KlientInnen der Schuldenberatung mit geringem Einkommen, oft ohne Job und mit wenig Bildung.
Sie profitieren vom neuen Privatkonkurs, der ein Leben ohne Armut ermöglicht.
Wien (schuldnerberatung) - 60.000 Menschen haben im Vorjahr Unterstützung von einer staatlich anerkannten
Schuldenberatung erhalten. Ein genauer Blick auf die Klientel macht deutlich, wie wichtig die Privatkonkursreform
für große Gruppen von Betroffenen war: Menschen mit sehr niedrigem Einkommen oder mit sehr hohen Schulden.
"Deshalb sind die seit Jahresbeginn stark steigenden Konkurszahlen für uns eine Erfolgsmeldung, denn
sie zeigen, dass viele Menschen nun eine Entschuldung angehen können, die bisher vom Privatkonkurs ausgeschlossen
waren", sagt Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen GmbH, Dachorganisation
der staatlich anerkannten Schuldenberatungen.
Klientel der Schuldenberatungen
Ein Viertel der Menschen, die 2017 bei der Schuldenberatung waren, hatte weniger Einkommen als das Existenzminimum
zur Verfügung, bei jungen KlientInnen bis 30 Jahre war es sogar ein Drittel. Für eine alleinstehende
Person lag das Existenzminimum im Vorjahr bei 889 Euro. Bis zu diesem Betrag wird bei einer Lohnexekution gepfändet
und alles bis dahin wird beim Privatkonkurs zur Rückzahlung der Schulden verwendet. Die Durchschnittsverschuldung
der KlientInnen lag bei 4.000 Euro, ehemals Selbstständige hatten durchschnittlich sogar 118.000 Euro Schulden.
38 % der KlientInnen waren arbeitslos und Arbeitslosigkeit bzw. Einkommensverminderung war der mit Abstand häufigste
Überschuldungsgrund (bei 32 % der KlientInnen). 42 % der KlientInnen hatten nur einen Pflichtschulabschluss,
bei jungen KlientInnen bis 30 Jahre sogar die Hälfte.
Armutsbekämpfung durch verbesserten Privatkonkurs
"Kaum Geld für die Rückzahlung der Schulden, Schuldgefühle, gesundheitliche Probleme, keine
Arbeit, kaum Bildung und damit schlechte Karten für den Arbeitsmarkt – diese Menschen hatten bisher keine
Chance, die Mindestquote im Privatkonkurs zu schaffen“, sagt Clemens Mitterlehner. Seit der Reform dürfen
auch sie hoffen und neu durchstarten. „Das erhöht die Zukunftschancen für ganze Familien und ist eine
lupenreine Maßnahme zur Armutsbekämpfung", so Mitterlehner. Am 1. November 2017 trat der reformierte
Privatkonkurs in Kraft. Die Mindestquote von 10 % wurde abgeschafft und das Verfahren in der letzten Stufe (Abschöpfungsverfahren)
von sieben auf fünf Jahre verkürzt.
Ein Privatkonkurs bedeutet mindestens fünf Jahre lang Leben am Existenzminimum – und das lag auch 2017 mit
889 Euro für Alleinstehende deutlich unter der Armutsgefährdungs- schwelle von 1.238 Euro. Oft gelesene
Schlagzeilen wie „Gratis-Konkurs“ wecken also völlig falsche Vorstellungen. "Die Menschen leben jahrelang,
gerichtlich verordnet, in Armut. Das nehmen sie auf sich, um endlich schuldenfrei zu werden“, sagt Martin Schenk,
Sozialexperte der Armutskonferenz. „Der nächste und überfällige Schritt zur Armutsbekämpfung
wäre, das Existenzminimum zumindest auf die Höhe der Armutsgefährdungsschwelle anzuheben.“
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