Wien (rk) - Das Jüdische Museum Wien, ein Museum der Wien Holding, konnte mit Hilfe des amerikanischen
Freundesvereins des Jüdischen Museum Wien einen der letzten architektonischen Entwürfe Simon Wiesenthals
aus dem Jahr 1945 für seine Sammlungen erwerben. Das Konvolut besteht aus 60 detailreichen Plänen und
Zeichnungen für ein nie erbautes Café, das Simon Wiesenthal für einen Mithäftling im KZ Mauthausen
entwarf. Es ist ein einzigartiges und signifikantes Zeugnis des Überlebens im mörderischen System des
Nationalsozialismus.
Die Zeichnungen sind um die Zeit der Befreiung Mauthausens entstanden
Direktorin Danielle Spera betont: „Diese bemerkenswerte Entdeckung möchten wir im Gedenken an die Befreiung
Mauthausens bekanntgeben.“ Die Nachforschungen des Teams des Jüdischen Museum Wiens haben ergeben, dass die
finalen Entwurfszeichnungen in den Wochen nach der Befreiung Mauthausens entstanden sind. Obwohl Simon Wiesenthal
in seinen Memoiren die Entstehung dieser Architekturentwürfe in die Zeit seiner Inhaftierung im Konzentrationslager
Mauthausen datiert, sind die Zeichnungen, die nun in die Sammlungen des Jüdischen Museums Wien eingegliedert
werden, eindeutig finale Präsentationsunterlagen, die einem Auftraggeber direkt übergeben hätten
werden können. Das die Entwürfe in den Wochen oder Monaten nach der Befreiung Mauthausens entstanden
sind, lässt sich auch durch die Ebenheit der Arbeiten und dem Fehlen von Flecken, Schmutz oder Rissen des
Papiers untermauern.
„Es half mir zu vergessen wo ich war“
Simon Wiesenthal ist bis heute als jene Person bekannt, die Adolf Eichmann ausfindig gemacht und sein Leben
der Gerechtigkeit für die Opfer der Shoah gewidmet hat. Vor der Besetzung Polens und seiner Verfolgung durch
die Nationalsozialisten arbeitete Wiesenthal als Architekt. Während seiner Inhaftierung im KZ Mauthausen lernte
er den Polen Eduard Staniszewski kennen, einen Kaffeehändler. Dieser wollte nach Kriegsende ein Kaffeehaus
in der Stadt Posen eröffnen und bat Simon Wiesenthal das „Café As“ zu entwerfen. Wiesenthal fertigte
erste Skizzen für das Café und sogar Entwürfe für die Kleidung der Kellner an. Wiesenthal
arbeitete nach der Befreiung des Konzentrationslagers von Mai bis Juli 1945 an den Zeichnungen, die er nach Skizzen
aus Mauthausen anfertigte. Zur Errichtung des „Café As“ kam es jedoch nie.
„Er brachte mir Papier und Bleistifte; dann fing ich an, zu zeichnen. Das half mir meine Umgebung zu vergessen,
so dass ich nicht mehr an alle die Toten und Sterbenden um mich her denken musste. Ich stellte genaue Zeichnungen
für das Café her und entwarf sogar die Kostüme für die Kellnerinnen. Während ich auf
meiner Pritsche lag, zeichnete ich so viele Pläne, dass alle zusammen ein richtiges Buch ergaben. Staniszewski
freute sich und brachte mir mehr Brot. Wir unterhielten uns stundenlang über die Farben der Teppiche und die
Form der Tische. Er nahm die Pläne mit heim. Vor einigen Jahren traf ich ihn, da erzählte er mir, er
bewahre sie noch immer auf. Leider konnte er sein Vorhaben nie verwirklichen. Aus dem Café ist nichts geworden“,
schreibt Wiesenthal in seiner Biographie (Doch die Mörder leben, 1967, Seite 57)
Ausstellung der Zeichnungen für 2019 geplant
Das Jüdische Museum wird Simon Wiesenthals Zeichnungen für das „Cafè As“ in einer Ausstellung
im Jüdischen Museum Wien ab Frühjahr 2019 präsentieren. Kuratorin Astrid Peterle zeichnet dabei
die Entstehung dieses einzigartigen Dokuments des Überlebens nach und bettet es in seinen historischen Kontext
sowie Simon Wiesenthals Lebenswerk.
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