsquellen für die langfristige Haushaltsplanung
Die Kommission schlägt Vereinfachungen bei den auf der Mehrwertsteuer (MwSt) basierenden Eigenmitteln und
die Einführung eines sogenannten Korbs neuer Eigenmittel vor, der mit an unsere politischen Prioritäten
gekoppelt ist.
Dieser Korb neuer Eigenmittel besteht aus folgenden Elementen:
- 20 Prozent der Einnahmen aus dem Emissionshandelssystem;
- einem Abrufsatz von 3 Prozent, angewendet auf die neue gemeinsame
konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (die mit der Verabschiedung der erforderlichen Rechtsvorschriften
Schritt für Schritt eingeführt werden soll);
- einem nationalen Beitrag (0,80 Euro/Kilo), der anhand der
in jedem Mitgliedstaat anfallenden nicht wiederverwerteten Verpackungsabfälle aus Kunststoff berechnet wird.
Diese neuen Eigenmittel werden etwa 12 Prozent des gesamten EU-Haushalts ausmachen und könnten bis zu 22 Mrd.
Euro jährlich zur Finanzierung neuer Prioritäten beitragen.
Rabatte
- Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU
bietet die Gelegenheit, das komplizierte Rabattsystem – es gibt sogar „Rabatte auf den Rabatt“ – anzugehen. Nach
dem Vorschlag der Kommission sollen alle Rabatte wegfallen. Zudem soll der Anteil, der von den Mitgliedstaaten
einbehalten wird, wenn sie Zölle (eine Kategorie der sogenannten Eigenmittel) für den EU-Haushalt einheben,
von 20 auf 10 Prozent gesenkt werden. Beide Maßnahmen sorgen dafür, dass der EU-Haushalt einfacher und
gerechter wird.
- Zur Vermeidung plötzlicher und drastischer Erhöhungen
der Beiträge für einige Mitgliedstaaten regt die Kommission an, die bestehenden Rabatte während
eines Zeitraums von fünf Jahren auslaufen zu lassen.
Wie geht es weiter?
Die Kommission wird auf der Grundlage der nun präsentierten Vorschläge in den kommenden Wochen ausführliche
Vorschläge für die geplanten sektorspezifischen Vorschläge vorlegen.
Dann liegt die Entscheidung über die langfristige EU-Haushaltsplanung beim Rat, der mit der Zustimmung des
Europäischen Parlaments einen einstimmigen Beschluss fasst. Es kommt auf das richtige Timing an. Über
die derzeit geltende langfristige Haushaltsplanung wurde zu lange verhandelt. Infolgedessen wurden zentrale Finanzierungsprogramme
mit Verzögerungen auf den Weg gebracht. Projekte mit einem echten Potenzial zur Beschleunigung der wirtschaftlichen
Erholung wurden verschoben.
Die Verhandlungen sollten daher höchste Priorität erhalten. Eine Einigung sollte noch vor den Wahlen
zum Europäischen Parlament und dem Gipfeltreffen in Sibiu am 9. Mai 2019 erzielt werden. Die Kommission wird
alles in ihrer Macht Stehende tun, damit rasch eine Einigung zustande kommt.
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